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„Hyperaktiv, aggressiv oder in sich gekehrt“: Was der Lockdown mit Kindern macht
Gesundheit
Keine Schule, kein Sport, wenig Kontakt mit Gleichaltrigen: Kinder leiden unter dem Lockdown. Eine Kinderärztin und eine Psychologin aus Unna bewerten die aktuelle Situation kritisch.
Mehrere Wochen ist es nun für viele Kinder her, dass sie in der Schule oder im Kindergarten waren, unbeschwert mit Gleichaltrigen gespielt oder Freunde im Sportverein gesehen haben. Vielerorts warnen nun Experten vor den Folgen, die der Lockdown gerade für die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft mit sich bringt. Auch eine Kinderärztin und eine Psychologin aus Unna betrachten den aktuellen Sachstand kritisch.
Kinder zunehmend hyperaktiv, aggressiv oder in sich gekehrt
„Es zeigt sich, dass immer mehr Kinder auffällig werden“, sagt Kinderärztin Sandra Schwarck aus Unna. Etwa beobachte sie, dass ihre jungen Patienten teilweise hyperaktiv und aggressiv sind, oder aber zunehmend in sich gekehrt. Die Symptome äußern sich auf verschiedene Weise: „Einige Kinder machen wieder ins Bett“, sagt sie, „andere neigen wegen der fehlenden Bewegung zu Übergewicht.“
Umso wichtiger sei es für Schwarck, dass die Kindergärten und Schulen bald wieder öffnen: „Für Kinder ist die Struktur besonders wichtig, ihren fehlt der geregelte Tagesablauf.“
Struktur, Motivation und Perspektiven fehlen
Auch Diplom-Psychologin Anette Ebel aus Unna pflichtet der Aussage der Kinderärztin bei: „Viele Kinder können sich nicht alleine organisieren, auch Jugendlichen fehlen zunehmend Motivation und Perspektiven.“ Nicht zu unterschätzen sei auch, dass die Mehrfachbelastung der Eltern sich auf die Kinder auswirke. Dass Eltern zunehmend überfordert sind, und Kinder dieser Stimmungslage ausgesetzt sind, weiß Ebel von ihrer Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe: „Aktuell haben wir mehr Aufnahmeanfragen als sonst“, so die Psychologin. „Die Kinder, die nicht in klassischen Familien leben, haben es nicht leichter.“
Psychologin befürchtet zunehmenden Konsum von Drogen bei Jugendlichen
Dass die Zeit der Einschränkungen derzeit kaum absehbar sei, mache die Lage besonders schwierig, sagt Ebel und führt ein Beispiel an: „Wenn ein Mensch einen Marathon läuft, hält er durch, weil er weiß, dass es ein Ziel gibt“, so die Psychologin. Kinder und Jugendliche, denen das „Durchhalten“ gerade schwer fällt, versuchen dann, durch erhöhten Medien- oder Drogenkonsum die Stimmung zu heben, befürchtet Ebel. „Das ist weder für die Entwicklung noch die Gesundheit förderlich“, so die Psychologin.
Daher hofft auch sie, dass zumindest Schulen und Kindergärten bald wieder öffnen, um den Minderjährigen Struktur zu ermöglichen. Und den sozialen Austausch mit Gleichaltrigen.
Geboren 1992 mitten im Ruhrgebiet (Bottrop) und aufgewachsen am Rande des Münsterlandes (Dorsten), hat es sie zum Studieren nach Bielefeld verschlagen (die Stadt gibt es wirklich ;-)). Nach beruflichen Zwischenstationen in Braunschweig, Berlin und Aachen ist sie froh, wieder zurück im Pott zu sein und Geschichten für Haltern zu schreiben. Wenn sie nicht journalistisch unterwegs ist, hört sie gerne Musik, wandert im Grünen oder faulenzt mit einem guten Buch im Café.
