„Kommse rein!“ und „Kommse wieder!“ Lünen grüßt Gäste an den Ortseingängen auf Ruhrdeutsch

„Kommse rein!“ und „Kommse wieder!“: Neuer Gruß an den Ortseingängen
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Jeden Morgen hat die lustige Omi mit der grauen Dauerwelle alle begrüßt, die über die Cappenberger Straße nach Lünen hineinfuhren. Von der mintgrün gerahmten Motivtafel wenige Meter hinter dem Ortseingangsschild hinab spreizte sie Daumen und Zeigefinger der rechten Hand: eine Geste, die für L wie Lünen steht, genauer gesagt: für „mein Lünen“. So hieß die Imagekampagne, die die Stadt 2015 gestartet hat. Nicht irgendwelche Models von irgendwoher, sondern Menschen aus der 87.000-Einwohnerstadt selbst warben für ihre Heimat: mit ansteckendem Lachen und mit dem L-Gruß. Damit ist nach knapp zehn Jahren Schluss. Ein Abschied ohne Sentimentalität und ohne Öffentlichkeit.

Die lustige Omi ist heimlich ausgetauscht worden gegen einen Drachen. Nicht einen, der Feuer speit, sondern der friedlich im Himmel schwebt: auch ein echtes Lüner Motiv. Wer sofort an das jährliche Lüner Drachenfest auf den Lippewiesen denkt, erweist sich als ortskundig: jemand, der auf Du und Du steht mit dem drachenstarken Lünen. „Erlebe Dein Lünen“, lädt die Tafel ein. Alle anderen, die dem „Tor zwischen Münsterland und Ruhrgebiet“ nicht so eng verbunden sind, werden vorsichtshalber gesiezt, aber auf Ruhrdeutsch, was die Sache gleich herzlicher macht: „Kommse rein!“ Und auf der anderen Seite „Kommse wieder!“

Da am Ortseingang kurz hinter dem Friedhof Tempo 30 gilt, haben alle, die mit dem Auto des Weges kommen, auch noch die Muße, die Textzeile zu lesen, die am kleinsten ist. Sie besteht aus dem Kunstwort #Lünerleben: ein Sprachspiel, das offenbar lebendiges Erlebnis versprechen will sowie weitere Informationen. Letztere lassen zurzeit noch auf sich warten. In den Sozialen Medien ist unter dem Hashtag bislang zumindest noch nichts über die neuen Schilder zu finden. Und bei der Pressestelle der Stadt auch nur auf Anfrage zu erfahren.

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„Nicht mehr zeitgemäß“

Stadtsprecher Daniel Claeßen hängt die Sache nicht so hoch: Es handele sich nicht um eine neue Imagekampagne. Die Stadt Lünen überarbeite derzeit, „generell ihren Auftritt und passt dabei auch Logos und Motive an“. Die jetzt endgültig in Rente geschickten L-Motive mit Daumen und Zeigefinger hätten schon längere Zeit keine Verwendung mehr gefunden. Claeßen bezeichnet sie nach zehn Jahren als „nicht mehr zeitgemäß“.

Die Sache mit der L-Geste

Missverständlich waren sie schon immer. Nicht etwa, weil die hochgestreckte Geste von Zeigefinger und Daumen als „bitte zwei Bier“ gelesen werden kann. Das L steht auch für „Loser“, also Verlierer. Was hierzulande meist ein augenzwinkernder Scherz ist, gilt in Japan als Beleidigung. Um weder Alkoholkonsum noch internationale Spannungen fördern zu wollen, war das sympathisch gemeinte Zeichen der Identifikation mit der eigenen Stadt Stück für Stück in den Hintergrund getreten und jetzt ganz verschwunden. Nichts, was ein Gremium hätte beschließen müssen, wie Claeßen betont: „Die notwendige Instandhaltung und Wartung der Pylonen stellen ein Geschäft der laufenden Verwaltung dar.“

Manfred Schröter gehörte 2015 zu den Lünern, denen das damals gerade eingeführte L-Zeichen für "Mein Lünen" durchaus gefallen hat. Inzwischen ist das Zeichen aus dem Stadtbild verschwunden.
Manfred Schröter gehörte 2015 zu den Lünern, denen das damals gerade eingeführte L-Zeichen für "Mein Lünen" durchaus gefallen hat. Inzwischen ist das Zeichen aus dem Stadtbild verschwunden. © Magdalene Quiring-Lategahn

Die Motive und Texte auf den Schildern hat kein Designbüro ersonnen. „Um Kosten für eine externe Beschaffung zu sparen“, habe das Rathaus eigene Kräfte aktiviert: Stadtmarketing und Stabsstelle Kommunikation. Das Ergebnis ist nicht nur auf den fünf Ortseingangstafeln zu sehen, sondern auch auf Plakaten, Flyern und digitalen Veröffentlichungen. Auch wenn die Motive unterschiedlich sind, sei das Bild, das Lünen von sich präsentieren will, stets das gleiche, so Claeßen: „Eine moderne, vielfältige und innovative Stadt.“

Während sich die Stadt sonst zurückhält, Kosten zu beziffern, nennt sie sie im Fall der Ortseingangstafeln ohne Vorbehalte: „Der Druck der Aufkleber inklusive Anbringung hat 4235,86 Euro brutto gekostet, also rund 847 Euro pro Pylon. Bei einer Nutzungszeit von mindestens fünf Jahren sind es 170 Euro pro Jahr pro Pylon.“