Aus dem Ratssaal in Lünen hat Kämmerer Dr. André Jethon am Donnerstag (6. 3.) sowohl nach Düsseldorf als auch nach Berlin geblickt: mal mit Dankbarkeit, mal mit Sorge - in jedem Fall aber mit der Gewissheit, dass eine grundlegende Verbesserung der dramatischen Finanzsituation von Lünen nur durch die Unterstützung von beiden gelingen kann, von Land und Bund.
Das Landeskabinett hatte Ende Februar den Entwurf eines Gesetzes zur anteiligen Entschuldung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen beschlossen: ab diesem Jahr eine viertel Milliarde Euro jährlich für die armen Städte, die so tief in den roten Zahlen stecken, dass sie aus eigener Kraft die Schuldenlast nie werden ablösen können - Städte wie Lünen. Dort beträgt allein der Berg der Liquiditätskredite, denen kein realer Gegenwert in Form von Schulen oder Straßen entspricht, 240 Millionen Euro, und er wächst unvermindert weiter.
Die Pro-Kopf-Verschuldung in Lünen beträgt zurzeit rund 2500 Euro. Wenn das Land, wie angekündigt, diesen Wert tatsächlich auf 1500 Euro „runterdrücken“ wolle, „ müsste man uns rund 85 Millionen an Schulden aus Liquiditätskrediten abnehmen“, so Jethon. „Das wäre eine Hilfe, für die ich dankbar bin, aber keine Lösung.“ Dafür brauche es den Bund.
Appell an neue Bundesregierung
Bei unverändert hohen Soziallasten würde es Lünen und den anderen NRW-Städten nicht gelingen, das Ruder herumzureißen. „Ohne eine Reform der Eingliederungshilfe“, so Jethon, „kommen wir auf keinen grünen Zweig.“ Bereitschaft des Bundes, sich mit dem Thema Kommunalfinanzen auseinanderzusetzen, erkennt Jethon derzeit aber nicht. „In Berlin ist das gerade allenfalls ein randständiges Thema.“ Er werde zusammen mit anderen Vertretern des „Aktionsbündnisses für die Würde unserer Städte“ deshalb in die Hauptstadt fahren, um die Sorge vorzutragen.
Lünen-Süd: Kita-Investition muss warten
Derweil muss zu Hause in Lünen finanziell vorerst alles still stehen. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung weder den Haushalt, noch das Haushaltssicherungskonzept verabschiedet. Das wird erst am 26. Juni erfolgen. Bis dahin sind keine neuen Investitionen möglich - nicht einmal da, wo sie schmerzlich benötigt werden: in der Kinderbetreuung. Der Umbau der ehemaligen Sparkassenfiliale an der Jägerstraße zu einer Kindertagesstätte liegt auf Eis, bis Klarheit über die verbleibenden finanziellen Spielräume besteht, wie Lünens Erster Beigeordneter Axel Tschersich mitteilte. Investor und Architekt seien darüber informiert.
Nicht nur Jethon blickte während der Ratssitzung nach Berlin, sondern auch ein Kopf schüttelnder Mustafa Kurt (Die Linke): „Es gibt kein Geld für die Kommunen, aber für die Aufrüstung.“ Der Stadtrat ließ das unkommentiert.