Dass es sehr sportlich werden würde, war klar. Jetzt steht fest: Es ist unmöglich. Die Stadtverwaltung Lünen wird es nicht schaffen, bis zum 6. März das vom Kreis Unna abgeordnete Haushaltssicherungskonzept (HSK) vorzulegen: dieses Papier, in dem eine in finanzielle Schieflage geratene Stadt der Bezirksregierung darlegen muss, wie sie zum nächstmöglich zu bestimmenden Zeitpunkt den Haushaltsausgleich wieder herstellen will.
Für Lünen wird das auch ohne Zeitdruck eine Riesenherausforderung werden. Denn die „finanzielle Lage ist katastrophal“, wie Kämmerer André Jethon schon im Dezember 2024 mit Blick auf die 58-Millionen-Euro-Lücke befand - zu einem Zeitpunkt, als er noch davon ausging, dass Lünen erst 2026 in die Haushaltssicherung rutschen würde. Ein Irrtum, wie der Kreis Unna als Kommunalaufsicht Ende Januar überraschend mitgeteilt hat. Von diesem Zeitpunkt an mussten Jethon und sein Team im Lüner Rathaus neu rechnen: ein noch laufender Prozess, von dem lediglich feststeht, dass er nicht bis zur März-Sitzung abgeschlossen sein wird.
„Nach intensiver rechtlicher und verfahrensmäßiger Prüfung“ sei die Verwaltung zu der Erkenntnis gelangt, dass nicht ausreichend Zeit bleibe „für eine pünktliche Vorlage eines genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzeptes“, teilt Stadtsprecher Daniel Claeßen auf Anfrage mit. Eine Verschiebung werde daher aus Sicht der Verwaltung unumgänglich sein. Nichts von beidem hat die Stadtverwaltung bislang öffentlich mitgeteilt: weder die Notwendigkeit, ein HSK aufstellen zu müssen, noch die Tatsache, damit nicht rechtzeitig fertig zu werden. Die Informationen hat Jethon bislang lediglich den Ratsmitgliedern in vertraulichen Briefen gegeben. Das soll sich jetzt ändern - mit Konsequenzen für Bürgerinnen und Bürger.
Ältestenrat berät Vorgehen
Am Dienstag (25.2.), während der nächsten Sitzung des Ältestenrates - ein Gremium, das immer nichtöffentlich tagt -, wollen Verwaltung und Politik erst einmal über das weitere Vorgehen sprechen. Zwei Tage später tagt der Haupt- und Finanzausschusses (27. 2., 17 Uhr im Rathaus). Dann will Kämmerer Jethon „einen ausführlichen Bericht zur aktuellen Situation und zum weiteren Vorgehen“ abgeben, so Stadtsprecher Claeßen. Dabei werden auch die kommunalen Steuern thematisiert werden.
Was bereits jetzt als wahrscheinlich gilt: Alle, die im Januar Steuerbescheide bekommen haben, werden wohl Mitte des Jahres erneut Post von der Stadt erhalten - mit Korrekturen, wie es bei der Stadtverwaltung ganz wertneutral heißt. Was ursprünglich als Entlastung gedacht war, könnte sich aber noch als Anhebung entpuppen.
Differenzierte Hebesätze
Aktuell gelten folgende Hebesätze: 760 v. H. für die Grundsteuer B für bebaute Grundstücke (seit 2024), 390 v. H. für die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke und 490 v. H. - und damit mehr als der Landes- und Bundesdurchschnitt - für die Gewerbesteuer. Lünen hatte 2023 die von Immobilien-Eigentümern und indirekt auch von Mieterinnen und Mietern zu zahlende Grundsteuer B von 600 auf 620 Punkte angehoben, 2024 folgte dann der Sprung auf 760 Punkte. Auch wenn die Steuerbescheide für 2025 auf dem selben Niveau liegen wie zuvor, müssen viele Eigenheimbesitzer tiefer in die Tasche greifen - wegen der Grundsteuerreform.
Der Grund: Der von jeder Stadt und Gemeinde festzulegende Hebesatz ist nur ein Faktor bei der Berechnung der Steuer. Maßgeblich ist der im Zuge der Grundsteuerreform neu festgelegte Grundsteuermessbetrag, der beeinflusst wird durch Größe, Alter, Zustand des Hauses und Grundstückswert. Dieser Wert wird mit dem von der Kommune festgelegten Hebesatz multipliziert und durch 100 geteilt. Unterm Strich steht bei vielen Eigentümern von Wohnimmobilien jetzt ein höherer Wert als bislang, während Eigentümer von Gewerbeimmobilien oft weniger zu zahlen haben: eine Ungerechtigkeit, wie Lüner Politikerinnen und Politiker im Dezember befanden.
Sie hatten sich in der letzten Sitzung des Jahres 2024 deshalb dafür ausgesprochen, differenzierte Hebesätze einzuführen, die Nichtwohngrundstücke stärker besteuern, während Eigentümer von Wohngrund entlastet werden - vorausgesetzt, die Stadt dreht muss nicht erneut an der Steuerschraube drehen - wohl oder übel. Denn das von der Bezirksregierung zu genehmigende Haushaltssicherungskonzept greift in die kommunale Finanzhoheit ein.
Nur Unaufschiebbares erlaubt
Die ist jetzt schon eingeschränkt, ohne dass das Haushaltssicherungskonzept schon beschlossen und genehmigt wäre. Denn so lange - also vermutlich bis Ende Juni - befindet sich Lünen in der haushaltslosen Zeit: eine entbehrungsreiche Phase, in der laut Gemeindeordnung „Kommunen ausschließlich Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten dürfen, zu denen sie rechtlich verpflichtet sind oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind“. Der laufende Betrieb von Versorgungs- und Verkehrseinrichtungen, von Spiel-, Sport- und Erholungsanlagen, von Schulen, von sozialen und kulturellen Einrichtungen sei aber „grundsätzlich nicht gefährdet“ versichert die Pressestelle auf Anfrage.
