Ausdrucksstark bis bizarr überzeichnend ist das Spiel von Jürgen Larys und Susanne Hocke.

© Günther Goldstein

Mord und Moral: Klassiker „Woyzeck“ im Theater für Schüler noch relevant?

rnKultur und Bildung

Kulturelle Bildung während der Pandemie ist schwierig. Schauspieler haben es sich zur Aufgabe gemacht, Schülern der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule den Literaturklassiker „Woyzeck“ nahezubringen.

Lünen

, 15.03.2022, 11:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das Drama Woyzeck von Georg Büchner ist keine leichte Kost. In der Szenensammlung geht es um Armut, Moral und Mord. Der schizophrene Soldat Franz Woyzeck braucht Geld für seine kleine Familie. Dafür lässt er sich von seinem Hauptmann als Diener herumschubsen und von einem skrupellosen Arzt entmenschlichenden Experimenten unterziehen. Als seine Partnerin ihn betrügt, entgleist die Situation.

Besprechung des Stücks mit den Schauspielern via Zoom

Schüler der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule aus Lünen haben das Stück in ihrem Wahlpflichtfach Darstellen und Gestalten besprochen und vorbereitet. Dazu wurden sie via Zoom-Konferenzen von zwei Schauspielern des artENSEMBLE Theaters Bochum durch den Stoff geleitet. „Die Figuren wurden durchleuchtet, wir haben über das Bühnenbild gesprochen und uns Fragen gestellt wie: Ist das Stück für uns immer noch relevant?“, erzählt Lehrerin Katarina Schatzschneider.

Am Mittwochmorgen (9. März) konnten die Schüler das Stück im Zuge einer Aufführung des artENSEMBLE Theaters auf der Studiobühne des Heinz-Hilpert-Theaters dann live erleben. Susanne Hocke und Jürgen Larys vom Ensemble stemmten die sechs Charaktere umfassende Inszenierung im Alleingang, indem sie immer wieder in die unterschiedlichen Rollen schlüpften.

Im Zuge des Nachgesprächs tauscht das Schauspielerduo Gedanken und Anregungen mit den Schülern zu "Woyzeck" und zum Theaterspielen als solches aus.

Im Zuge des Nachgesprächs tauscht das Schauspielerduo Gedanken und Anregungen mit den Schülern aus. © Günther Goldstein

Der depressive Grundton der fragmentarischen Erzählung von Georg Büchner übersetzt sich in der Interpretation des Ensembles in ein düsteres, bizarres Spiel, das immer wieder von leierkastenartigen bis beklemmenden musikalischen Zwischenspielen unterbrochen wird. Jürgen Larys greift bei der Musikauswahl unter anderem auf die Oper Wozzek von Alban Berg zurück, derer atonalen Leitmotive er sich für seine Zwischenspiele bedient. Die unterschwellige Angst, die den von Verfolgungswahn geplagten Protagonisten umtreibt, bleibt das ganze Stück über greifbar.

Erzählung auch nach 150 Jahren noch relevant

Die Frage, ob die 150 Jahre alte Erzählung „Woyzeck“ heutzutage noch relevant ist, bejaht Jürgen Larys. „Die Dinge, die Büchner beschreibt, also gerade diesen Kampf zwischen Lust und Verantwortung, finde ich nach wie vor total aktuell.“

Die Schüler betrachten das Stück da schon mit mehr Distanz. „Für uns ist das inhaltlich nicht so nah dran. Die Art von Armut, die in dem Stück beschrieben wird, findet man heutzutage eher in Ländern der dritten Welt“, sagt der 19-jährige Kai Schröder, der eine Vorabi-Klausur über das Stück geschrieben hat.
Trotzdem fanden sie die Vermittlung spannend: „Wir sind im Vorfeld die Mordszene mit den Schauspielern in einer Zoomkonferenz durchgegangen. Es war spannend zu sehen, wie das jetzt in echt aussieht“, erzählt die 14-jährige Nora-Paulina.

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