Politik in Lünen 2024 Haushaltskollaps und Kommunalwahlen voraus

Politik in Lünen 2024: Haushaltskollaps und Kommunalwahlen voraus
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Das politische Jahr 2024 hielt die Stadt Lünen besonders im zweiten Halbjahr in Atem. Ende August musste Kämmerer Dr. André Jethon eine Haushaltssperre verhängen. Es sei die schwerste Entscheidung gewesen, die er bisher als Verantwortlicher in der Lüner Stadtverwaltung hätte treffen müssen. Der Haushalt 2025 sei zudem wahrscheinlich der letzte Finanzplan, der ohne Abrutschen in die Haushaltssicherung aufgestellt werde.

Besserung ist zudem nicht in Sicht. Die Aussichten bis 2028 sind düster, Spielraum für eigene Projekte der Stadt bleibt kaum. Jethon nahm in der letzten Ratssitzung Bund und Land in die Pflicht, den Kommunen endlich unter die Arme zu greifen.

Die Verwaltung plant dagegen, die miserable Haushaltslage mit dem Verkauf von Bauland und Gewerbeflächen zu verbessern. Doch zumindest bei der ehemaligen Steag-Fläche ist es eher eine Hoffnung als ein Plan – mit immer neuen, kleinteiligen Vorgaben verzögern alle Fraktionen im Stadtrat die Ansiedlung von Firmen, die Gewerbesteuer zahlen könnten.

Zwei Männer mit Krawatten und einer Urkunde.
Ein Bild aus harmonischen Tagen: Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns (links) ernennt Dr. Christian Klicki 2022 zum Beigeordneten der Stadt Lünen. © Stadt Lünen (A)

Wahlkampf frank und frei

Wer immer das Bürgermeisteramt nach den Kommunalwahlen 2025 bekleidet, wird das Steuer also mit angezogener Finanz-Handbremse übernehmen. Der Wahlkampf um den Chefsessel im neunten Stock des Rathauses begann erst geräuschlos – nur um aus dem Stand zu eskalieren.

Denn am Willy-Brandt-Platz kam es zum Bruch zwischen Jürgen Kleine-Frauns (parteilos) und dem Beigeordneten Dr. Christian Klicki (CDU), der zuvor persönlicher Referent des Bürgermeisters war, 2025 aber gegen seinen Chef im Rennen um das höchste Amt der Stadt an den Start gehen wird. Auslöser war die Frage der Ruhr Nachrichten Ende September, ob Klicki sich den Job als Bürgermeister vorstellen könne. Allein in Betracht zu kommen, sei für ihn ein Kompliment für seine Arbeit, aus der CDU sei aber noch niemand auf ihn zugekommen. Das Thema schien damit gegessen – bis zum 4. Oktober.

„Bisher hatte Christian Klicki, der ja bis Ende 2022 mein persönlicher Referent war, stets betont, nicht zu kandidieren, wenn ich wieder antrete“, ließ Kleine-Frauns an jenem Freitag über die Pressestelle mitteilen. „Insofern habe ich hier auch ein klares Dementi erwartet.“

Die äußerst scharf formulierte Enttäuschung des 57-Jährigen führte zu einer Diskussion, an deren Ende sich die CDU Lünen entschied, Christian Klicki als Bürgermeisterkandidat ins Rennen zu schicken.

Der Bürgermeister wollte außerdem die Kompetenzen des Beigeordneten überdenken – und wenig später nicht mehr mit Pressevertretern reden. Stattdessen äußerte sich der Bürgermeister auf seinem Facebook-Profil. Da diese Aussagen weiterhin frank und frei dort für jeden einsehbar sind, verzichten wir an dieser Stelle auf eine Zusammenfassung.

Eine Frau vor einem grünen Busch und einer Lampe.
Die Lüner SPD ernannte Martina Förster-Teutenberg im Juni zu ihrer Bürgermeisterkandidatin. © Dittmann (A)

Während die beiden Herren aus der Stadtverwaltung sich mit lautem Streit in den Wahlkampfmodus und in die Öffentlichkeit katapultierten, lief die Kandidatinnenkür bei Martina Förster-Teutenberg (SPD) nahezu geräuschlos ab. Im Juni schlug sie der Parteivorstand vor, der Parteitag nominierte die 51-Jährige daraufhin.

Die erste stellvertretende Bürgermeisterin und Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und -planung ist die erste Frau seit 25 Jahren, die die SPD ins Rennen um den Bürgermeisterposten schickt. In diesem Jahr war sie deutlich leiser als die beiden Männer, die sich schon jetzt im Rathaus um (Verwaltungs-)Kompetenzen balgen. Ob das so bleibt, ob das gut oder schlecht ist, wird das kommende Jahr zeigen.

Eine Zeichnung von Hamburg.
Die Stadtbediensteten haben es in Hamburg wahrscheinlich nicht dermaßen krachen lassen, wie in dieser Karikatur dargestellt. © Schwarze-Blanke

Lüner Reisekostenaffäre

Hamburg ist immer eine Reise wert. Doch noch schöner ist es an der Elbe, wenn das Geld locker sitzt – und nicht das eigene ist. So kann man sich auch der Lüner Reisekostenaffäre annähern. Ein Rechnungsprüfer der Stadt nannte es einen Mangel „an einem ausgewogenen Bewusstsein für Zweckmäßigkeit“. Diese Formulierung trifft es natürlich auch.

Städtische Bedienstete haben sich 2023 über 100.000 Euro Reisekosten erstatten lassen. Auch von Alkoholika, Trinkgeldern und Taxifahrten ist die Rede – oder von einer „inoffiziellen Vorgehensweise“, wie es im Bericht hieß. Eine Stadt mit einer Haushaltssperre und drohender Haushaltssicherung sollte da bessere Sicherungsmechanismen haben – oder darüber reden.

Männer denken nach.
Kämmerer Jethon hat die Lüner Gespräche angeschoben. © Stadt Lünen

Lüner Schweigen zu Gesprächen

Gesprochen wurde viel auf den Lüner Gesprächen, wenn auch nicht über die Reisekostenaffäre, die zu diesem Zeitpunkt schlicht noch nicht bekannt war. Kämmerer Jethon freute sich über zahlreiche Gäste und Redner im Erlebnisreich-Campus zum Thema Stadtfinanzen. Doch wie viel die Stadt Lünen für Veranstaltungsort, Rednerhonorare oder Catering ausgegeben hat, darüber hüllt sie sich in Schweigen – hartnäckig. Lediglich im nicht-öffentlichen Teil des Rechnungsprüfungsausschusses erfuhren Ratsmitglieder die Höhe der Kosten.

Das heizt die Spekulationen an, lässt die vermutete Summe immer weiter steigen. Begann alles mit der Mutmaßung 70.000 Euro, stieg der vermutete Betrag Anfang Dezember aus 75.000 Euro. Mittlerweile ist im Stadtgespräch immer öfter von einer sechsstelligen Summe die Rede. Ein Ende in diesem Ringen zwischen Transparenz und Verschwiegenheitspflichten ist nicht in Sicht – und wird 2025 fortgesetzt.