Kreisweit mehr Windpocken Kinderärztinnen aus Lünen erleben zunehmend impfkritische Eltern

Lüner Kinderärztinnen erleben zunehmend impfkritische Eltern
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Die Windpocken-Erkrankung kommt im Kreis Unna wieder häufiger vor und hat das Niveau von vor der Corona-Pandemie erreicht. Das teilte die AOK Nord-West mit und beruft sich auf aktuelle Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI). Danach sind im vergangenen Jahr kreisweit 67 Windpocken-Erkrankungen festgestellt worden, 2023 waren es 65.

In den Coronajahren ging die Zahl der Windpockenfälle zurück: 2022 gab es 55 Erkrankungen. 2021 wurde mit 23 Fällen und 2020 mit 25 Fällen ein niedriges Niveau erreicht. Vor der Pandemie im Jahr 2019 sind 51 Windpocken-Fälle im Kreis Unna gemeldet worden.

Dr. Ayten Imren-Özden, die mit ihren Kolleginnen Mareike Schober und Constanze Freymann in einer Praxis an der Königsheide in Lünen-Brambauer tätig ist, kann steigende Zahlen für Lünen nicht bestätigen. Sie hätten in letzter Zeit keine neuen Windpocken-Fälle gesehen. Susanne Kretschmann aus der Gemeinschaftspraxis der Kinderärztinnen in der Mersch, in der auch Miriam Uding, Dr. Elham Zamani Meymian und Laura Grenz praktizieren, sagt: „In den vergangenen Jahren hat die Anzahl in unserer Praxis wieder etwas zugenommen, ist aber immer noch selten. Dies hat sich auch in den vergangenen Monaten bei uns nicht geändert.“

Arzt impft Kind
Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung gegen Windpocken (Symbolbild). © Spata/dpa

Einfluss sozialer Medien

Allerdings erleben beide Praxen seit der Corona-Pandemie einen zunehmenden Anteil an impfkritischen Eltern. Diese wollten ihre Kinder erst einmal nicht impfen lassen oder wenn, erst nach dem Säuglingsalter. Ayten Imren-Özden glaubt, dass die Diskussion um die Corona-Impfung für Verunsicherung und mitunter auch für ein generelles Misstrauen bei Eltern gesorgt habe. „Der Einfluss sozialer Medien scheint eine große Rolle zu spielen“, meint sie.

Die Ständige Impfkommission (StiKo) empfiehlt die Impfung gegen Windpocken. Zur Grundimmunisierung im Kleinkindalter werden zwei Impfstoffdosen im Alter von elf und 15 Monaten gegeben. In den beiden Lüner Kinderarztpraxen wird die Impfung ebenfalls befürwortet. „In einigen Ländern gibt es aber für die Windpockenimpfung keine offizielle Empfehlung. Meines Wissens beispielsweise auch in der Ukraine“, sagt Susanne Kretschmann. „Dadurch kommen immer mal wieder ungeimpfte Kinder in die Praxis, aber auch in Kitas oder Schulen.“

Einige Eltern, die eine Windpockenimpfung im Säuglingsalter ablehnten, würden diese dann aber bei Nichterkrankung vor der Einschulung nachholen.

Komplikationen bei Windpocken

Die Komplikationen bei den äußerst ansteckenden Windpocken seien nicht so schwerwiegend wie bei Masern, bei denen es nach mehreren Jahren noch zu einer Gehirnentzündung kommen kann. Trotzdem gebe es neben sich entzündenden Hautbläschen auch Komplikationen wie Lungen- oder Kleinhirnentzündung. Zudem verbleibe das Windpockenvirus im Körper und könne später reaktiviert eine Gürtelrose hervorrufen. Die sei äußerst schmerzhaft.

Windpocken können einen Tag, bevor der Hautausschlag auftritt, ansteckend sein, teilt die AOK mit. Die Ansteckungsgefahr endet, wenn die Bläschen austrocknen. Erst zehn Tage bis drei Wochen nach der Ansteckung äußert sich die Infektion in Form von Kopf-, Rücken- oder Gliederschmerzen und Fieber. Ein bis zwei Tage später treten linsengroße rote Flecken auf der Haut auf, die sich zunächst in stark juckende Knötchen, anschließend in Bläschen verwandeln. Die Bläschen sind mit einer wässrigen Flüssigkeit gefüllt, die in hohem Maße ansteckend ist. Innerhalb von ein bis zwei Wochen verkrusten sie und fallen ab.

Soziale Komponente

Ayten Imren-Özden erläutert, dass eine Impfung zudem eine soziale Komponente habe. Sie schütze auch die, die nicht gut geschützt seien. Dazu zählten Säuglinge, die erst ab dem elften Monat geimpft würden oder ältere und geschwächte Menschen.