Pflege-Skandal im Kreis Unna Ungewohnte Einigkeit von Ankläger und Verteidiger vor dem Urteil

Pflege-Skandal: Vor dem Urteil herrscht ungewohnte Einigkeit
Lesezeit

Am Dortmunder Landgericht ist der Prozess um den sogenannten Bönener Pflege-Skandal fortgesetzt worden. Dem angeklagten Geschäftsführer eines Pflegedienstes wird vorgeworfen, mit falschen Abrechnungen die Krankenkassen um mehr als acht Millionen Euro betrogen zu haben.

Vor allem bei Intensivpatienten soll das Unternehmen häufiger mal ganze Schichten mit Angehörigen besetzt haben. Auf den Abrechnungsunterlagen, die später an die Krankenkassen gingen, sah es aber offenbar so aus, als hätten examinierte Angestellte die Dienste übernommen.

Acht Millionen Euro Schaden

Darüber hinaus soll auch bei den Qualifikationen geschummelt worden sein. Laut Anklage setzte der Geschäftsführer beispielsweise auch Arzthelferinnen und Pflegehelfer ein, obwohl das bei den Intensivpatienten nicht erlaubt war.

Um das zu verschleiern sollen in den Akten der Angestellten gefälschte Zeugnisse aufbewahrt worden sein. Diese Dokumente wiesen die Männer und Frauen als examinierte Alten- oder Krankenpflegekräfte aus - obwohl die erforderlichen Prüfungen niemals abgelegt worden waren.

Gefälschte Zeugnisse

Der Angeklagte hat nach anfänglichem Schweigen inzwischen Teile der Vorwürfe eingeräumt. Er beharrt jedoch darauf, nicht zu seinem eigenen Vorteil gehandelt zu haben. Das Unternehmen hätte die Pflege anders nicht gewährleisten können.

Außerdem besteht der 51-Jährige darauf, nicht der alleinige Verantwortliche zu sein. Dabei lenkt er den Blick immer wieder auf seinen langjährigen Pflegedirektor, der in alles eingebunden gewesen sei. Der Mann hat inzwischen gekündigt und leitet in Dortmund selbst einen Pflegedienst.

Pflegedirektor in Verdacht

Nachdem im Prozess lange Zeit Zeugen vernommen worden sind, wurden die vergangenen Verhandlungstage nur noch dazu genutzt, wichtige Unterlagen förmlich in das Verfahren einzuführen. Dazu wurden zahlreiche Dokumente gelesen oder gemeinsam am Richtertisch betrachtet.

„Weitere Zeugen benötigen wir nicht mehr“, sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag. Staatsanwalt und Verteidiger nickten. Insofern waren sich plötzlich alle Beteiligten einig.

Dokumente förmlich eingeführt

Der weitere Zeitplan sieht nun vor, dass am 25. Juli die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung gehalten werden sollen. Die Verkündung des Urteils ist schließlich für den 3. August vorgesehen. So lange bleibt der Angeklagte auf jeden Fall in Haft.