Lüner Fraktionen zu Ermittlungen gegen Kleine-Frauns Kritik an Kommunikation im Fall Wolski

Lüner Fraktionen üben Kritik an Kommunikation im Fall Daniel Wolski
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Die Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Lünen (GFL)“ hat Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns am Dienstag (12. Dezember) aufgefordert, sein Amt „ruhend zu stellen“. Grund sind die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen Kleine-Frauns im Zusammenhang mit dem Fall Daniel Wolski. Wir haben bei den anderen Ratsfraktionen nachgefragt, wie sie zu der GFL-Forderung stehen.

Die CDU-Fraktion

Wie CDU-Fraktionschef Christoph Tölle der Redaktion schriftlich mitteilte, habe die CDU-Fraktion Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns aufgefordert, noch vor der Ratssitzung am Donnerstag (14. Dezember) zu einer Ältestenratssitzung einzuladen: „Wir erwarten in dieser Sitzung vom Bürgermeister eine vollumfängliche Information und dass er sich den Fragen der Fraktionsspitzen stellt. Es soll eine sachorientierte Aufklärung ohne Vorverurteilung erfolgen.“ Ohne diese, aus CDU-Sicht erforderliche Sitzung, schreibt Tölle weiter, „können wir uns dem Ansinnen der GFL nicht anschließen und halten diese Forderung für derzeit nicht angemessen“.

CDU-Fraktionschef Christoph Tölle
Die CDU um Fraktionschef Christoph Tölle fordert eine Ältestenratssitzung noch vor der Ratssitzung am 14. Dezember. © CDU Lünen

Die FDP-Fraktion

„Als FDP haben wir Probleme mit dem aktuellen Verhalten des Lüner Bürgermeisters, hierzu möchten wir differenzieren“, schreibt FDP-Fraktionschef Karsten Niehues. „Im Januar 2023, als der Bürgermeister unwidersprochen die E-Mail mit etwaigen Verfehlungen erhielt, wäre es nach unserer Auffassung richtiger gewesen, Herrn Wolski, von dem er schreibt, dass er amtsbedingt regelmäßiger im Rathaus verkehrte, zusammen mit der Rechtsabteilung über den Umstand dieses Schreibens zu informieren, nicht per WhatsApp (...).

Selbst wenn man bereit sei anzunehmen, schreibt Niehues weiter, dass der Bürgermeister in bestem Wissen im Januar die problematische E-Mail nicht weiter beachtete, so hätte es spätestens mit Festnahme des damaligen stellvertretenden Bürgermeisters einer Erklärung dergestalt bedurft, dass er hätte zugeben können, von dem Wahrheitsgehalt der an ihn im Januar versandten Mail überrascht worden zu sein und Aufklärungshilfe zu leisten, indem er diese Email an die ermittelnde Staatsanwaltschaft Bochum herausgegeben hätte.

„Bürgermeister Kleine-Frauns ließ sodann in der Presse verlautbaren, dass er auf eine schnelle Aufklärung hoffen würde, tat aber seinerseits nichts daran, an einem schnellen Ergebnis proaktiv mitzuwirken.“ Weiter schreibt Niehues: „Der Bürgermeister verlas in der Ratssitzung aus dem Rücktrittsgesuch des Herrn Wolski. Die FDP erbat Akteneinsicht, die nach heutigem Stand und den sich gleichsam überholenden Ereignissen nicht ausreichend gewährt wurde.“

„Der Lüner Bürgermeister teilte am 27. Oktober mit, er würde sich mit den Fraktionen über die Frage, wie es weitergehen würde, im Austausch befinden. Hier bleibt aus Sicht der FDP festzustellen, dass dem nicht der Fall ist. Wir erleben eine Hinhaltetaktik, verbunden mit spitzfindigen Äußerungen, die in der Sache nicht förderlich sind. Akteneinsicht wird nur unzureichend gewährt, selbstständige Informationen kommen nicht in einem angemessenen Maße“, so der FDP-Fraktionschef.

Bis heute sei nicht offiziell bekannt gegeben, wann die Polizei den Bürgermeister in dessen Büro aufgesucht hat und um die E-Mail geben hat: „Insgesamt ist das Verhalten des Bürgermeisters in dieser Stadt für uns nicht nachzuvollziehen, gerne hätten wir auf Überschriften in der Bild verzichtet, die da lauten: ,Hat der Bürgermeister seinen pädophilen Vize gewarnt?‘“

Die FDP habe sich zu dieser Sache beraten lassen. Grundsätzlich gelte auch für den Bürgermeister eine Unschuldsvermutung, schreibt der FDP-Fraktionschef: „Die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens löst eine Rücktrittspflicht (auch eine Pflicht, sein Amt ruhend zu stellen) nach uns vorliegender Information nicht zwingend aus. In der uns vorliegenden Stellungnahme heißt es aber wörtlich ‚Der Mandatsträger sollte das Wohl der Gesellschaft im Blick behalten und gegebenenfalls freiwillig eine entsprechende Entscheidung treffen.‘“ Es werde sich für alle Ratsmitglieder die Frage stellen, „ob wir am Donnerstag eine Sitzungsleitung des Bürgermeisters Kleine-Frauns unter den gegebenen Umständen wollen“.

Die Grünen-Fraktion

„Die Fraktionsmitglieder von Bündnis 90/Die Grünen haben die Ausführungen des Bürgermeisters diskutiert und wir sind insgesamt enttäuscht über den Vertrauensbruch, den die wiederholt zögerliche beziehungsweise fehlende Aufklärung durch den Bürgermeister unseres Erachtens darstellt“, schreibt Reiner Hohl, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.

Wie Hohl weiter schreibt, „hätten wir uns schon bezüglich seines Umgangs mit der anonymen Mail im Januar diesen Jahres aufgrund der Schwere der Anschuldigungen eine bessere oder klügere Vorgehensweise gewünscht. Ein Beispiel für ein angemessenes Verhalten wäre etwa gewesen, dass die E-Mail der Rechtsabteilung zugeleitet und mit dieser ein Vorgehen verabredet worden wäre, das nicht nur die Interessen des vermeintlichen Opfers einer üblen Nachrede, sondern vor allem auch die potenziellen Opfer der genannten Tat mehr in den Blick genommen hätte“.

Noch mehr aber zeigt sich die Grünen-Fraktion empört über „das Verhalten des Bürgermeisters angesichts der Festnahme Herrn Wolskis, die ihm offensichtlich keine Veranlassung bot, sein Wissen aus dem Januar mit den ermittelnden Behörden sowie den im Rat vertretenen Parteien als Vertreter der Öffentlichkeit zu teilen.“

Und weiter: „Indem er hier seiner großen Überraschung Ausdruck gab, hat er alle diejenigen in der Politik, die nach bestem Wissen und Gewissen für sich in Anspruch nehmen durften, von den Vorgängen nichts gewusst zu haben, nun in gewisser Art und Weise unglaubwürdig gemacht. Dem Ansehen der Stadt und ihrer ehrenamtlichen Vertreter hat er damit offensichtlich geschadet und der Politikverdrossenheit Vorschub geleistet“.

Das sehr taktische Vorgehen zum Beginn der letzten HFA-Sitzung, völlig überraschend ein Statement zu verlesen, passe in das Bild einer unzureichenden Informationspolitik, die nur das einräumt, was sich ohnedies nicht mehr zudecken lässt.

Weiter schreibt Hohl, dass man sich in den vergangenen Tagen mit den anderen Ratsfraktionen eng ausgetauscht habe: „Diesen Austausch wollen wir fortsetzen, um nach Möglichkeit zu einer gemeinsamen Haltung gegenüber dem Bürgermeister zu kommen. Hier steht auch die Frage im Fokus, wie wir uns angesichts der Störung des Vertrauensverhältnisses zu einer Wahrnehmung der Sitzungsleitung durch den Bürgermeister in der kommenden Ratssitzung verhalten wollen.“

Grünen-Fraktionsvorsitzender Reiner Hohl
Die Grünen-Fraktion um den Fraktionsvorsitzenden Reiner Hohl zeigt sich empört über das Verhalten des Bürgermeisters angesichts der Festnahme von Daniel Wolski. © Mack

Die Lüner SPD

„Jetzt ist die Stunde des Rechtsstaates. Ob ein strafbares Verhalten seitens des Bürgermeisters vorliegt, haben wir nicht zu beurteilen. Wir vertrauen darauf, dass die zuständigen Behörden ihre Ermittlungen zügig und mit der erforderlichen Sorgfalt zu einem Ergebnis führen“, schreibt Norbert Janßen, Vorsitzender des SPD-Stadtverbands Lünen, für Verband und Fraktion.

Eine abschließende politische Bewertung könne natürlich nur aufgrund von Tatsachen im Anschluss erfolgen. In seinem Statement zur Verhaftung seines Stellvertreters hätte Herr Kleine-Frauns durchaus schon erklären können, dass er bereits im Januar 2023 einen entsprechenden Hinweis hatte und wie er darauf reagiert hat, schreibt Norbert Janßen weiter.

„Dies nun scheibchenweise an die Öffentlichkeit zu kommunizieren, weil diese Information kurz vor einer Presseveröffentlichung steht, ist einer glaubwürdigen Amtsführung des ‚Ersten Bürgers unserer Stadt‘ jedenfalls nicht zuträglich. Es ist nun am Bürgermeister sich zu der Forderung seiner ehemaligen Wählergemeinschaft zu verhalten.“

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