Lünens Bürgermeister und der Wolski-Chat Staatsanwaltschaft: Anklage immer noch möglich

Bürgermeister und der Wolski-Chat: Anklage laut Staatsanwaltschaft immer noch möglich
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Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt immer noch gegen Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns (parteilos) wegen des Verdachts der Weitergabe von Dienstgeheimnissen sowie versuchter Strafvereitelung im Zusammenhang mit dem Missbrauchsfall Daniel Wolski.

Wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft jetzt im Gespräch mit unserer Redaktion sagte, könnten die Ermittlungen auch noch einige Wochen andauern. Wie lange, dazu machte die Sprecherin keine Angaben. Nach wie vor sei offen, ob das Verfahren eingestellt oder aber Anklage gegen Lünens Bürgermeister erhoben werde. Auch dazu machte die Sprecherin auf Nachfrage keine weiteren Angaben.

Dass sich die Ermittlungen derartig in die Länge ziehen, liegt den Angaben zufolge unter anderem daran, dass neben der federführenden Staatsanwaltschaft Dortmund die Generalstaatsanwaltschaft Hamm und zwei Ministerien aufgrund der Gesetzeslage (§ 353b Abs.4 StGB) in den Fall involviert sind.

Wie berichtet, handelt es sich bei den Ministerien um das nordrhein-westfälische Justizministerium und das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung (beide Düsseldorf), mit denen die Staatsanwaltschaft regelmäßig im Austausch ist.

Lünens ehemaliger stellvertretender Bürgermeister Daniel Wolski (SPD) war am 14. Mai 2024 wegen Kinderpornobesitzes und sexuellen Missbrauchs zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, zeitgleich nach 201 Tagen aus der U-Haft entlassen worden.
Lünens ehemaliger stellvertretender Bürgermeister Daniel Wolski (SPD) war am 14. Mai 2024 wegen Kinderpornobesitzes und sexuellen Missbrauchs zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, zeitgleich nach 201 Tagen aus der U-Haft entlassen worden. © Philipp Pohl (Archiv)

Ermächtigung nötig

Laut Strafgesetzbuch bedurfte es nach Angaben der Sprecherin der Staatsanwaltschaft Dortmund einer „Ermächtigung“ der Ministerien zur Tatverfolgung. Allein die Erteilung dieser Ermächtigung habe sich von Mitte September bis Dezember 2023 hingezogen.

Scharfe Kritik an den Ermittlungen hatte nicht nur Kleine-Frauns selbst, sondern zuletzt auch sein Anwalt Peter Wehn von der Kanzlei „Minoggio - Wirtschafts- und Steuer-Strafrecht“ (Hamm, Münster) in einer Pressemitteilung Mitte März dieses Jahres geäußert. Darin beteuert Wehn, dass sein Mandant unschuldig sei und sich nicht strafbar gemacht habe, das gesamte Verfahren rechtsstaatlich inakzeptabel sei.

Zu Wehns Kritik hatte es seinerzeit bei der Staatsanwaltschaft Dortmund nur geheißen, dass es das gute Recht des Anwalts sei, sich öffentlich zu äußern: „Vermutlich kennt er sich mit unserer Arbeit nicht so genau aus.“

Hinweise ignoriert?

Wie berichtet, hatte Lünens Bürgermeister im Januar 2023 Hinweise auf Fehlverhalten seines Stellvertreters Daniel Wolski, die er per Mail erhalten hatte, in den Papierkorb verschoben und Wolski danach vor einer Verleumdungskampagne gewarnt. Nach Recherchen unserer Redaktion enthielt die Whats-App-Nachricht von Jürgen Kleine-Frauns an Daniel Wolski folgenden Inhalt:

Hallo Daniel, die fotografierte Mail ist kurz nach 18 Uhr in meinem Postfach buergermeister@luenen.de eingegangen. Weil mehrere Personen Einblick in das Postfach haben, habe ich sie ausgedruckt und anschließend gelöscht. Über die E-Mail werde ich mit niemandem sprechen. Ich sende sie Dir zu Deiner Information. Glückauf.“

Auf diese Nachricht hatte Wolski „etwa eine Stunde später mit dem wörtlichen Kommentar reagiert, dass das ja ‚unglaublich‘ ist“ - nachzulesen in der Stellungnahme von Kleine-Frauns vom 8. Dezember 2023. Der Chatverkehr kam an mehreren Prozesstagen gegen Daniel Wolski am Landgericht Bochum zur Sprache - so auch am Dienstag (9. April), als der Vorsitzende Richter Nils Feldhaus aus Wolskis Kalendereinträgen unter anderem zitierte: „JKF Danke sagen, wenn alles gutgegangen ist.“ Wobei es sich bei „JKF“ offenbar um Jürgen Kleine-Frauns handelt - Lünens Bürgermeister.

Haftstrafe

Der voll geständige Daniel Wolski war am 14. Mai 2024 wegen Kinderpornobesitzes und sexuellen Missbrauchs vom Landgericht Bochum zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, zeitgleich nach 201 Tagen aus der U-Haft entlassen worden. Wolski und seine Anwälte hatten vergeblich auf eine Bewährungsstrafe gehofft. Sowohl Wolskis Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Ziel der Revision auf Seiten der Verteidigung ist wohl eine Reduzierung des Strafmaßes. Die Staatsanwaltschaft dürfte hingegen mit ihrer Revision vor allem rechtlich gegen den Teilfreispruch für Wolski im Fall eines geplanten Sextreffens mit einem zwölfjährigen Kind ankämpfen.

Bis zu einer Revision durch den Bundesgerichtshof (BGH, Karlsruhe) können nach Angaben eines Gerichtssprechers vom Mai dieses Jahres neun bis zwölf Monate vergehen. Solange bleibt Daniel Wolski auf freiem Fuß.