Mit weiteren Zeugenvernehmungen ist am Dortmunder Landgericht der Prozess um den sogenannten Bönener Pflege-Skandal fortgesetzt worden. Der wegen Betrugs angeklagte faktische Geschäftsführer eines Pflegedienstes soll mehr als acht Millionen Euro zu viel von den Krankenkassen kassiert haben.
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Der 51-Jährige manipulierte am Monatsende die Leistungsnachweise bei mehreren Intensivpatienten. Danach sah es für die Krankenkassen so aus, als seien sämtliche Schichten von examinierten Pflegekräften abgeleistet worden.
Acht Millionen Euro Schaden
Tatsächlich sollen regelmäßig Schichten unbesetzt geblieben sein, so dass die Angehörigen der Patienten einspringen mussten. Eine Mutter eines seit seiner Geburt beatmungspflichtigen Jungen aus Bönen gab das am Donnerstag als Zeugin zu.
„Wenn keiner als Ablöse gekommen ist, musste ich selbst einspringen“, sagte die Frau. „Was soll ich denn machen? Ich bin doch schließlich seine Mutter.“ Eine Ausbildung in der Pflege hat die 43-Jährige allerdings nie gemacht. „Ich bin Hausfrau“, sagte sie. Man habe ihr einfach das Wichtigste beigebracht.
„Taschengeld“ von Zentrale des Pflegedienstes
Immer dann, wenn die „Mutter-Schichten“ besonders häufig vorgekommen seien, habe sie nach einiger Zeit einen Umschlag aus der Zentrale des Pflegedienstes erhalten. „Darin war dann mein Taschengeld“, sagte die Zeugin den Richtern. „Ich glaube, das war als Dankeschön gemeint.“
An die Höhe des Geldbetrages kann sich die Frau heute angeblich nicht mehr so gut erinnern. „Ich denke, das waren immer so um die 100 Euro“, sagte sie. Die Geldzahlungen sollen in den Büchern des Pflegedienstes an keiner Stelle dokumentiert sein. Und am Ende des Monats soll der Krankenkasse auch nicht gemeldet worden sein, dass die Schicht tatsächlich von einer ungelernten Kraft abgeleistet worden war.
Angeklagter will Aussage machen
Unterdessen hat sich der Angeklagte entschlossen, sein wochenlanges Schweigen vor Gericht zu brechen und nun doch noch selbst zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Aussage des 51-Jährigen wollen die Richter bereits am Freitag entgegennehmen.
Die Anwälte haben eine kurze schriftliche Erklärung vorbereitet, zum Großteil soll der Angeklagte aber frei reden. „Und es werden natürlich auch Nachfragen des Gerichts beantwortet werden.“ Für die Aussage sind zunächst allerdings nur 45 Minuten vorgesehen.