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Politik ist einig: Lünen braucht Beratungsstelle und Frauenhaus
Gewalt gegen Frauen
Das einzige Frauenhaus im Kreis befindet sich in Unna. In Lünen, der größten Stadt des Kreises, gibt es keinen Zufluchtsort. Und keine Beratungsstelle. Das soll sich ändern.
Der Weg aus der Gewalt in ein neues Leben ist weit, unsicher und mühsam. Das wissen Frauen, die in Partnerschaften leben, in der sie nicht Liebe und Fürsorge, sondern Demütigung und Angst erleben: eine unerträgliche Situation, die in allen gesellschaftlichen Gruppen vorkommt. Aus ihr auszubrechen, ist schwer - erst recht ohne Anlaufstelle, die Schutz und Beratung bietet. In Lünen gibt es weder das eine noch das andere. Das soll sich jetzt ändern.
Lüner Politik unterstützt geschlossen den Antrag
Einstimmig: So fiel das Abstimmungsergebnis im Ausschuss für Bürgerservice und Soziales aus. Alle Fraktionen haben bekräftigt, was die Politikerinnen überparteilich auf den Weg gebracht hatten: In Lünen sollen Schutzplätze für
Frauen entstehen und außerdem eine Anlauf- und Beratungsstelle für Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt sind oder zu werden drohen. Das sei für Lünen ein „Riesenanliegen“, sagte Erika Roß (Die Grünen).
Bis 2019 gab es noch eine Anlaufstelle
Bis 2019 hatte es regelmäßig Sprechstunden in Lünen gegeben - zwei Jahre lang: ein Angebot des Frauenforums des Kreises Unna, das auch das Frauenhaus betreibt. Eingestellt wurde es nicht etwa wegen mangelnder Nachfrage, sondern weil das Frauenforum das Angebot „kapazitätsmäßig einfach nicht mehr leisten“ konnte, wie die Verantwortlichen der Beratungsstelle damals im Interview sagten.
Beraterinnen seien damals eineinhalb Stunden lang mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Unna nach Lünen gefahren, sagte Erika Roß jetzt im Ausschuss: ein Problem. Das größere Problem sei es aber, dass jetzt die Ratsuchenden ebenso lange Unterwegs sind - nur in umgekehrter Richtung von Lünen nach Unna.
„Wir müssen überlegen, ob eventuell ein anderer Träger sinnvoll wäre“, so Roß. Sie brachte die Awo ins Spiel oder vielleicht die Stadt Lünen selbst - offene Fragen, die die Stadtverwaltung jetzt im Gespräch mit dem Kreis Unna klären muss.
„Schutzplätze in Lünen nicht für Lünerinnen“
Fachdezernent Ludger Trepper gab etwas zu bedenken: Die Schaffung von Schutzplätzen in Lünen bedeute nicht, dass diese für Frauen aus Lünen seien. „Genau das gilt es ja zu vermeiden“, sagte er: dass sich die Zuflucht suchende Frau und ihr Mann zufällig in der Stadt begegneten. Erika Roß hielt dagegen, dass Mütter mit schulpflichtigen Kindern durchaus ein Interesse hätten, in ihrer Stadt zu bleiben. In jedem Fall täten zusätzliche Schutzplätze Not: eine Forderung, die die Landesregierung NRW unterstützt.
Bis 2022 will sie die Anzahl von Schutzplätzen für Frauen in landesseitig geförderten Frauenhäusern um mindestens 50 erhöhen, wie Ina Scharrenbach, Ministerin für Gleichstellung, Ende 2019 angekündigt hatte. Ausgangspunkt damals waren 571 Plätze im ganzen Land. Im Frauenhaus in Unna gibt es zehn Zweibettzimmer. Jede Frau bewohnt mit ihren Kindern ein eigenes Zimmer und teilt sich mit anderen Frauen und Kindern die zusätzlichen Gemeinschaftsräume.
Ergänzung: Auch Tiere dürfen mitgenommen werden
Wenn neue Plätze in Lünen geschaffen werden, sollte von vorne herein eine Bedingung erfüllt werden, sagte Marc Elsbeck von den Piraten: „Dass Frauen auch ihr Haustier mitnehmen dürfen.“ Das zurückgelassene Tier werde oft von dem gewalttätigen Partner als Druckmittel eingesetzt. Alle im Ausschuss waren einverstanden mit dieser Ergänzung.
Das Gremium war sich ebenfalls einig, dass die Stadt sich nicht nur für ein Beratungsangebot vor Ort und für Schutzplätze einsetzen solle, sondern auch die Situation von wohnungslosen Frauen verbessern müsse.
Auch wenn diese Forderungen noch nicht umgesetzt sind: Hilfe gibt es auch jetzt schon - wenn auch nicht vor der Haustür. Das Frauenhaus in Unna ist bei freien Plätzen rund um die Uhr erreichbar unter Tel. (02303)7789150. Die Frauen- und Mädchenberatungsstelle ist erreichbar unter (02303)82202.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
