Ein Thema, zwei Versionen: In der Fußgängerzone legte sich ein Paketbote mit einem Polizeibeamten an, leistete offenbar Widerstand und schreckte auch vor wüsten Beleidigungen nicht zurück. Vor Gericht sah er aber sich als Opfer und beteuerte seine Unschuld. Vergeblich.
Am Mittag des 30. August 2022 stellte der 53-Jährige seinen Lieferwagen so ab, dass er den Radweg blockierte. Der Beamte, der mit einem Ordnungsamtsmitarbeiter auf Streife war, sprach ihn darauf an. Laut Anklage wurde der Fahrer sofort aggressiv und parierte: „Du kannst mich am Arsch lecken. Ich parke da, wo ich will.“
Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung, so der Vorwurf, ging er auf den Polizisten zu, ließ sich nicht aufhalten und musste am Ende kurzzeitig fixiert und auf die Motorhaube des Streifenwagens gedrückt werden. Derweil schimpfte er offenbar weiter.
Regelrecht empört stellte der Mann aus Dortmund jetzt in seiner Verhandlung vor dem Amtsgericht alles, was ihm zur Last gelegt wurde, in Abrede. Behindert habe er mit seinem Fahrzeug gewiss niemanden. Den Beamten habe er nicht beleidigt und er sei auch nicht bedrohlich auf ihn zugegangen.
Zahlreiche Vorstrafen
Vielmehr kritisierte er den Ton des Beamten, der ihn einfach aus dem Wagen gezogen und seinen Arm so nach hinten gedreht habe, dass er Schmerzen verspürt habe. Nicht umsonst sei er direkt nach dem Vorfall zur Wache gefahren und habe seinerseits Anzeige gegen den Polizisten erstattet. „Ich weiß nicht, was mit dem an dem Tag los war.“ Überdies schreibe der ihn nun ständig auf.
Der Polizeibeamte wiederholte seine Vorwürfe indes im Zeugenstand und betonte, er habe lediglich deeskalieren wollen, bezeichnete seine Gesprächsführung als ruhig und besonnen, verwies auf eine jahrzehntelange Diensterfahrung. Sein „Kollege“ vom Ordnungsamt konnte sich zwar nicht an Details entsinnen, erinnerte sich aber mit Blick auf den Angeklagten: „Der war direkt aggressiv.“
Zweifel daran, dass die Vorwürfe im Wesentlichen zutrafen, hatte Richter Ulrich Oehrle am Ende mitnichten. Er befand die Aussagen der beiden Zeugen als glaubhaft und war davon überzeugt, dass der Fahrer am Tattag genervt war, beleidigend wurde und wutentbrannt auf den Beamten zuging. Und mit Blick auf zahlreiche, teils einschlägige Vorstrafen des 53-Jährigen betonte Oehrle: „Der Angeklagte hat ein Problem. Das weiß er wahrscheinlich auch selbst. In gewissen Situationen rastet er aus.“
Aber selbst wenn er sich schikaniert fühle, müsse er Beamten respektvoll begegnen. Die Konsequenz für den Fahrer: Er wurde am Ende wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung zu 1800 Euro Geldstrafe verurteilt.