Zwei Mitarbeiter sind bereits wegen Tierquälerei verurteilt worden. Jetzt soll sich auch der Chef den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft stellen: Am Amtsgericht Lünen hat der Prozess gegen Marko Mecke begonnen. Den Mann, in dessen Tiersammelstelle in Werne Rinder gequält und unter unwürdigen Bedingungen ihre letzten Lebensstunden verbracht haben sollen.
Der 52-Jährige betrat den Gerichtssaal erhobenen Hauptes. Die vielen Kameras, die vor ihm unaufhörlich klickten, schien er gar nicht wahrzunehmen. Seinen Beruf gab er später mit „selbstständig“ an. Angaben zu seinem aktuellen Gehalt verweigerte er.
Erhobenen Hauptes in den Saal
In diesem Moment wird auch der Angeklagte nicht damit gerechnet haben, dass der Prozess schon gut eine Stunde später wieder zu Ende ist. „Schuld“ daran war Staatsanwältin Jennifer Preyss, die zunächst die Anklage gegen Marko Mecke verlas und danach noch einmal ums Wort bat. „Ich werde eine Nachtragsanklage gegen Sie erheben“, teilte sie dem 52-Jährigen mit. Die Staatsanwaltschaft sei zu dem Schluss gekommen, dass sich der Geschäftsführer auch sämtliche Taten seiner Angestellten zurechnen lassen müsse. Die neue Anklage umfasst 34 weitere Vorwürfe.

34 weitere Vorwürfe
Mit ihrer zweiten Anklage erwischte die Staatsanwältin die übrigen Verfahrensbeteiligten kalt. Die Vorsitzende Richterin Beatrix Pöppinghaus formulierte es vorsichtig: „Ich bin nicht sonderlich glücklich über den Zeitpunkt dieser Nachtragsanklage“, sagte sie. Alle hätten sich akribisch auf diesen Prozess vorbereitet und sich dabei auf die bisherigen Vorwürfe gegen Marko Mecke konzentriert.
Dass sich die Anzahl der dem Chef zur Last gelegten Taten nun mal eben von elf auf 45 erhöhe, bringe erhebliche Probleme mit sich, so Pöppinghaus. „Es dauert Zeit, sich darauf vorzubereiten“, so die Richterin. Und Zeit habe im Grunde keiner der Beteiligten.
Keiner hat Zeit
Verteidiger Martin Düerkop nahm diese Vorlage dankbar auf. „Wir werden der Verbindung der neuen Anklage mit diesem Verfahren nicht zustimmen“, sagte der Anwalt. Um sämtliche nun auf dem Tisch liegenden Vorwürfe aufzuklären, brauche man „deutlich mehr als drei Verhandlungstage“. Und die ließe sein Kalender erst im nächsten Jahr wieder zu.
Und so kam es, wie es kommen musste. Richterin Pöppinghaus setzte das Verfahren gegen Marko Mecke aus. Wenn neue Termine gefunden sind, geht alles noch einmal von vorne los. Sehr wahrscheinlich wird das mindestens bis zum März 2025 dauern.

Neustart wohl im Frühjahr
Bei den 34 zusätzlichen Anklagepunkten handelt es sich jedoch keinesfalls um neue, bisher unbekannte Vorwürfe. Vielmehr sind das die Taten, die bisher nur Meckes Mitarbeitern vorgeworfen wurden, von denen die Staatsanwaltschaft jetzt aber annimmt, dass sich auch der Chef diese zurechnen lassen muss.
„Er wusste von den rohen Misshandlungen in der Tiersammelstelle und kannte die Zustände“, so Jennifer Preyss. Als Hauptverantwortlicher habe Marko Mecke im Hintergrund die Organisationsgewalt gehabt.

Verantwortlich im Hintergrund
Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz, die den Mecke-Skandal im Sommer 2021 aufgedeckt hatte, reagierte auf die Aussetzung des Verfahrens mit gemischten Gefühlen. Einerseits sei es gut, dass auch dem Chef jetzt alles vorgeworfen werde. „Andererseits dauern Verfahren wegen Tierquälerei einfach viel zu lange“, sagte Mülln nach dem Prozess.
Dass er ohne seine Zeugenaussage gemacht zu haben wieder die lange Heimfahrt nach Franken antreten musste, störte den Tierschützer dagegen weiniger. „So ist das halt“, zuckte er mit den Schultern - und stieg in sein Auto.