Was Friseure und Gastronomen beklagen, trifft längst auch Arztpraxen: Vereinbarte Termine werden oft weder eingehalten, noch abgesagt. Bei Hautarzt Dr. Marcus Happe an der Parkstraße in Lünen sind es etwa 15 Prozent der angemeldeten Patienten, die einfach nicht erscheinen. Auf der einen Seite stöhnen viele über lange Wartezeiten in Praxen, auf der anderen Seite werden Termine nicht wahrgenommen. Das Problem hat Marcus Happe jetzt auf Facebook zum Thema gemacht: „Durch dieses Verhalten nehmen Sie anderen Patienten die Chance, schneller einen Termin zu bekommen“, schreibt er dort.
Mit dem Phänomen steht der Facharzt der Haut- und Laserpraxis nicht alleine da: Bundesweit, so erklärt er, liege die Quote der unentschuldigt nicht wahrgenommenen Termine bei Ärzten noch höher, teilweise bei bis zu 25 Prozent.
Zu Ferienbeginn habe Happe dann die „Krönung“ erlebt: Bis neun Uhr morgens seien acht angemeldete Patienten nicht erschienen. „Im Moment ist es extrem“, sagt er. Der seit 19 Jahren in Lünen praktizierende Dermatologe sieht das Problem neben einer gesamtgesellschaftlichen Komponente auch in der Online-Terminvergabe. Neue Patienten, die noch nie in seiner Praxis waren, würden sich bei mehreren Ärzten gleichzeitig Termine organisieren und den nehmen, bei dem sie am schnellsten dran sind. „Sie halten es dann nicht für notwendig, die anderen abzusagen“, so Happe. Damit blockierten sie Behandlungsmöglichkeiten.

Dreifache Erinnerung
Als „enormes Problem“ bezeichnet auch Hautärztin Claudia Besser die Situation. Sie praktiziert mit Dr. Ines Rieland in einer Dermatologischen Gemeinschaftspraxis an der Kurt-Schumacher-Straße. Inzwischen riefe die Praxis jeden Patienten vorher nochmal an, obwohl er bei der Online-Terminvergabe bereits per SMS und E-Mail über Datum und Uhrzeit informiert worden sei. „Das ist viel Aufwand“, sagt Claudia Besser. Einer, der aber auch nicht richtig funktioniert. Trotz allem ließen zwischen 15 und 20 Prozent der Patienten die Termine bei den Ärztinnen einfach verstreichen. „Eigentlich ist das Telefonieren gar nicht unsere Aufgabe. Aber sonst wäre die Ausfallquote noch höher“, sagt die Medizinerin.
Auch Claudia Besser spricht von Arzt-Hopping und meint damit Patienten, die sich für den Erstkontakt gleich in mehreren Praxen Termine geben ließen. Bei treuen Patienten hingegen mit chronischen Erkrankungen käme so etwas extrem selten vor. „Die Leute machen sich keine Gedanken, was dahintersteckt“, sagt Claudia Besser. Weil sie eine Terminpraxis habe, könne sie die Lücke höchstens dann mal füllen, wenn sich vorne gerade jemand anmelde. Ansonsten gebe es Leerlauf. Schade für jene, die lange auf einen Termin warten müssen. Wenn es nichts Akutes sei, seien das in ihrer Praxis drei Monate.
Gerichte nicht einig
Seit zehn Jahren behandelt Claudia Besser Patientinnen und Patienten in Lünen. Das Problem mit den Terminen habe es auch früher schon gegeben, es sei aber mehr geworden. Stammpatienten würden sich entschuldigen, die Mehrheit ignoriere das. „Das ist ärgerlich“, sagt Claudia Besser. Gerade für Patienten mit Hautproblemen und Juckreiz wäre ein schnellerer Termin wünschenswert.
Ausfallhonorare können Ärzte für verpasste Termine allerdings nicht in Rechnung stellen. Laut Bundesverband der Verbraucherzentralen sei das nur in Ausnahmefällen möglich. Ob Patienten für versäumte Arzttermine zahlen müssen, werde von den Gerichten je nach Sachlage unterschiedlich beurteilt. Der Tipp der Verbraucherberatung: Sagen Sie Arzttermine, die Sie nicht wahrnehmen können, so früh wie möglich ab und vereinbaren Sie bei Bedarf direkt einen neuen Termin.