Wenn ein Mensch wegen einer schweren Krankheit oder einer Behinderung nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen, werden sie aktiv: Betreuer. Sie regeln, organisieren, sorgen für Sicherheit und nicht selten auch für große Erleichterung. Was sich hinter diesem wichtigen Thema verbirgt, dem das Amtsgericht Lünen am Dienstag (29. April) einen ganzen Info-Tag widmen wird, offenbaren Experten.
Demenz, Koma oder eine Behinderung – drei mögliche Gründe, warum eine rechtliche Betreuung erforderlich werden kann – eine Form der Unterstützung, die garantiert, dass für den Betroffenen die richtigen Entscheidungen getroffen werden und Schaden von ihm abgewendet wird. Dafür sorgen Betreuer und Gerichte – sozusagen Hand in Hand.
Die rechtliche Betreuung kann mehrere Bereiche umfassen – abhängig von den Bedürfnissen des Betreuten: Vermögensangelegenheiten, die Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern, Gesundheitsfürsorge, Entscheidungen über den dauerhaften Aufenthalt, Wohnungsangelegenheiten, Heimangelegenheiten, berufliche Angelegenheiten und Postangelegenheiten.
Die Betreuung können natürlich Personen aus dem Umfeld des entsprechenden Menschen übernehmen, und an dieser Stelle passt der Hinweis auf eine Vorsorgevollmacht, die eine rechtliche Betreuung unter Umständen sogar überflüssig macht. Denn mit einer solchen Vollmacht kann jeder selbst bestimmen, wer im Fall der Fälle für ihn entscheiden soll. Falls aber kein Angehöriger, Freund oder Ehrenamtler die Aufgabe übernehmen kann oder, was nicht selten der Fall ist, Unterstützung „von außen“ die bessere Lösung ist, werden „hauptamtliche“ Betreuer aktiv.

Mehr Wertschätzung als zuvor
Die Anforderungen an einen Berufs- und Vereinsbetreuer sind allerdings vielfältig und nicht verhandelbar: Beim Thema „Zuverlässigkeit“ geht es unter anderem um ein Führungszeugnis oder eine Schufa-Auskunft. Bei der „Sachkunde“ muss der Betreuer in spe belegen, dass er das nötige Fachwissen mitbringt – einen Nachweis über einen entsprechenden Studien-, Aus- oder Weiterbildungsabschluss oder Lehrgang. Zwei, die die Betreuung „Fremder“ zum Beruf gemacht haben und voll in ihren Aufgaben aufgehen, sind Nina Paulus (54) und Julia Plessmann (33). Nina Paulus ist Berufsbetreuerin und betreibt seit zwei Jahren ein Betreuungsbüro in Lünen. Julia Plessmann ist bei der AWO – Unterbezirk Ruhr-Lippe-Ems – als Vereinsbetreuerin tätig.
Im Gespräch erklärt Nina Paulus, dass sie sich nach Jobs in unterschiedlichen Bereichen noch einmal habe verändern wollen. Sie habe näher an den Klienten dran sein und trotzdem, in Kombination, weiter am Schreibtisch arbeiten wollen. „Es war die beste Entscheidung meines Lebens“, betont sie mit einem breiten Lächeln. Sie habe die Freiheit, ihre Arbeitszeit und die Anzahl der Betreuungen selbst steuern zu können, im Team zu arbeiten und auf jeweilige Bedürfnisse eingehen zu können. Die Arbeit mit Kollegen und dem Gericht bezeichnet sie als „tolles Gefüge“, und sie spricht von einer hohen Zufriedenheit bei allen Beteiligten. Sie selbst habe in den zwei Jahren mehr Wertschätzung als sie in ihrem gesamten Berufsleben zuvor erhalten.
Im Fall von Julia Plessmann war es der Zufall, der eine große Rolle spielte. Das Sozialwesen habe sie immer interessiert, und noch im Studium habe sie im Jahr 2012 über eine Annonce in einer Zeitung einen Nebenjob als Schreibkraft in einem Büro von Berufsbetreuern entdeckt und erhalten. „Ich war begeistert. Für mich ging irgendwie so eine Tür auf.“ Sie könne nun ihre persönlichen Stärken in ihrem Beruf verwirklichen: Organisation, Ordnung und Struktur schaffen, Unterstützung bieten, Ruhe, Frieden und Entlastung bringen. Auch spricht sie von einem gesellschaftlichen Geben und Nehmen. Und sie bestätigt die Worte von Nina Paulus zum Thema Wertschätzung und den freundlichen Umgang – unter anderem mit dem hiesigen Amtsgericht.
Und dort arbeiten Menschen wie Petra Günnewig-Horstmeyer (63), Rechtspflegerin in Betreuungs-, Familien-, Vormundschafts- und Pflegschaftssachen oder Betreuungsrichterin Sofia Heinkele (42). Beide schätzen ebenfalls sehr, was sie tun. „Es ist nah am Menschen dran“, betont Petra Günnewig-Horstmeyer und fügt hinzu, dass es viele hilfsbedürftige Menschen gebe, denen sie einen Betreuer an die Seite stellen könnten. Es gehe um Sicherheit und darum, den richtigen Betreuer zu finden. Ein Betreuer müsse Offenheit und einen klaren Blick mitbringen, zuverlässig und empathisch sein, vorausschauend arbeiten, organisieren können, planvoll und strukturiert vorgehen. Und vor allem gehe es darum, die Angelegenheiten des Betroffenen in dessen Sinne zu erledigen, seine Wünsche und Interessen umzusetzen.

Dankbarkeit und Stabilität
Auch Sofia Heinkele geht in ihrer Aufgabe als Betreuungsrichterin voll auf. „Das Besondere aus Richtersicht im Betreuungsrecht ist, dass im Fokus immer das Wohl des Betroffenen ist.“ Sie erhalte viel Dankbarkeit, erlebe aber auch besondere Momente – beispielsweise an einem Krankenbett, in der Psychiatrie oder in einer Messie-Wohnung. Sie müsse also immer bereit sein, sich herausfordernden Situationen zu stellen. Und es sei ein gutes Gefühl, wenn sie den Eindruck habe, dass sich gerade etwas stabilisiere. Natürlich gebe es auch die schwierigen Momente. Es sei wichtig, in Notsituationen zu helfen, einen Rat zu geben – beispielsweise Angehörigen. „Ich habe schon das Gefühl, dass das wichtig für die Menschen ist.“
Direktor Dr. Niklas Nowatius freut sich über das Engagement seines Teams – insbesondere für den „Tag des Betreuungsrechts am Amtsgericht Lünen“ am 29. April: „Die Mitarbeiter haben ein sehr breites Angebot auf den Weg gebracht und das kann dann auch dazu führen, dass durch Vollmachten und Patientenverfügungen einfachere und schnellere Lösungen werden können. Und der Bürger kann die Justiz gerade in diesem Bereich als Dienstleister wahrnehmen.“
Tag des Betreuungsrechts
- Interessierte können am 29. April 2025 zwischen 11 und 16 Uhr im Amtsgericht am Spormeckerplatz 5 Wissenswertes an den unterschiedlichen Infoständen der Betreuungsstellen und Betreuungsvereine, der Berufsbetreuer und des Betreuungsgerichts erfahren.
- Darüber hinaus gibt es Vorträge zu den Themen: 11.30 und 14 Uhr „Vorsorgevollmacht / Patientenverfügung“, 12 und 14.30 Uhr „Die rechtliche Betreuung“ sowie 12.30 und 15 Uhr „Die Tätigkeit des/der rechtlichen Betreuer“.
- Außerdem haben Interessierte natürlich rund um die Uhr die Möglichkeit, entsprechende Informationen über www.justiz.nrw unter dem Stichwort Bürgerservice zu erhalten.