Pflege-Skandal im Kreis Unna Angeklagter gesteht und belastet Pflegedirektor

Pflege-Skandal: Angeklagter will nicht der Alleinschuldige sein
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Am Dortmunder Landgericht hat sich der Angeklagte im Bönener Pflege-Prozess am Freitag (5. Mai) erstmals selbst zu den Betrugsvorwürfen geäußert. Staatsanwalt Ralph Steinert legt ihm zur Last, mit manipulierten Abrechnungen die Kassenkassen zur Auszahlung von mehr als acht Millionen Euro gebracht zu haben.

Von Anfang an machte der 51-jährige Angeklagte deutlich, dass er in diesem ganzen Komplex keinesfalls unschuldig ist. Er räumte ein, seit Jahren davon gewusst zu haben, dass Leistungsnachweise am Monatsende nachträglich vervollständigt wurden, um bei den Krankenkassen die vollen Sätze abrechnen zu können.

Angehörige pflegten anstelle von Pflegekräften

Der Angeklagte gab außerdem zu, Angehörige von Pflegepatienten unter der Hand bezahlt zu haben, wenn diese einzelne Schichten übernommen hatten. Auch in diesen Fällen habe er dafür gesorgt, dass die Schichten später in den offiziellen Papieren von examinierten Kräften geleistet worden waren.

„Und das habe ich dann so bei der Krankenkasse abgerechnet“, sagte der 51-Jährige. Generell hätte ihm die Kassen das Leben aber im Laufe der Jahre immer schwerer gemacht. „Wenn in der Monatsrechnung nur eine Uhrzeit falsch eingetragen war, konnte die gesamte Summe zurückgehalten werden.“

Aus Sicht des faktischen Geschäftsführers des Bönener Pflegedienstes gab es im Unternehmen aber auch noch andere, die von den Vorgängen wussten. Allen voran der Pflegedirektor und dessen Ehefrau. „Er war meine rechte Hand“, sagte der 51-Jährige. Und die Frau habe die manipulierten Nachweise anfangs sogar noch selbst unterschrieben.

In den letzten Jahren vor der Durchsuchung des Betriebes will sich der Angeklagte im Grunde nur noch wenig um das Tagesgeschäft gekümmert haben. „Ich war damals viel in der Türkei, um ausländische Fachkräfte anzuwerben und für die Arbeit in Deutschland vorzubereiten.“

Angeklagter weist Urkundenfälschung von sich

Eines wies der Angeklagte jedoch weit von sich. Zu keiner Zeit habe er in den Personalakten der Angestellten die tatsächlichen Zeugnisse durch solche ausgetauscht, die die Personen als examinierte Kräfte auswiesen.

„Ich habe nie ein Zeugnis gefälscht und ich habe auch nicht in Auftrag gegeben, so etwas zu tun.“ Auch hier hat der Unternehmer seinen langjährigen Pflegedirektor in Verdacht. „Ich könnte mir vorstellen, dass er etwas damit zu tun hat“, sagte er. „Aber natürlich kann ich diese Behauptung nicht beweisen.“