Preise für Wohnungsbau in Lünen steigen „Kann man gerade eigentlich nicht rechtfertigen“

Preise für Wohnungsbau: Wirtschaftlichkeit auf dem Prüfstand
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Die Ankündigung von Deutschlands größtem Immobilienkonzern sorgte für Wirbel: Das Unternehmen Vonovia teilte im Januar mit, wegen der aktuellen Lage alle für dieses Jahr geplanten Neubauprojekte zu stoppen. Wie stellt sich die Situation in Lünen dar? Die aktuell ungünstige Lage im Bereich Bauen verschont auch nicht die örtlichen Wohnungsbauer. „Das trifft uns genauso wie alle anderen in der Branche“, berichtet Jan Hische von der Wohnungsbaugenossenschaft Lünen (WBG). Das Problem der steigenden Baukosten gebe es zwar schon seit mehreren Jahren. „Das letzte Jahr war aber extrem“, so der Geschäftsführer.

Die WBG-Baustellen an der Bebelstraße und in Niederaden werden dennoch normal weitergeführt. „Die Kräne drehen sich weiter“, versichert Hische. Während die WBG nach dem Abriss in die Jahre gekommener Häuser an der Bebelstraße insgesamt 44 Wohneinheiten in vier Häusern neu baut, entstehen in Niederaden im Baugebiet „In der Heide“ ein Mehrfamilienhaus mit neun Wohneinheiten sowie fünf Reihenhäuser.

Bei den Projekten, die sich noch in Planung befinden, sollen die Prozesse vorerst auch weiterlaufen. Allerdings müsse laut Hische bei jedem Projekt genau hingeschaut und überlegt werden, wann die Baumaßnahmen tatsächlich gestartet werden können. Einen Baubeginn könne man gerade eigentlich nicht rechtfertigen, gibt der WBG-Geschäftsführer zu.

Fördermöglichkeiten noch nutzen

Verantwortlich dafür seien auch die geänderten Bedingungen bei Fördermitteln und die aktuelle Zinssituation. Zwar bestehe Aussicht auf Ersatz für ausgelaufene Förderprojekte, aber: „Die Vermutung liegt nahe, dass die Fördersätze nicht ausreichen, um die Kosten auszugleichen.“ Trotz der aktuellen Situation in der Branche plane die WBG weiterhin damit, neben der Sanierung des Bestands auch neue Wohnungen in Lünen zu bauen.

Auch beim Bauverein zu Lünen macht man sich Gedanken darüber, wie die Projekte weitergeführt werden können. „Wir müssen die Wirtschaftlichkeit im Blick haben, das ist klar“, teilt Vorstandsvorsitzender Andreas Zaremba mit – und ergänzt: „Was wir projektiert haben, wollen wir möglichst auch umsetzen.“ Insbesondere bei der energetischen Sanierung der Bestandsobjekte will der Bauverein die Fördermöglichkeiten noch nutzen, ehe sie auslaufen.

Keine „Phantasiemieten“

Zur Ex-Mercedes-Fläche, wo unter anderem 60 Wohnungen entstehen sollen, sagt Zaremba: „Da müssen wir nochmal die Kostenbrille aufsetzen.“ Aktuell rechne er aber noch mit einem Baubeginn im zweiten Quartal. Im Moment seien die Projekte noch zu stemmen, ab dem Sommer rechnet Zaremba dann mit einer entspannteren Marktlage.

Im Gegensatz zu Aktienkonzernen wie Vonovia kann der Bauverein anders handeln: „Wir haben keine Vorgaben, bestimmte Gewinne zu erwirtschaften und können wieder in den Bestand investieren.“ Gewinne fallen wegen der höheren Kosten aktuell aber eher geringer aus. An den kalkulierten Mietpreisen für Neubauten dürfte sich dennoch nicht viel ändern. „Die Mieten müssen am Markt auch erzielbar sein“, merkt Zaremba an. Hohe „Phantasiemieten“ könne und wolle der Bauverein nicht aufrufen.

Zeitnahe Vermarktung

Das Essener Wohnungsunternehmen Vivawest baut ebenfalls in Lünen. In der Virchowstraße entstehen insgesamt 18 Einfamilienhäuser, die zur Miete angeboten werden. „Die Fertigstellung ist derzeit für Herbst 2023 geplant, die Vermarktung wird hier entsprechend zeitnah starten“, kündigt Unternehmenssprecher Jens Rospek an. Und weiter: „Die Entwicklungen in der Bau- und Wohnungsbranche während der letzten Monate haben die ursprüngliche Mietkalkulation nicht beeinflusst.“

Weitere konkrete Neubauvorhaben plant Vivawest in Lünen aktuell nicht. Trotz schwieriger wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen wolle das Unternehmen jedoch an seinem nachhaltigen Geschäftsmodell festhalten und grundsätzlich weiter in energetische Modernisierungen und den Neubau von Wohnungen investieren.