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Lüner Neonazi findet keinen Anmelder für dritten „Spaziergang“ in Bergkamen
Corona-Demos in Bergkamen
Die Querdenker-Szene mit einem Neonazi als Anführer zeigt entweder Auflösungserscheinungen oder ändert ihre Strategie. Ein Bündnis von Coronaschutz-Befürwortern will der Opfer der Pandemie gedenken.
Vor dem Rathaus werden am Sonntag erneut Corona-Demonstranten erwartet. Bereits an den beiden Sonntagen zuvor gab es Demonstrationen von Gegnern und Befürwortern von Coronaschutz-Maßnahmen. Diesmal ist nur eine Kundgebung pro Coronaschutz angezeigt.
Die Gruppe der sogenannten Querdenker und Impfskeptiker mobilisiert zwar ihre Anhänger in einer Bergkamener Telegram-Gruppe für mögliche Flashmobs, also scheinbar spontane Treffen, hatte aber bis Freitagmittag keine erneute Demo angemeldet. Der Polizei in Unna lag lediglich eine versammlungsrechtliche Anzeige des Arbeitskreises Demokratie vor. Dieser hat bereits öffentlich für Sonntag, 30. Januar, 15 Uhr, vor das Rathaus eingeladen, um erneut Flagge zu zeigen gegen Neonazis und ihre Mitläufer. Schwerpunkt ist diesmal das Gedenken an Todesopfer der Pandemie, wie der Arbeitskreis am Freitag mitteilte.
André Machill tritt als Anmelder zurück
Der Lüner André Machill hatte die beiden jüngsten Anti-Coronaschutz-Demos am 16. und 23. Januar angezeigt und bei den Rundgängen den Ton angegeben. Aus einer dem Lüner Neonazi zugeschriebenen Nachricht in der Bergkamener Telegram-Gruppe geht hervor, dass er diesmal keine Versammlung anmelden will. Einen anderen Anmelder fand er offenbar nicht – anders als bei einer Impfgegner-Demo am Montag in Lünen, wo eine Frau einsprang, die sich als Krankenschwester Joanna vorstellte.
Entweder die Bergkamener Impfskeptiker streichen ihre Segel wegen des starken Gegenwinds oder sie ändern ihre Strategie: Nicht ausgeschlossen ist, dass sich die Coronaschutz-Gegner am Sonntag in Bergkamen noch spontan treffen und demonstrieren, ohne dass sie ihr Treffen versammlungsrechtlich anzeigen. Bereits früher hatte es solche – als Spaziergänge getarnte – unangemeldete Demonstrationen in Bergkamen gegeben; in jüngster Zeit beispielsweise auch in Unna, wo zuletzt der sogenannte Mann mit dem Kochtopf als mutmaßlicher Anführer auffiel. Die Polizei ist nach Angaben des Unnaer Polizeisprechers Bernd Pentrop auf alle Szenarien vorbereitet.
In Selm waren am Mittwochabend 15 Impfgegner unterwegs, darunter André Machill. Er ist ein polizeibekannter Neonazi, lief beispielsweise bei Demonstrationen der rechtsextremen Splitterpartei „Die Rechte“ mit. Machills Mitläufer in Bergkamen sahen sich mit einem Plakat von Gegendemonstranten konfrontiert: „Mit Nazis geht man nicht spazieren“.
GEDENKEN AN CORONA-TOTE
Der Arbeitskreis Demokratie veröffentlichte am Freitag einen Aufruf für eine Versammlung am Sonntag, 15 Uhr, auf dem Rathausplatz: Es werde ein Gedenken an die Todesopfer der Pandemie geben. „Die Folgen für alle Teile der Gesellschaft, insbesondere für Kinder, Jugendliche und Familien waren zentrales Thema der letzten Sitzung des Arbeitskreises. Eingeladen sind alle Bürgerinnen und Bürger Bergkamens“, heißt es. Es gilt Maskenpflicht.Jahrgang 1973, aufgewachsen im Sauerland, wohnt in Holzwickede. Als Redakteur seit 2010 rund ums Kamener Kreuz unterwegs, seit 2001 beim Hellweger Anzeiger. Ab 1994 Journalistik- und Politik-Studium in Dortmund mit Auslandsstation in Tours/Frankreich und Volontariat bei den Ruhr Nachrichten in Dortmund, Lünen, Selm und Witten. Recherchiert gern investigativ, zum Beispiel beim Thema Schrottimmobilien. Lieblingssatz: Der beste Schutz für die liberale Demokratie ist die Pressefreiheit.
