Corona-Impfung Schwangere Lünen

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Nach Corona-Tod: Lüner Frauenarzt rät Schwangeren zur Impfung

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Der Corona-Tod einer schwangeren Dortmunderin erschüttert. Der Lüner Gynäkologe Matthias Quabs spricht sich für die Impfung von Schwangeren aus – auch ohne Empfehlung der Stiko.

von Anna Lenja Hartfiel

Lünen

, 27.08.2021, 19:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Diese Nachricht hat viele entsetzt: Eine 25-jährige schwangere Frau stirbt in der vergangenen Woche an den Folgen einer Corona-Infektion. Das Baby können die Ärzte der Frauenklinik am Klinikum Dortmund per Kaiserschnitt retten, die Frau wird auf der Intensivstation beatmet und verstirbt kurze Zeit danach. Wenig später wird bekannt, dass auch im Kreis Unna zwei schwangere Frauen an Corona verstorben sind. Die junge Dortmunderin hatte keine Vorerkrankungen, war jedoch ungeimpft.

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Mehr tote Schwangere durch Covid

"Ich war erschrocken, als ich von dem Fall in Dortmund erfahren habe", sagt Matthias Quabs, der in seiner Lüner Gynäkologie-Praxis selbst viele Schwangere betreut. Darunter auch zwei schwangere Patientinnen, die positiv auf Covid getestet wurden, glücklicherweise jedoch nur leichte Verläufe hatten. Beide Mütter sind mittlerweile genesen und haben gesunde Kinder zur Welt gebracht. Sie hatten sich zuvor wohl in ihren Familien angesteckt.

"So etwas wie den Dortmunder Fall erlebt man in seiner Laufbahn so gut wie nie – Gott sei Dank!" Bislang ging man davon aus, dass jährlich drei von 100.000 Schwangeren versterben. „Das hat sich mit Covid jedoch tatsächlich geändert. Jetzt gehen wir von 50 Todesfällen auf 100.000 aus. Das ist immer noch wenig, trotzdem ist es im Vergleich zu den normalen Zahlen natürlich erschreckend viel mehr. Und wir reden da über junge, gesunde Patientinnen."

Klares Ja zur Corona-Impfung für Schwangere

Erschüttert zeigte sich in Anbetracht des Dortmunder Falls auch Prof. Dr. Thomas Schwenzer, Direktor der Frauenklinik am Klinikum Dortmund, wo die Verstorbene zuletzt behandelt wurde. Er richtete einen eindringlichen Appell an alle werdenden Mütter, sich unbedingt impfen zu lassen.

Auch Quabs rät Schwangeren zur Impfung: "Vor drei, vier Wochen hatte ich noch eine ganz andere Meinung dazu. Das lag aber nicht an der Impfung selbst, sondern an den niedrigen Inzidenzen. Wenn die Inzidenz bei fünf ist, ist das Risiko für eine Schwangere, sich anzustecken, nicht so hoch. Jetzt sind wir bei 100 – da hat das natürlich wieder viel mehr Relevanz."

„Dem Baby schadet die Impfung nicht“

Die Ständige Impfkommission (Stiko) gibt bislang keine ausdrückliche Empfehlung zur Impfung von Schwangeren. Geimpft werden soll demnach erst im zweiten Drittel der Schwangerschaft und auch nur dann, wenn für die Frau ein erhöhtes Risiko, zum Beispiel durch Vorerkrankungen, besteht.

Auch wenn es von der Stiko noch keine eindeutigen Richtlinien gibt: Quabs impft in seiner Praxis auch schwangere Patientinnen. Dabei orientiert er sich an Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die schon im Mai die Impfung empfahl, und impft Schwangere ab der Schwangerschaftswoche 20 bis 22.

Ab da wisse man in der Regel, ob das Kind gesund ist. "Da spielt auch ein psychologischer Faktor mit." Denn dem Baby schade die Impfung nachweislich nicht. Schwangere würden zudem nur mit den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna geimpft und nicht mit den Vektorimpfstoffen von Johnson & Johnson und AstraZeneca, die nachweislich das Thromboserisiko erhöhen.

„Es gibt keinen Grund, sich nicht impfen zu lassen“

Obwohl er bislang nur gute Erfahrungen mit der Impfung von Schwangeren gemacht hat, eine eindeutige Empfehlung durch die Stiko wünscht er sich trotzdem. "Dann hätte man ein bisschen mehr Rückgrat." Dieser Wunsch könnte sich bald erfüllen: Die Stiko will noch bis Ende August entscheiden, ob sie eine Coronaimpfung für Schwangere empfiehlt.

Vor allem aus Israel und den USA gebe es aber ohnehin schon Erfahrungswerte, die zeigen, dass die Impfung in der Schwangerschaft meist ohne negative Folgen verläuft. "Deshalb gibt es keinen Grund, sich nicht impfen zu lassen.", so Quabs. "Im Hinblick auf den Dortmunder Fall und die aktuellen Zahlen, würde ich immer zur Impfung raten. Es sei denn, es gibt relevante Kontraindikationen." Ist letzteres der Fall, rät er dazu, das Umfeld zu impfen.

Auch Geimpfte können Schwangere anstecken

Aber auch wenn das Umfeld der Schwangeren geimpft sei, mahnt Quabs weiterhin zur Vorsicht: "Die Schwangere aus Dortmund muss sich ja irgendwo angesteckt haben. Das kann auch ein Geimpfter gewesen sein." Bei Geimpften entstehe häufig fälschlicherweise der Eindruck, dass nach der Impfung alles wieder normal sei. "Die müssen sich aber weiterhin richtig verhalten – auch wenn in der Familie alle geimpft sind. Das ist den meisten gar nicht so klar."

Impfskepsis unter Schwangeren nimmt der Gynäkologe nicht wahr. Es seien eher Frauen mit Kinderwunsch, die Bedenken hätten, dass sich die Impfung auf ihre Fruchtbarkeit auswirken könne. Diese Sorge sei jedoch völlig unbegründet.

Bei werdenden Müttern sei die Impfnachfrage deutlich gestiegen – nicht zuletzt auch wegen des Dortmunder Falls. Trotzdem sollten Schwangere nun nicht in Panik verfallen. "Ich verstehe, dass die Dortmunder Kollegen so eindringlich appellieren. So einen Fall mitzuerleben, ist schlimm. Dennoch: So etwas passiert, aber nur sehr selten."

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