Innovatherm ist spezialisiert auf die Verbrennung von Klärschlamm. Um dabei, wie vom Gesetzgeber gefordert, künftig mehr Phosphor gewinnen zu können, muss die Firma in Lünen investieren.
Der von der Lüner Innovatherm GmbH geplante Bau einer Trocknungsanlage für Klärschlamm am Firmensitz an der Frydagstraße verzögert sich:
Ursprünglich wollte der - nach eigenen Angaben - Betreiber von Deutschlands größter Klärschlamm-Verbrennungsanlage mit dem millionenschweren Bau schon in der zweiten Jahreshälfte 2019 beginnen, die Inbetriebnahme war für Ende 2020 geplant. Jetzt soll der Startschuss für den Bau „in 2020“ fallen, die Anlage dann 2020/21 in Betrieb gehen.
Ob es tatsächlich so kommt, bleibt abzuwarten. Denn gegen den Bau der Anlage, der sich laut Innovatherm-Geschäftsführer Falko Lehrmann wegen des komplexen Genehmigungsverfahren verzögert habe, formiert sich Widerstand aus Teilen der Bevölkerung.
Feinstaubsituation macht Sorgen
Wie Michael Krippes, Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Kelmbach, am Dienstag (12.11.) im Gespräch mit unserer Redaktion sagte, haben „die Mitglieder in einer Gemeinschaftsaktion 61 Einsprüche an die Bezirksregierung Arnsberg geschickt“.
Die Siedler befürchteten unter anderem, sagte Krippes weiter, dass sich die Feinstaubsituation an der Frydagstraße durch das mit dem Bau der Trocknungsanlage höhere Verkehrsaufkommen noch weiter verschlechtert.
Laut eines von Innovatherm in Auftrag gegebenen Verkehrsgutachtens rund um die Anlage an der Brunnen-/Frydagstraße würde eine Steigerung der LKW-Fahrten von 50 auf 90 die Woche zu keinen spürbaren Veränderungen oder Verschlechterungen der Verkehrsverhältnisse führen.
Schlechteste Werte bundesweit
Wie vom Bundesumweltamt festgestellt und von unserer Redaktion berichtet, finden sich die schlechtesten Feinstaub-Messwerte in Deutschland an der Frydagstraße in Lünen. Entsprechende Zahlen hatte die Behörde Anfang dieses Jahres veröffentlicht.
Danach sind die Lüner Feinstaub-Werte von der Frydagstraße die schlechtesten aller 564 Mess-Stationen der Bundesrepublik: im Mittel lag der Wert bei 30 µg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter), an 36 Tagen wurde der Grenzwert von 50 µg/m³ überschritten. Der Grenzwert darf aber nur an 35 Tagen überschritten werden. Grund genug für die Siedlergemeinschaft, „Alarm zu schlagen“.
Probleme, was das erhöhte Verkehrsaufkommen angeht, sieht auch die SPD-Ratsfraktion, ansonsten findet sie nur lobende Worte für die Erweiterungspläne des Unternehmens.
SPD: Vorzeigeprojekt für die Stadt
In einer Pressemitteilung der SPD-Ratsfraktion, verfasst nach einem Besuch bei Innovatherm, heißt es: „Ein Vorzeigeprojekt für die Stadt Lünen, das alle Umweltstandards einhält, die strengen gesetzlichen Grenzwerte unterschreitet und dabei Arbeitsplätze sichert und neue schafft.“
Auf die Frage der Sozialdemokraten, ob es eine Art Betriebskonzept für den an- und abfahrenden LKW-Verkehr gebe, um die Innenstadt und ihre Stadtteile zu schonen, wird Innovatherm-Geschäftsführer Falko Lehrmann wie folgt zitiert:
„Die meisten LKW-An- und Abfahrten kommen vom Mutterkonzern Betrem aus Bottrop und erfolgen ausschließlich über die Autobahn B 236 und tangieren die Innenstadt nicht.“ Ähnlich hatte sich Lehrmann schon im Dezember vergangenen Jahres im Gespräch mit unserer Redaktion über das Bauvorhaben geäußert.
Mit dem Bau der Trocknungsanlage will sich Innovatherm fit für die Zukunft machen. Dazu hatte Lehrmann damals gesagt:
„Die neue Klärschlammverordnung schreibt bis auf wenige Ausnahmen ab 2029 die Rückgewinnung des in den kommunalen Klärschlämmen enthaltenen Phosphors zwingend vor. Darauf wollen wir uns vorbereiten.“
Einladung zu Erörterungstermin
Das bedeutet soviel wie: Mit der Trocknungsanlage soll dem Klärschlamm künftig so viel Wasser wie möglich entzogen werden, um damit den Heizwert zu erhöhen - ohne Zugabe von zum Beispiel Heizöl oder Kohle, wie das bislang passiert. Am Ende des gesamten Prozesses soll dann deutlich mehr Phosphor zur Wiederverwertung zur Verfügung stehen - Stichwort Kreislaufwirtschaft.
Zu dem geplanten Bau der Trocknungsanlage und den vorliegenden Einwänden findet laut öffentlicher Bekanntmachung der Bezirksregierung Arnsberg ein Erörterungstermin statt.
Und zwar am Montag, 2. Dezember, ab 10 Uhr in der Lichthalle des Technologiezentrums Lüntec in Brambauer, Am Brambusch 24. Die Erörterung kann sich über mehrere Tage hinziehen, wenn nötig.
Konstruktiver Dialog
Falko Lehrmann ist gespannt, wie viele Menschen den Termin wahrnehmen. „Zu der Infoveranstaltung unseres Unternehmens im Dezember 2018 ist lediglich eine Person erschienen“, sagte der Innovatherm-Chef am Dienstag (12.11.).
Was die Bedenken besorgter Bürger angeht, dazu sagte Lehrmann, dass Innovatherm alle Einwendungen ernst nehme: „Ich hoffe auf einen konstruktiven Dialog im Dezember.“
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
