
© Udo Hennes
Neuer Landrat Mario Löhr im Porträt: Macher und Malocher
Kommunalwahl 2020
Dass Mario Löhr neuer Landrat des Kreises Unna wird, hatte sich schon vor der Stichwahl angedeutet. Löhrs Erfolg hat viel mit seiner Persönlichkeit zu tun und wenig mit seiner Partei. Ein Porträt.
Krachende Wahlniederlagen hat die SPD viele erlebt in den vergangenen Jahren. Auch im einstmals so roten Arbeiter-Kreis Unna. Und auch Mario Löhr hatte gewissermaßen darunter zu leiden, als er am 27. Mai 2019, einen Tag nach einem beispiellosen Absturz der Sozialdemokraten bei der Europawahl, in der Rohrmeisterei Schwerte vor die Genossen im Kreis Unna trat.
Der ursprüngliche Plan, Löhr mit Rückenwind aus der Europawahl auf den Kandidatenschild zu hieven, war angesichts eines Wahlergebnisses von 25,3 Prozent grandios gescheitert. Der Kandidat wirkte selbst geplättet davon, seine Rede geriet eher fahrig und war getragen von dem trotzigen Leitmotiv „Jetzt erst recht“. Dennoch schickten die Sozialdemokraten den Bürgermeister von Selm mit 97-prozentiger Zustimmung ins Rennen um die Nachfolge von Michael Makiolla. Und heute, ziemlich genau 16 Monate später, steht fest: Sie taten gut daran.
Denn Mario Löhr hat geliefert, hat trotz Corona einen überaus engagierten Wahlkampf geführt. Und vielen Wählern deutlich gemacht, dass er wählbar ist, obwohl er ein SPD-Parteibuch hat. Gerade in Unna musste Löhr an den Wahlkampfständen erleben, dass die sozialdemokratische Partei in den vergangenen Jahren viel Vertrauen verspielt hat.
Ob der Rauswurf der Geschäftsführerin der Stadtratsfraktion oder der Skandal um die Stiftung für Haus Opherdicke im Kreistag – die SPD, so schien es, hat sehr viel dafür getan, ihre Wähler regelrecht zu verjagen. Doch Löhr schaffte es trotz der kreis- bis bundesweit anhaltenden Schwäche seiner Partei, viele Menschen gerade im Südkreis von sich selbst zu überzeugen.
Der Mann, dem der Ruf des Machers und Malochers vorauseilt, hat in elf Jahren als Bürgermeister von Selm gezeigt, wie viel Veränderung zum Positiven trotz überschaubarer finanzieller Mittel möglich ist. Wer weiß, wie die nördlichste Stadt im Kreis Unna noch in den 2000er-Jahren ausgesehen hat, wird sie heute an manchen Stellen kaum wiedererkennen.
Am sichtbarsten ist die Veränderung in der „Aktiven Mitte“ im Zentrum von Selm, wo einst Fußball- und Parkplätze waren. Dort sind in den vergangenen Jahren unter anderem ein zentraler Platz etwa für das Stadtfest, neue Wohnbebauung, der Auenpark mit renaturiertem Selmer Bach und viele Freizeitmöglichkeiten entstanden, die auch Auswärtige anlocken. Mit einem zwölf Meter hohen Rodelhügel und einer sechs Meter hohen Kuppel auf farbigem Glas, die abends beleuchtet wird, hat Selm in der Ära Löhr sogar eine neue Landmarke bekommen.

Das Symbol des Auenparks und neue Landmarke Selms ist ein zwölf Meter hoher Rodelhügel mit einer sechs Meter hohen Kuppel auf farbigem Glas, die abends beleuchtet wird. Es ist wie vieles andere in der elfjährigen Amtszeit von Bürgermeister Mario Löhr entstanden. © Günther Goldstein
Außerdem wurde die wichtigste Straße durch die Stadt aufwändig umgebaut; gerade bauen an der Kreisstraße Rewe und Aldi und bald auch dm und Netto neu.
Kurz gefasst heißt es in Selm über Löhr, er habe der Stadt nicht nur ein neues Zentrum, sondern auch ein neues Selbstbewusstsein beschert.
Mario Löhr sagt über sich selbst nicht ohne Stolz, er sei ein „Tempo-Macher“. Sylvia Engemann, die als Kämmerin und Beigeordnete in Selm jahrelang Seite an Seite mit Löhr gearbeitet hat, sagt über ihn: „Mario Löhr ist ein Mann, der aus dem ,Tanker Verwaltung‘ oft das ,Rennboot Verwaltung‘ gemacht hat und nach dem Motto agiert: Für Erfolge hart arbeiten, diese dann aber auch feiern. Er ist ein Mann, der offen auf Menschen zugeht, sie respektiert und wertschätzend behandelt.“ Letzteres haben viele Menschen im Kreis Unna in den vergangenen Wochen auch im Wahlkampf erlebt. Sein CDU-Rivale im Wahlkampf, Marco Morten Pufke, mag der eloquentere Redner sein, doch Löhr vermittelte glaubhaft den Eindruck, auch als Landrat malocherhaft die Ärmel hochzukrempeln.
Löhr tritt für mehr Respekt und Wertschätzung ein
Respekt und Wertschätzung, das betonte er immer wieder, seien ihm ein großes Anliegen vor allem mit Blick auf Menschen, die Wichtiges für die Gesellschaft leisten und sich dafür trotzdem mitunter sogar beschimpfen lassen müssen, wie Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte.
Auch den Klimaschutz, insbesondere die Förderung von ÖPNV und Fahrradfreundlichkeit, hat sich Löhr auf die Fahne geschrieben. In den nächsten fünf Jahren als Landrat darf er nun beweisen, dass er nicht nur als Bürgermeister einer 27.000-Einwohner-Stadt, sondern auch als Landrat eines 400.000-Einwohner-Kreises einiges bewegen kann.