Stadt Lünen löscht Foto mit Innenminister Reul und Dezernent Klicki Erklärungsnot im Rathaus

Stadtverwaltung löscht Foto mit Innenminister Reul: Erklärungsnot
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Vermutlich haben es nur wenige auf den Social-Media-Seiten der Stadt Lünen wirklich registriert: ein Gruppenbild mit lächelnden Männern vor einem roten Auto: Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul, Lünens Feuerwehrdezernent Christian Klicki sowie Tim Kewitz und Tim Babucke von der Feuerwehr Lünen. Alle lächeln in die Kamera. Der Anlass: die Übergabe des 69.000 Euro teuren Mannschaftstransportfahrzeuges (MTF) für die vor einem Jahr gegründete Kinderfeuerwehr Lünen. Erst nachdem diese Aufnahme plötzlich wieder verschwunden ist, zieht sie Aufmerksamkeit auf sich: mehr als manchem im Rathaus lieb sein dürfte.

„Ich wollte meinem Bruder das Bild zeigen, da war es plötzlich nicht mehr da“, sagte Paul Jahnke (CDU) während der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Ordnung. Was denn dagegen gesprochen habe, den Innenminister zu zeigen - zumal der doch mit einem Förderbetrag in Höhe von 48.000 Euro dafür gesorgt habe, dass die Kinderfeuerwehr trotz Lüner Haushaltsmisere ihr rund 70.000 Euro teures Fahrzeug bekommen habe?

Eine Antwort erhielt Jahnke während der Sitzung am 19. November nicht. Er könne dazu nichts sagen, teilte Klicki den Politikerinnen und Politikern im Sitzungssaal ungewohnt einsilbig mit. Da müsse man mal bei der Pressestelle der Stadt nachfragen, die für die Löschung verantwortlich sei. Genau das tat auch diese Redaktion. Die Antwort hat fast zwei Wochen auf sich warten lassen und fällt knapp aus.

Die Kinderfeuerwehr Lünen in Aktion.
Die Kinderfeuerwehr Lünen in Aktion. © Stadt Lünen

„Nur über Pressestelle“

„Die städtische Öffentlichkeitsarbeit von Terminen mit MinisterInnen erfolgt ausschließlich über die Pressestelle“, erklärt Stadtsprecher Daniel Claeßen. „Veröffentlichungen werden von uns immer auch mit den Ministerien abgestimmt.“ Und weiter: „Beides war hier nicht der Fall, weshalb das Posting offline genommen wurde.“ Warum es dann auch bis heute offline blieb, ließ er offen.

Die Abstimmung mit Düsseldorf dürfte schließlich eine reine Formsache und mit einem Anruf erledigt sein. Dass es im Ministerium Bedenken geben könnte, den obersten Dienstherrn als Unterstützer der Feuerwehr, insbesondere der Kinderfeuerwehr, zu zeigen, muss als unwahrscheinlich gelten. Im Netz gibt es zahlreiche Aufnahmen, die Herbert Reul bei vergleichbaren Anlässen in anderen NRW-Kommunen zeigen. Fotos, die ihn neben Christian Klicki zeigen, gibt es ebenfalls. Bevor Klicki in diesem Jahr nach Lünen gezogen ist, war er mit Reul zusammen im Bezirksvorstand der CDU Bergisches Land.

Kleine-Frauns contra Klicki

Ob die Pressestelle der Stadtverwaltung auf Anweisung des Bürgermeisters das Foto von der Seite genommen hat oder aus eigenem Antrieb, ist nicht bekannt. Spekulationen dazu sind in der Lüner Politik aber über Parteigrenzen hinweg zu hören, angeheizt durch den seit mehr als zwei Monaten schwelenden Streit zwischen Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns (parteilos) und dem Feuerwehrdezernenten und Beigeordneten Dr. Christian Klicki (CDU).

Der Zwist hatte sich an Klickis Kandidatur für das Lüner Bürgermeisteramt entzündet. Damit war der einst engste Mitarbeiter von Kleine-Frauns zu dessen Konkurrenten bei den Kommunalwahlen am 14. September 2025 geworden: etwas, das den Bürgermeister offenbar tief verletzt hat, wie seine wiederholten langen Auslassungen darüber auf seinen privaten Seiten in den sozialen Medien zeigen. Interviewanfragen dieser Redaktion und des WDR hat er dagegen ausgeschlagen.

Kompetenzen überschritten?

Auf der offiziellen Seite der Stadt Lünen - also die Seite, die die Pressestelle verantwortet - ist seit dem 4. Oktober von einem „grundsätzlich in Frage gestellten“ Vertrauensverhältnis des Bürgermeisters zu Klicki die Rede. „Um die Stadt vor Schaden zu bewahren und die Einheitlichkeit der Verwaltungsführung sicherzustellen, sei es aus Sicht des Bürgermeisters deshalb nun erforderlich, für den Rest der laufenden Amtszeit die Zuständigkeiten und Kompetenzen zu überdenken, die der Bürgermeister bei der Bildung des neuen Dezernats V im Vertrauen auf die Loyalität von Christian Klicki diesem überlassen hatte“, heißt es weiter.

Ob und wann er diesem Überdenken Taten folgen lassen und Klickis „Zuständigkeiten und Kompetenzen“ beschneiden will, ist bislang offen. Das Hochladen eines Fotos des Innenministers mit dem Feuerwehrauto hatte scheinbar noch nie zu den Kompetenzen des Feuerwehrdezernenten gehört, ist also keine Reaktion auf die Ankündigung des Bürgermeisters.

36 Mädchen und Jungen aktiv

Paul Jahnke, der das Löschen des Fotos öffentlich gemacht hatte, findet es schade, dass sich die Aufnahme nicht mehr auf der städtischen Seite befindet. Weil mit ihr ja auch die Information über die an dieser Stelle gute Zusammenarbeit mit der Landesregierung und über die erfolgreiche Entwicklung der am 1. Dezember 2023 gegründeten Kinderfeuerwehr gelöscht worden sei. Letztere lieferte Klicki im Ausschuss.

Angefangen habe die Kinderfeuerwehr mit 20 Kindern, derzeit seien dort 36 Mädchen und Jungen im Alter zwischen sechs und elf Jahren aktiv. Bald 40. Die jungen Nachwuchs-Feuerwehrleute kennen sich inzwischen aus mit Feuerwehrtechnik, Erste Hilfe, Sonderfahrzeugen und mit Straßenverkehr: Wissen, das ihnen Stadtkinderfeuerwehrwart Tim Babucke und andere Feuerwehrleute kindgerecht vermitteln. Während der Gruppenstunden stehen aber auch Spiele, Bastelaktionen und Ausflüge auf dem Programm - künftig auch mit dem neuen Mannschaftstransportfahrzeug.

Nicht nur die Gruppenstärke der Kinderfeuerwehr ist im zurückliegenden Jahr gewachsen, sondern auch ihre Ausstattung: dank eines Anhängers, den die Lions bereitgestellt haben, der Ausstattung für Übungsdienste, die die Lüner Firma Homecare und Medizintechnik (HUM) gespendet hat und dank des Mannschaftstransportwagens, der durch die Förderung des Innenministers gekauft werden konnte. Alles „Erfolge, die uns stolz machen“, schreibt Feuerwehrdezernent Klicki. Das ist zu lesen auf seinen eigenen Social-Media-Accounts. Auf denen der Stadt nicht mehr.