
Lorena Ratzke (Vordergrund) und Michaela Belling (Hintergrund) von der Taubenhilfe Lünen/Dortmund und Umgebung kümmern sich regelmäßig um die Tiere. © Maximilian Konrad
Lüner Taubenhilfe rettet Tiere und fühlt sich von Stadt hintergangen
Tiere in Lünen
Das Thema Taubenhaus erregte in Lünen die Gemüter. Die Pläne der Stadt sorgten bei der Taubenhilfe für Unverständnis und Ärger. Die Tierhelfer wünschen sich eine artgerechte Lösung.
Philip und Harry Nixdorf begeben sich in waghalsige Höhen. Sie klettern mehrere Meter die Leiter hoch, um unter die Stadttorbrücke zu schauen. Dort suchen sie nach Eiern von Tauben. „Wir tauschen diese mit künstlichen Eiern aus. Die richtigen Eier geben wir in die Natur zur Fütterung von anderen Tieren“, erklärt Andrea Komac vom Tierschutzverein Lünen.
An diesem Tag sind es vier Eier, die die Tierhelfer tauschen. „Es waren mal viel mehr. Die Population der Tauben in der Lüner Innenstadt ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen“, sagt Michaela Belling von der Taubenhilfe Dortmund/Lünen und Umgebung.
Tierschutzverein: „Wir wollen kein Luxushotel“
Und wenn das jemand wissen muss, dann sie: Seit drei Jahren kümmert sie sich regelmäßig um die Vögel. Jeden Sonntag trifft sich eine Gruppe aus Mitgliedern des Tierschutzvereins und der Taubenhilfe an der Stadttorbrücke, um den Tieren zu helfen. Neben dem Austausch der Eier werden kranke Geschöpfe herausgepickt und aufgepäppelt.

Vier Tauben-Eier hat Harry Nixdorf bei der Kletteraktion an der Stadttorbrücke gefunden. © Maximilian Konrad
Im Fokus: das Wohl der Tiere. Das liegt auch der Stadt Lünen am Herzen, das vor Kurzem Pläne eines Taubenhauses bekannt gab. Allerdings mit einem Haken: 64.000 Euro kalkuliert die Verwaltung in einem ersten Entwurf ein. Die reinen Baukosten belaufen sich auf 40.000 bis 45.000 Euro, Kosten für ein Bodengutachten und die Errichtung eines Fundaments werden mit 10.000 Euro beziffert und die Einfriedung mit 9000 Euro.
Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass das Taubenhaus noch nicht beschlossen wurde. „Es handelt es sich um eine Handlungsempfehlung, die der Ausschuss dem Rat gegeben hat. Der Rat muss sich mit diesem Thema auseinandersetzen und entscheiden, ob das Projekt mit Blick auf das städtische Budget am Ende umgesetzt werden kann“, teilt Pressesprecher Daniel Claeßen mit.
64.000 Euro für ein Taubenhaus – ein Preis, der für die Tierschützer deutlich zu hoch ist. „Wir wollen kein Luxushotel, sondern eine artgerechte Haltung. Uns reicht schon ein Bauwagen für 40 bis 50 Tiere. Es braucht keinen Taubenturm“, sagt Komac.
Steckt besonderes Kalkül hinter den Planungen der Stadt?
Belling ergänzt: „Es geht um ein einfaches Zuhause für die Tiere. Ein Ort, an dem wir die Eier weiterhin tauschen und artgerechtes Futter geben können.“ Sie sagt, dass die Tiere 80 Prozent des Tages in ihrem Taubenschlag verbringen würden. Daher würden sie dann in der Innenstadt weniger sichtbar sein.

Michaela Belling füttert jeden Sonntag die Tauben an der Stadttorbrücke in Lünen an. © Maximilian Konrad
Michaela Belling vermutet Kalkül hinter den Planungen der Stadt. „Wenn die Verwaltung kommuniziert, dass ein Taubenhaus solche Kosten verursacht und das Projekt dann Gegenwind aus der Bevölkerung erfährt, haben die Verantwortlichen einen Grund, das Projekt platzen zu lassen. Bei Kosten in anderer Höhe wäre das eine andere Sache.“
Als nächste Maßnahme plant die Stadt Lünen das Vergrämen – sprich das bewusste Vertreiben von Tieren. „Die Bereiche an den Fußgängerwegen unter der Stadttorbrücke sollen zeitnah vergrämt werden. Die Wirtschaftsbetriebe Lünen wurden bereits entsprechend beauftragt“, sagt Pressesprecher Claeßen.
Tierschützer fordern: Erst Taubenhaus, dann Vergrämung
Geplant ist die Vergrämung der Widerlager auf der Nordseite sowie der Leerrohre. Auf der Südseite werden auch Leerrohre vergrämt. Hintergrund für die zeitnahe Vergrämung sei der Sauberkeitszustand der Gehwege an der Unterführung, wie die Stadt vermeldet.

Philip schaut, ob Tauben unter der Stadttorbrücke Eier platziert haben. © Maximilian Konrad
Und genau gegen diese Vergrämung haben die Tierschützer Bedenken. „Die vollständige Vergrämung unter der Stadttorbrücke darf auf keinen Fall erfolgen, bevor das Taubenhaus errichtetet wird“, meint Andrea Komac.
Vor 2023 wird es das Taubenhaus jedoch nicht geben und eine Vergrämung plant die Stadt bereits zeitnah – allerdings in Anwesenheit von Vertreterinnen und Vertreter des Tierschutzvereins. „Sie sollen die Interessen des Tierschutzes im Rahmen dieser Maßnahme gewährleisten“, sagt Claeßen. Die Verwaltung werde einen entsprechenden Termin mit dem Tierschutzverein abstimmen.
Infos
- Der Tierschutzverein Lünen und die Taubenhilfe Lünen/Dortmund und Umgebung suchen noch Unterstützer und sind auf Spenden angewiesen.
- Kontakt Tierschutzverein: luenentierschutz@gmx.de; 01578 046 00 61
- Kontakt Taubenhilfe: taubenhilfe-dortmund-luenen@outlook.de
Gebürtiger Brandenburger. Hat Evangelische Theologie studiert. Wollte aber schon von klein auf Journalist werden, weil er stets neugierig war und nervige Fragen stellte. Arbeitet gern an verbrauchernahen Themen, damit die Leute da draußen besser informiert sind.
