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Lüner Wirtschaftsförderung: Brisante Details zu Püschel-Vorstoß
Politik in Lünen
Der Alleingang von WZL-Aufsichtsratschef Martin Püschel wird von dem Kontrollgremium der Wirtschaftsförderungszentrum Lünen GmbH mehrheitlich wie eine Kröte geschluckt - trotz neuer Infos.
Die breite Mehrheit des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung der Wirtschaftsförderungszentrum Lünen GmbH (WZL) nimmt den Alleingang von WZL-Aufsichtsratschef und SPD-Ratsherr Martin Püschel billigend in Kauf.
Das Thema sei auf der Aufsichtsratssitzung am 18. August schnell abgehakt gewesen, erfuhr unsere Redaktion aus gut informierten Kreisen:
„An einer Aufklärung war bis auf ein, zwei Ausnahmen, kein Mensch interessiert.“
Dabei lagen den Sitzungsteilnehmern Unterlagen vor, welche die bisherigen Aussagen Püschels in ein ganz anderes Licht rücken. Aber der Reihe nach:
Wie von unserer Redaktion berichtet, hat Martin Püschel ohne Rücksprache mit WZL-Geschäftsführer Eric Swehla und den Aufsichtsratsmitgliedern, zu denen auch Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns zählt, bei der Dortmunder Unternehmensberatung Expert-Consult ein „Angebot zur Erhebung und Empfehlung zur Zusammenarbeit zwischen der WZL/Lüntec und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) für den Kreis Unna mbH und zur Zukunftsstrukturierung der WZL/Lüntec“ eingeholt.
Pflichtverstoß oder Überblick?
Damit hat Püschel nach Meinung von Lünens Bürgermeister und WZL-Aufsichtsratsmitglied Jürgen Kleine-Frauns gegen seine Pflichten als Aufsichtsratschef verstoßen und die Diskussion um die Zukunft der Lüner Wirtschaftsförderung „völlig unnötig“ angeheizt.
Martin Püschel hingegen betont, dass er mit dem Angebot, von dem auch Lünens Erste Beigeordnete und Kämmerin Bettina Brennenstuhl wusste, dem WZL-Aufsichtsrat lediglich einen Überblick über mögliche Kosten verschaffen wollte.
Wirtschaftsförderer verweigert Unterschrift
Gegen diese Aussage spricht inzwischen, dass Martin Püschel den Geschäftsführer von Expert-Consult beauftragt hat, das Angebot WZL-Geschäftsführer Eric Swehla vorzulegen, damit dieser den rund 27.000 Euro teuren Auftrag unterschreibt. Das geht aus vertraulichen Unterlagen für die Aufsichtsratssitzung am 18. August, die unserer Redaktion vorliegen, hervor.
Laut diesen Unterlagen hat sich WZL-Geschäftsführer Eric Swehla geweigert das Angebot zu unterschreiben, weil die „Beauftragung gegen gängige Praxis im Konzern Stadt Lünen und gegebenenfalls auch gegen geltendes Vergaberecht verstoßen hätte“.
Demnach hat Püschel den Expert-Consult-Geschäftsführer Markus Wessel am 21. April dieses Jahres um ein „Angebot für eine Untersuchung zur Reorganisation der WZL“ gebeten. An diesem Tag veranstaltete Wessel einen Workshop für den Aufsichtsrat der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna mbH, dem auch Martin Püschel angehört.
Das Ganze geschah vor dem Hintergrund, dass sich Landrat und WFG-Aufsichtsratschef Mario Löhr - wie auch im Ältestenrat der Stadt Lünen im Januar - für eine einzige Wirtschaftsförderung im Kreis Unna, eventuell mit zwei Niederlassungen in Unna und Lünen stark macht.
Unterdessen hat der Kreis Unna erst am Montag (30. August) eine Pressemitteilung veröffentlicht, wonach die „Arbeit der WFG Kreis Unna positive Auswirkungen für die Region“ hat.
Durch die Arbeit der WFG seien zwischen Januar 2017 und März 2021 fast 5.000 Arbeitsplätze in den zehn Städten und Gemeinden des Kreises Unna entstanden, heißt es darin weiter.
Verantwortlich für die Untersuchung zeichnet die von der WFG beauftragte Unternehmensberatung Expert-Consult.
Martin Püschel schweigt
Martin Püschel machte zu der Aufsichtsratssitzung auf Nachfrage unserer Redaktion keine Angaben. Vielmehr verwies er auf folgende, von ihm unterzeichnete „gemeinsame Erklärung des Aufsichtsrates und der Gesellschafter der WZL“:
„Der Aufsichtsrat und die Gesellschafter der WZL GmbH missbilligen die Verletzung der Pflicht zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit durch die Weitergabe von vertraulichen Informationen an die Öffentlichkeit. Der Aufsichtsrat und die Gesellschafter werden Informationen ausschließlich dann veröffentlichen, wenn die Beschlüsse durch die Organe gefasst wurden.“
Unbeantwortet ließ Martin Püschel auch folgende Fragen unserer Redaktion:
- Haben Sie in den vergangenen Tagen überlegt, Ihren Aufsichtsratsposten bzw. ihr Ratsmandat niederzulegen?
- Bleiben Sie dabei, dass Sie keinen Pflichtverstoß begangen und ihre Kompetenzen als Aufsichtsratschef überschritten haben?
- Was ist eigentlich aus der Ankündigung der SPD-Ratsfraktion im November 2020 geworden, einen Antrag auf Prüfung der Organisations-Struktur der WZL im Stadtrat zu stellen - der Antrag wurde bis heute nicht gestellt. Warum?
SPD-Stadtverband ergreift Partei für Püschel
Weniger wortkarg zeigte sich vor wenigen Tagen Norbert Janßen, Vorsitzender des Lüner SPD-Stadtverbandes:
In einer von den Ruhr Nachrichten in der Printausgabe in Auszügen veröffentlichten Stellungnahme zu unserer Berichterstattung und einem Leserbrief dazu, brach Janßen eine Lanze für SPD-Ratsherr und WZL-Aufsichtsratschef Martin Püschel.
„Wir (Lüner SPD, Anm. d. Red.) können weder erkennen, inwiefern Herr Püschel die Interessen unserer Stadt hintergeht, noch wieso hier Lünen an den Kreis Unna ‚verkauft‘ wird. Auch den ‚Hochverrat‘ sehen wir an dieser Stelle nicht, wohl aber einen ‚Verrat‘ an ganz anderer Stelle.“
Weiter schreibt Nobert Janßen:
„Um noch etwas klar zu stellen: Martin Püschel hat zur Vorbereitung einer Aufsichtsratssitzung lediglich ein Angebot eingeholt. Hätte er eigenmächtig einen Auftrag vergeben hätte, hätte er tatsächlich ein echtes Problem. So aber bekommen Aufsichtsrat und Politik eine Information an die Hand, mit welchen Kosten für eine solche Untersuchung zu rechnen ist.“
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
