Nach Tod von Dr. Grothaus-Pinke Käufer für einzige onkologische Praxis in Lünen gefunden

Nach Todesfall: Käufer für onkologische Schwerpunktpraxis gefunden
Lesezeit

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die einzige onkologische Schwerpunktpraxis in Lünen bleibt nach dem Tod ihres Gründers Dr. Bernward Grothaus-Pinke bestehen.
  • Gudrun Pinke, die Witwe des verstorbenen Praxisinhabers, verkauft die Praxis an die katholische St. Paulus Gesellschaft, welche auch das benachbarte St. Marien Hospital betreibt.
  • Die Praxis wird als Medizinisches Versorgungszentrum „MVZ St. Marien Lünen“ weitergeführt.
  • Die Praxismitarbeiter haben nach dem Tod des Gründers eine „unglaubliche Teamleistung“ gezeigt, wodurch der nahtlose Weiterbetrieb und die Versorgung von 1200 bis 1500 Patienten pro Quartal gewährleistet werden konnten.
  • Gudrun Pinke plant, nach der Übergabe der Praxis einen Masterstudiengang in Palliativ Care zu belegen und sich beruflich neu zu orientieren, um Menschen in ihren letzten Lebensphasen beizustehen.

Seit 19 Jahren werden Krebspatienten in der onkologischen Schwerpunktpraxis im Facharztzentrum an der Altstadtstraße 32 ambulant versorgt. Es ist die einzige ihrer Art in Lünen. Neben Sprechstunden, Vor- und Nachsorge gehört auch eine Tagesklinik zur Praxis. Tumorerkrankte kommen hierher zur Chemotherapie. Als Praxisgründer Dr. Bernward Grothaus-Pinke (†63) vor einem Jahr plötzlich starb, war die Bestürzung groß. In die Trauer um den hochgeschätzten Arzt mischte sich bei vielen Patientinnen und Patienten die Sorge um die Zukunft der Praxis. Die ist jetzt geklärt.

Gudrun Pinke (58), Witwe des Praxisinhabers und ebenfalls Ärztin, wird am 1. Juli eine gut funktionierende Praxis in andere Hände geben. Der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) hat einem Verkauf zugestimmt. Neue Eigentümerin wird die katholische St. Paulus Gesellschaft, zu der auch das benachbarte St. Marien Hospital gehört. Zu ihm pflegte Bernward Grothaus-Pinke stets enge Kontakte. Der Onkologe war Teil der Tumorkonferenzen des Krankenhauses und gehörte zu den Zentren für Darmkrebs-, Brust- und Lungenkrebs sowie Hirntumoren. Die Praxis soll künftig als Medizinisches Versorgungszentrum „MVZ St. Marien Lünen“ weitergeführt werden. Der Standort bleibt und vieles andere auch.

Das Facharztzentrum am St. Marien Hospital
Die onkologische Praxis bleibt im Facharztzentrum am St. Marien Hospital. © Goldstein

„Unglaubliche Teamleistung“

Dass die ambulante Versorgung von Krebspatienten in Lünen weiterhin gesichert ist, hat bei vielen Betroffenen Erleichterung ausgelöst. Der Praxisbetrieb lief nach dem Tod von Bernward Grothaus-Pinke am 25. Juli vergangenen Jahres nahtlos weiter. Zu verdanken ist das dem Team von 14 Mitarbeitenden. „Alle haben unglaubliche Arbeit geleistet und sind oft über ihre Grenzen gegangen“, lobt Gudrun Pinke. Seit über zehn Jahren gehört Yvonne Prophet, Fachärztin für Onkologie, zur Praxis. Sie hat sofort ihre Arbeitszeit erhöht und mit Unterstützung ihrer Familie und gemeinsam mit dem eigens eingestellten Onkologen Dr. Mathias Pantke nun fast ein Jahr die Versorgung gewährleistet und den Wegfall des Praxisgründers kompensiert. Mathias Pantke hat sich seit August 2023 hervorragend eingearbeitet und unterstützt die Praxis noch bis Ende September. Yvonne Prophet bleibt auch künftig dort tätig.

Gudrun Pinke wertet den enormen Einsatz der Belegschaft auch als Anerkennung der Leistung ihres Mannes. Er hatte stets dafür gesorgt, dass sich das Team in seinem „Arbeitszuhause“ wohlfühlen konnte. „Auch in den Gesprächen mit den unterstützenden Firmen kam die Wertschätzung, die meinem Mann entgegengebracht wurde, sehr deutlich heraus“, schildert Gudrun Pinke. „Das war in der schweren Zeit immer ein guter Moment.“

Faire Verhandlungen

Was der Weiterbetrieb der Praxis nach dem Todesfall bedeutete, zeigen Zahlen. Zwischen 1200 und 1500 Patientinnen und Patienten sind pro Quartal in der Praxis weiter versorgt worden. Gudrun Pinke, die die Praxis mit aufgebaut und ihrem Mann bei der administrativen Arbeit den Rücken freigehalten hat, ist stolz auf diese Teamleistung. Allerdings ist sie sicher: Wenn sie nicht schon in die Praxis involviert gewesen wäre und mit ihrem Mann viele Dinge diskutiert hätte, hätte sie das eine Jahr ohne ihn nicht geschafft.

Viele Hürden hätten sich aufgetan, es habe an Informationen und fachlicher Begleitung bei der Abwicklung des Nachlassprozesses seitens der Verwaltungsorgane gemangelt. Umso mehr weiß sie den Rückhalt ihrer Mitarbeitenden zu schätzen und die fairen Verhandlungen mit der Paulus GmbH. „Ich kann die Praxis mit gutem Gefühl abgeben“, freut sich Gudrun Pinke über die Lösung. All die Jahre sei die Praxis Teil der Familie gewesen.

Die Übernahme durch die Paulus-Gesellschaft sei auch im Sinne ihres Mannes. Er habe schon früher in diese Richtung gedacht, weiß Gudrun Pinke. Dennoch habe es eine offizielle Ausschreibung gegeben, auf die sich auch andere Interessenten gemeldet hätten.

Neue Aufgabe anstreben

Während die Praxis unter anderem Namen bleibt, will Gudrun Pinke im kommenden Jahr etwas Neues anfangen. Durch den Kontakt mit der Onkologie möchte die Ärztin nach der Zeit von Familien- und Praxismanagement den Masterstudiengang Palliativ Care an der Fachhochschule in Münster belegen, um später Menschen beizustehen, denen nicht mehr viel Zeit bleibt. Bis es soweit ist, versuche sie jedoch Abstand zu gewinnen und manches Erlebte des vergangenen Jahres zu verarbeiten.