Oben ohne sonnen oder schwimmen? Freibäder im Kreis Unna erkennen eindeutigen Trend

„Oben ohne“ ist in den Freibädern im Kreis Unna noch kein großes Thema
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Ein sehr typisches Beispiel für „wie man es macht, macht man es verkehrt“ – in den Vorständen und Gremien der Betreiber der Frei- und Hallenbäder im Kreis wird gerade angestrengt überlegt: „Oben ohne“ im Bad – soll das den Damen jetzt ebenso erlaubt sein wie es den Herren schon immer erlaubt war?

Ästhetischer Anblick hin oder her – auch manchem männlichen Badegast würde eine Ganzkörper-Badekleidung besser stehen als die knappe Badebuxe, so ein nicht genannt sein wollender Schwimmmeister. Wie aber mit blank ziehenden Damen im Becken oder auf der Wiese umgehen?

Oben ohne herumlaufen oder sonnen?

Eine schnelle Umfrage dieser Redaktion hat nur ergeben, das überall das Problem erkannt, aber fast noch nirgendwo final gebannt ist.

Das „Verkehrt“-Zitat stammt von Dirk Weise, dem Bad-Geschäftsführer im Freibad Dellwig in Fröndenberg: „Ja, ist doch so: Erlauben wir’s grundsätzlich, gibt es Kritik – verbieten wir es, gibt es genauso erwartbar einen Shitstorm“. Wenn Damen nahtlos braun werden wollen, könnten sie ja auf ihrem Handtuch oder auf der Decke liegend brutzeln, müssen aber nicht oben ohne herumlaufen oder baden. „Könnte man vielleicht so machen“, sagt Weise. „Beschlossen haben wir aber noch gar nichts.“

Paul Jahnke, Vorsitzender des Trägervereins des Freibads Brambauer, im Freibad Lünen-Brambauer.
Paul Jahnke, Vorsitzender des Trägervereins des Freibads Brambauer, im Freibad Lünen-Brambauer. © Archiv/Michael Schnitzler

Dem Beschluss der Verantwortlichen in Dellwig soll nach Weises Meinung eine Beratung mit den übrigen Bürgerbädern, also den privat betriebenen Bädern in der Region, vorangehen. Das kann also noch ein bisschen dauern.

Paul Jahnke ist einer von denen, mit dem Dirk Weise sich absprechen wird. Jahnke saß beim Anruf gerade auf dem Aufsitzmäher im Bürger-Freibad Lünen-Brambauer, dort ist er Vorsitzender des Trägervereins.

„Oben ohne, das berührt uns vermutlich gar nicht“, meint Jahnke. Das kleine, aber feine Familienbad in Brambauer werde von vielen Menschen unterschiedlichster Nationalitäten und damit auch Glaubensrichtungen besucht.

Baden im Burkini ist erlaubt

„Da wird sich keine Frau bei uns so zur Schau stellen wollen. Im Gegenteil: Wir werden eher gebeten, Rücksicht auf die Familien zu nehmen“, sagt Paul Jahnke. Das Baden im Burkini, also einer Form der Ganzkörper-Badekleidung für Mädchen und Frauen, sei selbstverständlich in Brambauer erlaubt und an der Tagesordnung. „Oben ohne würde bei uns schon sehr provozieren.“ In der Haus- und Badeordnung findet sich nur ein Passus übers Nacktbaden, alles weitere müsste noch beraten werden.

Schwimmmeister Moh Ansari vom Elsebad in Schwerte-Ergste: Beim Thema „Oben-ohne-Baden“ sei Toleranz gefragt.
Schwimmmeister Moh Ansari vom Elsebad in Schwerte-Ergste: Beim Thema „Oben-ohne-Baden“ sei Toleranz gefragt. © Archiv/Manuela Schwerte

Käme wirklich mal eine Frau in Brambauer mit dem Wunsch nach Oben ohne zur Aufsicht, würde man mit dem nötigen Fingerspitzengefühl erklären, dass das so nicht geht. Paul Jahnke hält das Phänomen „Oben ohne“ aber eher in Großstädten für aktuell und nicht in der heimischen Region.

Vom Vorstand des Bürgerbads Bornekamp in Unna heißt es, man lege grundsätzlich großen Wert auf Badebekleidung. Der Umfang dieser Bekleidung sei den Besuchern aber freigestellt. „Wir bitten um gegenseitige Rücksichtnahme“, erklärt die Vorsitzende Jessica Mense.

Verbotene Fotos von Nackten als Risiko

Die Schwimmmeister in Unna machen zudem noch aufmerksam darauf, dass zwar in allen Bädern Fotografieren und Filmen strikt verboten ist, man diese Verbote aber nicht stets und ständig im ganzen Bäderbereich kontrollieren könne.

Wenn eine Frau keine Bedenken habe, sich der Öffentlichkeit barbusig zu zeigen, müsse sie sich aber auch im Klaren darüber sein, dass irgendjemand verbotenerweise ein Handy zückt.

Auch Dirk Jürgens, Manager des Löhnbades in Fröndenberg, tendiert zu einem toleranten Verhalten bei Oben-ohne-Badegästen.
Auch Dirk Jürgens, Manager des Löhnbades in Fröndenberg, tendiert zu einem toleranten Verhalten bei Oben-ohne-Badegästen. © Archiv/Stephanie Tatenhorst

„Unsere Haus- und Badeordnung sieht da nichts vor“, muss auch Dirk Jürgens von den Fröndenberger Stadtwerken zugeben. Er ist zuständig für das Löhnbad. „Wir würden das Oben-ohne-Baden oder -sonnen erstmal tolerieren“, sagt Jürgens. Final und für alle Zeiten entschieden sei das aber nicht. Es habe bisher keinen Anlass für Überlegungen dazu gegeben.

Schwimmmeister Moh Ansari im Elsebad in Schwerte, auch ein privat betriebenes Bürgerbad, würde das Sonnen oder Baden ohne Oberteil tolerieren – bis es Beschwerden gebe: „Dann würden wir freundlich darum bitten, sich zu bedecken“. Man sei sehr um Toleranz bemüht.

Diskretes Frauen-Baden erwünscht

Für den Bereich der Hallenbäder kann Mandy Beier von der GSW-Wasserwelt der Gemeinschaftsstadtwerke Kamen, Bönen und Bergkamen ebenfalls bestätigen, dass bisher noch niemals eine Frau oben ohne dort schwimmen gehen wollte: „An uns werden eher Anfragen gestellt, die um mehr Diskretion in den Bädern bitten, also zum Beispiel reines Frauen-Baden mit weiblichen Schwimmmeisterinnen etwa“. Der Bädermanager und die Geschäftsführung hätten dazu auch noch keine Regelung beschlossen.

Ob es ein Recht auf oben ohne im Frei- oder Hallenbad gibt, bezweifelt Max Rolke, stellvertretender Leiter der Kreispressestelle in Unna: „Das kann ja nur individuell geregelt werden, zumal wir es oft mit privat betriebenen Bädern zu tun haben“. Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreise sehe keinen Handlungsbedarf und keine Zuständigkeit.