Beim Lippeverband haben die Mitarbeitenden ein passendes Sprichwort, das die aktuelle Lage gut beschreibt. „Besser eine dicke Lippe als ein blaues Auge“, sagt Ilias Abawi, Sprecher des Verbandes.
Fakt ist: Der Pegel der Lippe ist in den vergangenen Tagen enorm gestiegen. Grund dafür sind die anhaltenden Regenfälle. Am Beispiel der Messstation an der Graf-Adolf-Straße in Lünen sieht man die Entwicklung gut. Betrug der Wasserstand am Dienstag (14. November) gegen Mittag noch 335 Zentimeter, sind es am Donnerstag (16. November) gegen 12.30 Uhr bereits 415 Zentimeter - Tendenz steigend.

„Der Anstieg des Pegels ist normal und nicht besorgniserregend. Hintergrund hierfür sind vor allem die Wassermengen aus den Nebenflüssen, aus denen die Niederschläge der vergangenen Tage in die Lippe fließen“, sagt Abawi.
Er kündigt an, dass der so genannte Hochwasserscheitel perspektivisch auch erstmal oben bleiben und erst langsam abebben werde. Das sei aber nicht dramatisch und passiere häufiger im Jahr. Außerdem sagt der Experte, dass „es der Lippe gut tut, wenn sie von Zeit zu Zeit etwas mehr Wasser führt, weil dann auch Auenbereiche innerhalb des Flussbettes geflutet werden, die ansonsten trockenstehen“. Dies sei gut für Flora und Fauna in und am Gewässer. Problematisch wäre es erst, wenn das Hochwasser die Deiche überströmen würde. Diese Gefahr bestehe aktuell aber nicht.
Mitarbeiter in Alarmbereitschaft
Trotz der nicht außergewöhnlichen Lage hat der Lippeverband seine entsprechenden Teams schon in Alarmbereitschaft versetzt. „Wir haben strenge Regeln, was den Hochwasserschutz betrifft. Daher sind unsere Mitarbeiter, die die Gewässer überprüfen und gucken, ob alles richtig abfließt, bereits in Rufbereitschaft“, teilt der Pressesprecher mit.
Grundsätzlich sei eine stetig wechselnde Lage von Niedrig-, Mittel- und Hochwasser vollkommen in Ordnung für die Lippe. Nur wenn es nass oder zu trocken werde, wirke sich das auf die Umwelt aus. Ein Blick auf die Hochwasser-Ampel des Lippeverband zeigt ebenfalls: Es besteht kein Grund zur Sorge: Die beiden Messstationen in Lünen zeigen grün.

Der anhaltende Regen hat dagegen an anderen Orten in NRW für Aufruhr gesorgt. Daten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz von Donnerstagmorgen (16. November) zeigen, dass landesweit an knapp 20 Messstellen die Hochwassermeldepegel eins überschritten wurden. Betroffen waren unter anderem die Ruhr und die Lenne im Sauerland, die Sieg im Süden des Landes und die Niers am Niederrhein. An der Ems bei Greven wurde in der Nacht kurz nach 3 Uhr der „Informationswert 2“ überschritten.
Zur Erklärung: Der „Informationswert 1“ steht laut LANUV für eine „Ausuferung“ des Gewässers mit möglichen Überflutungen von Feldern und leichten Verkehrsbehinderungen. „Informationswert 2“ bedeutet, dass auch einzelne bebaute Grundstücke oder Keller überflutet sein können.

Der Regen wird in den kommenden Tagen nicht abnehmen. Der Deutsche Wetterdienst schätzt, dass ein neues Tief mit seinen Niederschlägen Nordrhein-Westfalen kaum treffen wird. Allerdings fließt demnach der Regen in Süddeutschland in den Rhein, dessen Pegelstände im Süden bereits deutlich gestiegen seien. Nach Angaben des WDR können die Pegelstände teils auch ohne neuen Regen noch weiter ansteigen. Möglich ist dies, weil aus dem durchnässten Erdboden noch weiter Wasser nachsickert.