Kraftwerksgegner Prof. Hofnagel „Rechtsstreit gegen Trianel hat sich gelohnt“

Kraftwerksgegner: „Rechtsstreit gegen Trianel hat sich gelohnt“
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Aus dem Protest gegen den Kraftwerksbau in Lünen ist die Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Lünen“ (GFL) entstanden. Einer der Initiatoren war Prof. Johannes Hofnagel, Vorsitzender der GFL. „Der jahrelange Rechtsstreit gegen das Lüner Trianel-Kohlekraftwerk hat sich gelohnt“, kommentiert er das überraschende Ende des Prozesses am Oberverwaltungsgericht Münster.

Das Maximalziel, nämlich die Stilllegung, sei zwar nicht erreicht worden, dafür habe man aber eine Reduzierung der Schadstoffe wie Ammoniak, Schwefeldioxid sowie Stickoxide und Quecksilber zwischen 60 und 90 Prozent erwirken können. Hofnagel bezeichnete den juristischen Streit als „Kraftakt für den BUND“ und zollt den Naturschützern „großen Respekt“.

Kraftwerk ist „Katastrophe“

Das Kohlekraftwerk nennt er „eine Katastrophe“. Nach Berechnungen des BUND habe die Anlage 25 Millionen Tonnen Kohlendioxid und weitere große Mengen an anderen Schadstoffen wie Schwefel- und Stickstoffverbindungen ausgestoßen. „Das Trianel-Kraftwerk schädigt damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern insbesondere die Bürgerinnen und Bürger in Lünen.“ Gerade die Lüner Naherholungsgebiete wie die Lippeauen und die Cappenberger Wälder würden seither durch die Schadstoffeinträge belastet.

Die GFL kritisiert auch die Bezirksregierung in Arnsberg. Sie habe einmal mehr gezeigt, dass sie im Zweifel häufig nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger agiere, sondern wie so oft mahnende Einwände gegen heikle Industrieanlagen herunterspiele und oft im Interesse der Antragsteller entscheide, so Hofnagel. Die Nachbesserungen, die über den jahrelangen Rechtsstreit erzielt wurden, hätte aus seiner Sicht die Behörde in Arnsberg von Anfang an einfordern müssen.

Viele Millionen Euro Verlust

Nach Ansicht der GFL tragen SPD und CDU die Hauptverantwortung an der „Schadstoff-Schleuder und Geld-Verbrennungsanlage“ in Lünen, die insgesamt viele Millionen Euro Verlust produziert habe. Die Investitionssumme sei von anfänglich 750 Millionen auf 1,4 Milliarden Euro gestiegen. „Wie glücklich wären wir heute, wenn diese Millionen in umweltfreundliche Energiegewinnung investiert worden wären?“, fragt er.

Ob der Rechtsstreit gegen das Trianel-Kraftwerk tatsächlich ein Ende genommen hat, ist für Hofnagel indes offen. Noch seien wasserrechtliche Aspekte nicht endgültig geklärt. Es stehe noch ein neuer Genehmigungsbescheid für Trianel als Direkteinleiter aus. Im Licht dieses Bescheides werde der BUND dann über das weitere Vorgehen entscheiden, kündigte Hofnagel an.

Versorgung mit Fernwärme

Über diese Leitung wird Wärme aus dem Kraftwerk in das Fernwärmenetz der Lüner Stadtwerke eingespeist.
Über diese Leitung wird Wärme aus dem Kraftwerk in das Fernwärmenetz der Lüner Stadtwerke eingespeist. © Trianel

Die Stadtwerke Lünen halten 1,58 Prozent an der Trianel Kohlekraftwerk Lünen GmbH & Co. KG. Sie sind einer von 29 Gesellschaftern. Stadtwerkesprecherin Jasmin Teuteberg schließt sich in der Beurteilung des Prozessausklangs der Erklärung von Trianel an, dass nun endlich Rechtssicherheit eingetreten sei. „Es ist eines der modernsten und effizientesten Steinkohlekraftwerke der Welt und leistet weiterhin einen wichtigen Beitrag für die Versorgungssicherheit.“

Das 750 Megawatt-Kraftwerk kann nicht nur bis zu 1,6 Millionen Haushalte mit einem Durchschnittsverbrauch von 3.500 Kilowattstunden mit Strom versorgen, es liefert auch Fernwärme. 58.000 Megawattstunden Wärme kommen jährlich aus dem Werk. „Aktuell versorgen wir in Lünen rund 700 Anschlüsse mit Fernwärme, darunter eine große Anzahl von Anschlüssen, die Mehrfamilienhäuser versorgen“, teilt Teuteberg auf Anfrage der Redaktion mit. Dies sei nun weiterhin gesichert.

Allerdings sind die Tage des Kraftwerks gezählt. „Die Stadtwerke Lünen werden die Fernwärme-Versorgung in jedem Fall zu weiterhin wirtschaftlichen und klimafreundlichen Bedingungen sicherstellen“, so Teuteberg. Wie dies am Ende ausgestaltet sein werde, sei jetzt noch nicht konkretisierbar. Eine Umsetzung sei erst Anfang der 30er-Jahre zu erwarten. „Dann wird die zu diesem Zeitpunkt bestverfügbare Technik eingesetzt werden“, heißt es seitens der Stadtwerke.

„Wichtiges Signal“

Als wichtiges Signal für die Lüner Wirtschaft bezeichnet die Stadt Lünen das Ende des Rechtsstreits. „Grundsätzlich benötigen Unternehmen, die sich in Lünen ansiedeln, verlässliche Rahmenbedingungen“, teilt Pressesprecher Daniel Claeßen mit. Nun hätten alle Beteiligten endlich Handlungssicherheit, auch wenn es aus Sicht der Stadt bedauerlich sei, dass die Klärung so viel Zeit in Anspruch genommen hat.

Zu Überlegungen, wie nach einer Stilllegung des Kraftwerks verfahren wird, heißt es seitens der Stadt: Das müssten letztlich die Eigentümer entscheiden. Der Rat der Stadt Lünen habe 2021 für den gesamten Wirtschaftsstandort Lippholthausen ein städtebauliches Entwicklungskonzept beschlossen. Demnach solle der Bereich des Stummhafens auch in Zukunft gewerblich-industriell genutzt werden.