Schon mal auf einem Piratenschiff zu Abend gegenssen? Bei Carlos in Lünen ist das möglich. Wir wollten für unseren Restaurant-Check wissen, ob die Qualität des Essens zum Ambiente passt.

Lünen

, 09.03.2019, 14:15 Uhr / Lesedauer: 4 min

Als ich das portugiesische Restaurant „Carlos“ betrete, fühle ich mich unweigerlich an mein Kinderzimmer erinnert: Auch dort dominierte zumindest eine Zeit lang ein Piratenschiff die Szenerie. Es war allerdings deutlich kleiner und mit Spielfiguren. Das Schiff im „Carlos“ ist zwar auch nicht echt, aber deutlich größer. Und die Besatzung besteht aus richtigen Menschen. Wobei die weniger auf Kaperfahrt gehen, sondern eher entspannt an Tischen sitzen und essen.

Aber genau deswegen sind wir ja hier. Wir, das sind in diesem Fall ich selbst und die schönste Frau der Welt, die ich nach gefühlt einer Ewigkeit endlich mal wieder ausführen kann, ohne dass wir beide permanent darauf achten müssen, dass keines unserer wundervollen Kinder die Einrichtung zerlegt.

Die Atmosphäre

So schön das Schiff ist, es drückt so ziemlich alles und jeden, der sich nicht im Raum befindet, an die Wand. Erst am Bug, der sich über die Theke erstreckt, bekommt man etwas mehr Luft. Von hier weist uns der Kellner per Handzeichen darauf hin, dass wir uns einfach einen freien Tisch suchen sollen. Auf dem Schiff finden wir den nicht, dafür aber an der Seite, in Höhe des Bugs und direkt am großen Fenster.

Hier ist die Lautstärke angenehm und wir haben viel Platz. Außerdem kann ich die Aussicht auf das Piratenschiff genießen. Dessen Holzton findet sich eigentlich überall wieder, an der Wand, an den Türen, auf dem Boden. Ist ok, aber in Kombination mit dunkler Decke und dunklen Pfeilern wirkt dann doch alles ein wenig düster. Aber gut, für einen Piratenunterschlupf ist das äußerst passend.

Die Speisekarte

Es gibt zwar Salate - aber ob Vegetarier bei Carlos wirklich glücklich werden, wage ich zu bezweifeln. Zu dominant sind Fleisch und Fisch, was für uns beide aber kein Problem darstellt. Und es gäbe ja auch die Möglichkeit, aus den diversen Tapas fleischfreie Varianten zu bestellen. Verhungern muss hier also keiner. Die Karte wird ergänzt durch eine Liste mit Desserts, auch viele Weine stehen zur Wahl. Ansonsten sind die Getränke Standard.

Die Vorspeisen

Dieser Punkt gestaltet sich schwierig. Dabei hätte uns das eigentlich klar sein müssen, denn die portugiesische Küche unterscheidet sich nicht wirklich von der spanischen, so dass Tapas auch hier eine große Rolle spielen. 34 Vorspeisen stehen also zur Auswahl, angefangen von Klassikern wie Datteln im Speckmantel und Oliven über eingelegte Sardellen und gegrillte Maiskolben bis hin zu Stockfisch-Kroketten und Krabbentaschen. Um uns die Qual der Wahl zu ersparen und vor allem nicht Gefahr zu laufen, schon vor der Hauptspeise satt zu sein, fällt die Wahl auf einen gemischten Vorspeisenteller (14,90 Euro). Soll der Koch mal zeigen, was seiner Meinung nach gut ist.

Der gemischte Vorspeisenteller mit großem Panade-Anteil.

Der gemischte Vorspeisenteller mit großem Panade-Anteil. © Claeßen

Offensichtlich steht der Küchenmeister an diesem Abend auf die Fritteuse, denn die Hälfte des Angebots ist von einer knusprigen Panade umgeben: Krabben, Kroketten, Käse und Schinken. Außerdem gibt es gegrillte Paprika, Datteln, grüne und schwarze Oliven sowie eine Thunfischtasche. Alles solide und lecker, vom Hocker haut uns diese Auswahl allerdings nicht wirklich. Entsprechend groß ist die Vorfreude auf die Hauptspeise.

Die Hauptspeisen

Hier können wir aus 13 Fleisch- und 12 Fischgerichten wählen. Die schönste Frau der Welt entscheidet sich für den gegrillten Lachs-Gemüse-Spieß (11 Euro), ich suche mir den gemischten Fleischspieß mit Schwein, Pute und Chorizo-Wurst (9,50 Uhr) aus. Die Beilagen müssen separat geordert werden, zum Fisch gibt es also Salzkartoffeln mit Rosmarin (3,50 Euro), der Fleischspieß wird begleitet von hausgemachten Kartoffelecken (3,50 Euro).

Standesgemäß am Haken: Der Fleischspieß

Standesgemäß am Haken: Der Fleischspieß © Claeßen

Der Spieß kommt standesgemäß mit Ständer und Tropfschale. Das Fleisch ist zart gegrillt und lässt sich gut ablösen. Manche Stücke waren dann allerdings doch zu lange auf der Flamme, was beim Gesamtgeschmack jedoch nicht zu schwer ins Gewicht fällt. Die Schärfe ist sehr angenehm, und obwohl eine „echte“ Soße fehlt, ist das Fleisch nicht zu trocken - anders als die Kartoffelecken, zu denen ich besser einen Dip bestellt hätte. Beim nächsten Besuch bin ich schlauer.

Knusprig, aber ohne Dip: Die Kartoffelecken nach Art des Hauses.

Knusprig, aber ohne Dip: Die Kartoffelecken nach Art des Hauses. © Claeßen

Der Frau meiner Träume bemängelt bei ihrem ansonsten ebenfalls gut gegrillten Spieß an manchen Stellen einen leicht säuerlichen Geschmack. Auch der schmälert nicht den Gesamteindruck: Der Fisch zergeht gut im Mund, das Gemüse ist knackig, die Kartoffeln passend gewürzt.

Der Fischspieß mit gegrilltem Gemüse.

Der Fischspieß mit gegrilltem Gemüse. © Claeßen

Wobei wir im Nachhinein feststellen, dass die Beilagen nicht zwingend nötig gewesen wären. Zum einen war die Vorspeise bereits reichlich, zum anderen die Hauptgänge allein schon sehr mächtig. Und so der Renner waren die Kartoffelvariationen jetzt auch nicht - wir ärgern uns ein wenig, dass nun kein Platz mehr für Desserts ist.

Angenehm gewürzt: Salzkartoffeln mit Rosmarin.

Angenehm gewürzt: Salzkartoffeln mit Rosmarin. © Claeßen

Das Dessert

Dabei hätten wir die Karamellcreme oder das Erdbeer-Tirsamisu gerne probiert. Doch das müssen wir aufs nächste Mal verschieben. Passt ja auch ganz gut, es ist Aschermittwoch, der Beginn der Fastenzeit - Süßigkeiten sind für die kommenden sechs Wochen gestrichen.

Die Getränke

Ein großes Bier (halber Liter für 4,50 Euro) und ein mittleres Rader (0,3 Liter für 3 Euro) reichen uns für den Abend. Weine und Spirituosen wären wie üblich teurer gewesen, die Softdrinks liegen im normalen Preissegment.

Der Service

Das Essen kam zügig, auf Wünsche wurde prompt reagiert. So hatten wir nach der Vorspeise Garnelenschwänze und Olivenkerne auf den Tellern liegen - abgeräumt wurden diese erst nach dem Hinweis, ob wir nicht neue Teller bekommen könnten. Dafür aber umgehend. Auch sonst war das Personal aufmerksam und freundlich.

Die Preise

Wer nur auf Tapas aus ist, muss zwischen 3 und 6 Euro pro Variante rechnen - fast schon günstig, wenn man die Preise mit anderen Tapas-Restaurants vergleicht. Die Hauptspeisen rangieren zwischen 10 und 23 Euro, hinzu kommen noch mal Beilagen, die im Mittel bei 3,50 Euro liegen. Im Großen und Ganzen sind die Preise moderat bis günstig - wir haben für zwei Personen insgesamt 53,40 Euro bezahlt.

Kinderfreundlichkeit

Es gibt den Piratenteller - ansonsten eignen sich zum Beispiel die Beilagen hervorragend als Kinderportionen. Auch Tapas könnten hier beim Nachwuchs eine Rolle spielen.

Barrierefreiheit

Wer aufs Schiff will, muss Stufen erklimmen. Ansonsten ist das komplette Restaurant ebenerdig und barrierefrei.

Erreichbarkeit

Das Carlos liegt ein bisschen versteckt im Erdgeschoss eines Bürogebäudes an der Merschstraße. Parkplätze gibt es genug - die sind allerdings allesamt kostenpflichtig, da sie entweder zum gegenüberliegenden Supermarkt gehören, oder zum Parkhaus des Ärztezentrums Mersch gehören. Fußläufig ist das Restaurant zum Beispiel über den Uferweg der Lippe gut zu erreichen. Dort befindet sich im Sommer auch ein Biergarten.

Fazit

Abgesehen davon, dass es nach langer Zeit mal wieder ein Abend zu zweit war, waren wir beide mit den Ausflug ins portugiesische Piratennest zufrieden. Wobei auch klar ist, dass es sich hier nicht um Essen gehobener Klasse handelt. Das Angebot ist grundsolide, aber auch keine kulinarische Offenbarung.

Was das Netz sagt

4,2 von 5 Sternen bei Google. Vor allem das freundliche Personal und das Ambiente sind bei den Kommentatoren beliebt. Allesamt Einschätzungen, die wir nachvollziehen können.

Alle Infos

Carlos in Lünen, Merschstraße 22, Tel. (02306) 9593222, Internet: www.carlos-luenen.de. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 17 bis 23 Uhr.

Wir gehen ohne Vorankündigung in die jeweiligen Restaurants, als ganz normale Gäste. Wir sind keine Gastro-Experten, sondern einfache Menschen, die gerne an schönen Orten essen. Wir beschreiben die Läden so, wie wir über sie auch mit Freunden und Bekannten sprechen würden. Mit ihren Schwächen, mit ihren Stärken. Ehrlich. Nachdem wir die Rechnung beglichen haben, offenbaren wir uns und vereinbaren einen Fototermin für die Gaststätten-Aufnahmen.