Die Lolli-Schnelltests sind auch in der neuen Variante unzuverlässig, sagen Leiterin Sabine Raphold und die Erzieherinnen Michaela Korte und Aldona Thomas von der Kita St. Norbert in Lünen. Die Laune lassen sie sich davon aber nicht verderben, wenn auch der Unmut wächst: "Die Kinder brauchen uns!"

© Daniel Magalski

Lolli-Test fällt wieder durch - auch in Lüner Kitas wächst der Unmut

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In Kitas in Lünen sind seit dieser Woche die neuen Lolli-Schnelltests im Einsatz. Die Test sollen sensitiver sein und Omikron können - wir machen mit einem infizierten Lüner den „Test-Test“.

Lünen

, 21.01.2022, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Halsschmerzen! Thomas Mertens* aus Lünen ahnt da am Dienstagabend schon, dass es kein einfacher Winter-Infekt ist, sondern Corona. Sohn Martin ist seit zwei Tagen am Virus erkrankt, er brachte die Infektion aus der Kita mit nach Hause. Kitas stehen auch in Lünen aktuell immer wieder im Fokus des Infektions-Geschehens - und die Kritik an den neuen Lolli-Schnelltests.

Die Lolli-Tests von AmonMed ist, so steht es auf der Verpackung, ein „Selbsttest für den schnellen qualitativen Nachweis von SARS-Cov-2-Antigen im menschlichen Speichel“. Die Pressestelle des Familienministeriums Nordrhein-Westfalen teilt uns zu diesem Test Anfang Januar mit, dass für ihn „höhere Werte in der Sensitivität ausgewiesen sind und für den darüber hinaus bereits die Bestätigung des Herstellers vorliegt, dass er auch auf die neue Variante Omikron anspricht.“ Der Test sollte also bei definitiv Corona-Positiven das auch anzeigen, oder?

Corona-Infizierter macht den „Test-Test“

Thomas Mertens - dessen Befürchtung einer Corona-Infektion am Mittwoch ein PCR-Test offiziell bestätigt - macht für unsere Redaktion den „Test-Test“. Vier Lolli-Tests, wie das Land Nordrhein-Westfalen sie den Kitas zur Verfügung stellt oder stellte, hat Thomas Mertens dafür: Einen Lolli-Test des Herstellers Wantai, also der bisherigen Variante für Kitas, und drei Lolli-Tests von AmonMed, das ist die neue Sorte.

Der Lüner macht zuerst den Lolli-Schnelltest von Wantai. Den Test beschaffte das Land Nordrhein-Westfalen zuvor für die Kitas. Eine Familie aus Lünen kritisierte schon Anfang Januar gegenüber dieser Redaktion die schlechte Zuverlässigkeit dieser Tests, den bei ihren drei infizierten Kindern ergaben diese Lolli-Tests nur negative Ergebnisse.

"Qualified Certificate klingt,", so der mit Corona Infizierte Thomas Mertens nach zwei negativen Tests, "doch eher wie ein schlechter Witz."

"Qualified Certificate klingt,", so der mit Corona Infizierte Thomas Mertens nach zwei negativen Tests, "doch eher wie ein schlechter Witz." © Daniel Magalski

„Der Schnelltest war auch bei mir negativ“, erzählt Tester Mertens. Der Lüner testet im Anschluss die neuen Lolli-Tests von AmonMed, die ja laut Familienministerium sensitiver sein sollen, doch auch sie bleiben negativ - bei einem nachweislich Infizierten.

Kita-Erzieherin berichtet von ähnlichen Erfahrungen

„Das Stäbchen des dritten AmonMed-Tests habe ich mir dann einfach mal mit dem Mut der Verzweiflung in die Nase gesteckt“, erzählt Thomas Mertens mit einem Grinsen. Der Hersteller sieht das zwar nicht vor, doch ein Ergebnis zeigt sich dieses Mal schnell: Zwei Striche, ein positiver Schnelltest.

Was Mertens in unserem Selbstversuch erlebt, berichtet auch die Erzieherin einer Kita aus Lünen: „Eine Familie, die an Corona erkrankt ist, wollte wissen, wie gut die Tests funktionieren, doch bei vier Tests an Infizierten in der Familie lieferte nur ein Test ein positives Ergebnis.“ Der Redaktion waren bis Freitagnachmittag sechs weitere Fälle dieser Art bekannt, offenbar sind die Lolli-Test-Pannen also keine Seltenheit.

Frust der Eltern trifft die Kitas

Der Pressestelle des Familienministeriums schrieben wir am Donnerstag zu den Problemen mit den neuen Schnelltests, baten um eine Stellungnahme. Freitag bei Redaktionsschluss hatten wir noch keine Antwort auf unsere E-Mail.

Das Familienministerium um Minister Dr. Joachim Stamp jedenfalls dürfte zunehmend unter Druck geraten, denn in den Kitas wächst der Unmut. „Die Eltern sind doch sehr verunsichert, weil auch auf die neuen Tests scheinbar kein Verlass ist und nicht selten trifft uns der Frust“, erzählt Sabine Raphold, Leiterin der katholischen Kita St. Norbert in Nordlünen.

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Raphold ist für Testpflicht für Kinder

Raphold weiter: „Die Last, im Sinne der Kinder und Eltern alles richtig zu machen, die tragen wir seit zwei Jahren auf unseren Schultern.“ Die Sorge um die eigene Gesundheit komme dazu, denn auch wenn das Team geimpft und geboostert sei, schütze das ja nicht unbedingt vor Longcovid. „Die Erzieherinnen und Erzieher halten sich gegenseitig hoch, aber das können wir nicht mehr so halten auf Dauer.“

Sabine Raphold ist für eine Testpflicht an den Kitas, aber „bitte nicht auf dem Rücken der Kita-Teams. Die Testzentren sind doch da, warum also nutzen wir nicht zwei Mal in der Woche nicht diese Möglichkeit?“ Raphold sei bewusst, dass der Besuch im Testzentrum für die Eltern eine zusätzliche Belastung darstelle, aber es gehe um die Sicherheit aller Kinder, aller Familien und auch der Kita-Teams.

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Leiterin wünscht sich mehr Unterstützung

Einen Corona-Fall gebe es aktuell in der Kita St. Norbert - und das ist im Vergleich zu anderen Einrichtungen sehr wenig - der aber hat Auswirkungen auf den gesamten Ablauf. „Kinder, die Erkältungssymptome haben, müssen die Eltern sofort abholen, das ist Vorschrift des Gesundheitsamtes.“

Die Situation sei ebenfalls sehr belastend für alle Beteiligten, vor allem auch für die Kinder. Sabine Raphold wünscht sich mehr Unterstützung der Verantwortlichen aus den Ministerien, „denn nur so haben unsere Kinder trotz aller Einschränkungen einen möglichst normalen Kita-Alltag.“


*Name geändert

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