Am Dortmunder Landgericht hat der Missbrauchsprozess gegen ein Ehepaar aus Lünen begonnen. Der 37-jährige Mann und seine zwei Jahre ältere Ehefrau sollen zwei Nichten des Mannes unsittlich berührt und zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Die angeblichen Übergriffe ereigneten sich in den Sommerferien 2018.
Gleich nach der Verlesung der Anklageschrift ging der 37-Jährige in die Offensive. Seine Verteidigerin Sarah Neumann verlas eine Erklärung, die sie im Namen ihres Mandanten verfasst hatte. Und die hatte es in sich.
Familie ist zerrüttet
„Ich bestreite die mit vorgeworfenen Taten komplett“, hieß es in dem Schriftstück. Er habe den Kindern niemals Pornofilme gezeigt oder sie dazu gezwungen, nackt die Wohnung zu putzen. Auch andere Übergriffe, zum Beispiel im Ehebett oder in der Küche, habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
Die Erklärung des Lüners zeichnet ein völlig zerrüttetes Familienbild. Denn schon andere Verwandte sollen an den beiden damals zehn und elf Jahre alten Mädchen verzweifelt sein. „Sie haben oft Lügengeschichten erzählt“, so der Angeklagte. Deshalb habe er der Bitte seiner Schwester, die Kinder in den Sommerferien bei sich aufzunehmen, auch nur widerwillig entsprochen.
Erster Prozess 2020
Gegen das Ehepaar wurde vor der 31. Jugendschutzkammer des Dortmunder Landgerichts schon einmal ein Prozess geführt. Im Mai 2020 startete die Verhandlung. Damals saß der heute 37-jährige Lüner wegen der Vorwürfe seiner Nichten sogar in Untersuchungshaft.
Nach zehn Verhandlungstagen mussten die Richter damals aber abbrechen und den Mann aus dem Gefängnis entlassen. Der Grund: Sie entschieden sich, die Kinder von einer Psychologin untersuchen zu lassen. Die Expertin sollte ihnen dabei helfen, die Glaubwürdigkeit der Mädchen zu bewerten.
Gutachten liegt vor
Die zunächst ausgewählte Sachverständige erkrankte jedoch langfristig und musste im Jahr 2023 durch eine Kollegin ersetzt werden. Deren Gutachter liegt inzwischen vor. Wie es heißt, soll sie darin zumindest stellenweise zu dem Schluss kommen, dass die Kinder mit den Vorwürfen Dinge schildern, die sie tatsächlich erlebt haben.
Das Ehepaar bleibt trotzdem dabei: Alles ist frei erfunden. Zu keinem Zeitpunkt habe es sexuelle Übergriffe gegeben.
Zahlreiche Zeugen
Die Richter müssen nun eine Reihe von Zeuginnen und Zeugen vernehmen. Unter anderem sollen zahlreiche Familienmitglieder des Mannes aussagen.
Nach derzeitigem Stand der Dinge dürfte auch den Mädchen eine Zeugenvernehmung nicht erspart bleiben. Die Richter haben ihre Befragung allerdings erst im März vorgesehen.