Bekenntnisse des CDU-Chefs Pufke nimmt den Landrat in Schutz und lüftet ein süßes Geheimnis

CDU-Chef Pufke nimmt Löhr in Schutz und lüftet ein süßes Geheimnis
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Marco Morten Pufke ist an diesem Montag sogar ein paar Minuten vor der verabredeten Zeit da. Dass das Gespräch in unserem Verlagshaus in der politischen Sommerpause anberaumt ist, findet der CDU-Fraktionsvorsitzende richtig gut.

„Ansonsten würde ich irgendwann auf die Uhr schauen“, sagt Pufke ganz offen. Den langjährigen Lokalpolitiker treibt es im Normalfall täglich von Termin zu Termin. Demnächst werde ihn aber ein privates Ereignis zu mehr Ruhe und Gelassenheit zwingen, verrät der 49-Jährige: Im Hause Pufke wird im August Nachwuchs erwartet. Für Pufke ist es das erste Kind.

„Die beste Zeit“ für die Gründung einer Familie

„Jetzt ist die beste Zeit“, haben er und seine Frau Ariane sich gesagt. Das Haus ist gebaut, Pufke wechselte vor kurzem aus der Selbstständigkeit als Personalberater in ein Beschäftigungsverhältnis, ist mittlerweile stellvertretender Geschäftsführer der CDU-Fraktion in der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe. Die beste Zeit für Familienleben also in jedem Fall.

Gefahrenabwehrzentrum, Klimafolgenanpassung und VKU-Nahverkehrskonzept: Für CDU-Fraktionschef Marco Morten Pufke gibt es gewichtige Themen, bei der seine Fraktion im Kreishaus nachhaken will.
Gefahrenabwehrzentrum, Klimafolgenanpassung und VKU-Nahverkehrskonzept: Für CDU-Fraktionschef Marco Morten Pufke gibt es gewichtige Themen, bei der seine Fraktion im Kreishaus nachhaken will. © Udo Hennes

Die beste Zeit vielleicht auch, um Zwischenbilanz zu ziehen und einen Ausblick bis zum Herbst 2025 zu geben: Die Wahlperiode im Kreistag ist gerade in der Halbzeit. Als gewiefter Kommunalpolitiker, der auch Stadtrat und Vize-Bürgermeister in seiner Heimatstadt Bergkamen ist, feuert Pufke ohne langes Nachdenken die Agenda ab, die den Christdemokraten auf den Nägeln brennt.

Die Kreisverwaltung, findet Pufke, habe bei „guten Beschlüssen“, die man auch mit SPD und Grünen gemeinsam gefasst habe, bisher noch nicht ausreichend geliefert. Es ist eine Kritik, die logischerweise den Chef dieser Verwaltung treffen muss, Mario Löhr, dem Pufke im Herbst 2020 bei der Landratswahl unterlegen war.

Zu viele Verbote für den Klimaschutz

Der Christdemokrat zählt auf. Da gebe es den Plan, ein Gefahrenabwehr- und Rettungszentrum aufzubauen wie im Kreis Soest, das Bevölkerungs- und Katastrophenschutz unter eine strategische Leitung bringt. Kurz gefasst: sowohl 110 als auch 112 laufen in einem Leitstand auf. „Aber da hört man jetzt nicht mehr viel von.“

Dass in Pufke ein politisch konservatives Herz schlägt, hallt nach außen bei einem Satz wie: „Bevölkerungsschutz ist Kernaufgabe des Staates.“ Die ökopolitischen Notwendigkeiten haben die Christdemokraten längst ebenfalls für sich erkannt.

Doch selbst hier fordert Marco Morten Pufke ein stärkeres Gewicht auf Sicherheit ein: Der Kreis agiere ihm zu stark beim restriktiven Klimaschutz – sicherlich ein krasses Urteil für jene, die auch Verbote und Gebote angesichts des Klimawandels für unausweichlich halten –, vernachlässige aber Schutzmaßnahmen gegen Folgen des Klimawandels.

„Vertragsnaturschutz“ komme ihm im Kreishaus schon seit Jahren zu kurz. Gemeint sind unter anderem Abkommen mit Landwirten, die ihre Äcker als Überflutungsflächen hergeben. Das Thema forciere die CDU seit vielen Jahren, die Kreisverwaltung habe immer Gründe gefunden, warum es nicht gehe.

„Offen gesagt: Weil es nicht gewollt war“, wirft Pufke vor. „Wir setzen da auch auf die neuen Dezernenten, die kommen werden.“ Bekanntlich ist Adrian Kersting seit Kurzem neuer Chef unter anderem für Umwelt- und Naturschutz im Kreishaus.

Zweifel am „großen Wurf“ für neuen VKU-Nahverkehrsplan

Was also Bevölkerungsschutz und Klimafolgenanpassung im Kreis Unna angehe, werde seine Fraktion in den kommenden Monaten den Landrat und sein Team mit Anfragen nerven. Ähnlich wie seine Grünen-Kollegin Anke Schneider reklamiert auch Pufke die strukturelle Neuaufstellung der VKU als Megathema im Kreis.

Das VKU-Nahverkehrskonzept liege ihm besonders am Herzen, so Marco Morten Pufke. Allerdings habe er „große Zweifel, ob wirklich ein großer Wurf gelingen wird.“
Das VKU-Nahverkehrskonzept liege ihm besonders am Herzen, so Marco Morten Pufke. Allerdings habe er „große Zweifel, ob wirklich ein großer Wurf gelingen wird.“ © Udo Hennes

Mit der Devise von Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke habe sich die CDU sofort anfreunden können: Es solle alles auf den Prüfstand bei der VKU, kein halbherziges Herumdoktern mehr an Linien und Tarifen. Auch mal „out of the box“ denken, sagt Pufke plötzlich, um seinen Satz gleich wieder einzufangen. „Schreiben Sie lieber: Über den Tellerrand schauen – Anglizismen mag ich nicht.“ Auch ein Statement.

Wie bei den Kreisstraßen für den Kfz-Verkehr müsse am Ende mit dem neuen Nahverkehrsplan ein „Grundgerüst“ von der VKU geboten werden: Hauptlinien, die alle zehn Kommunen verbinden, jedenfalls so, „dass man in akzeptabler Zeit von Lünen nach Selm oder Unna oder weiter in den Süden kommt“.

Das millionenschwere Defizit des kreiseigenen ÖPNV-Anbieters dürfe auf keinen Fall weiter wachsen, müsse mittel- und langfristig schrumpfen. Doch wie, wenn Leistungen besser werden sollen, wenn die Kommunen keinen höheren Betriebskostenschlüssel auferlegt bekommen sollen?

„Landrat ist ein König ohne Land“

Da ist auch Marco Morten Pufke ein wenig ratlos. Er verweist auf Fördermittel von Bund und Land für Schnellbuslinien und gesteht bei der Herausforderung „Optimale Leistung zu geringen Kosten“ ein: „Wenn es so einfach wäre, wäre es schon lange gemacht worden.“

Und noch bevor die gerade tagenden VKU-Arbeitskreise ein Ergebnis präsentiert haben, deutet Pufke an, dass er gerade einmal verhalten optimistisch sei: „Ich habe durchaus meine großen Zweifel, dass ein großer Wurf gelingen wird.“

Wenn es so einfach wäre. Pufke räumt ein, dass althergebrachte Strukturen bei vielen Aufgaben die Hände binden. Kreisweit etwas Verbindliches zu erreichen, bei interkommunalen Gewerbe- und Industrieflächen etwa. „Der Landrat hat mittlerweile gemerkt, dass er ein König ohne Land ist“, glaubt Pufke. Die Chefs in den Rathäusern müssten nicht im Kreishaus fragen, wenn sie Projekte angehen.

„Ein Oberbürgermeister hat da andere Möglichkeiten – das muss man fairerweise sagen“, blickt Pufke zum Beispiel nach Hamm oder Dortmund, zu den Königen mit Land.

Doch was hätte er denn gemacht, wäre er zum Landrat gewählt worden – ebenso machtlos wie Mario Löhr? „Man muss dicke Bretter bohren, ganz viel Zeit investieren und reden, Prioritäten setzen“, fällt Pufke dazu ein – Aktivitäten, die er dem Amtsinhaber unausgesprochen abzusprechen scheint.

Trotz Abrechnungsaffäre „Steuergeheimnis wahren“

Einige Monate nach der Abrechnungsaffäre im Kreistag warte auch die CDU-Fraktion auf den Handlungsleitfaden, der keine Zweifel mehr daran lassen soll, was Kreistagsmitglieder als Verdienstausfall geltend machen können. „Größtmögliche Transparenz, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, so Pufke – ja, das wolle er. Es gebe aber auch „ein Steuergeheimnis und das berechtigte Interesse, gewisse Dinge nicht offen zu legen – das ist ein sensibles Thema.“

Nach der Sommerpause werden sich die CDU und die anderen Fraktionen mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Und mit welchen Ambitionen geht Marco Morten Pufke in die zweite Halbzeit?

Bereitet er sich schon innerlich auf eine erneute Kandidatur für das Landratsamt vor, dann vermutlich gegen Mario Löhr als Amtsinhaber? Im September werde ein neuer Vorstand der Kreis-CDU gewählt, der werde Vorschläge machen.

Dass er mit Blick auf seinen Posten als Fraktionschef sicherlich nicht zweite Wahl wäre, sei natürlich auch klar. „Das Ruhebedürfnis wächst“, hatte Marco Morten Pufke anfangs des Gesprächs gesagt mit Blick auf die Gründung seiner Familie und seinen 50. Geburtstag Ende August. Mit Blick auf den Landratsposten wäre es eher als Absage an ein Amt zu verstehen, dem Pufke viel Umtriebigkeit abfordert.