
Die Vorsitzende Ulrike Trümper und Vorstandsmitglied Roland Lutz im Lager der Unnaer Tafel: Mit Blumen und Ostersüßigkeiten kann die Unnaer Tafel derzeit dienen, wichtige Grundnahrungsmittel sind dagegen Mangelware. © Dirk Becker
Kaum Ware, riesiger Bedarf: Ulrike Trümper warnt vor „Tafel-Sterben“
Unnaer Tafel
Bei der Tafel im Kreis Unna sind die Verantwortlichen Krisenmanagement gewohnt. Aktuell kommen aber besonders viele Probleme zusammen – ein Aufnahmestopp wurde bereits verhängt.
Ulrike Trümper wählt drastische Worte, um die Situation der Tafeln zu beschreiben: „Entweder ändert sich schnell etwas oder es droht das ganz große Tafel-Sterben.“ Die Frau, die die Tafel Unna vor fast genau 18 Jahren mitgegründet hat, meint nicht nur die Einrichtung, in der sie Verantwortung trägt: „Die Probleme sind bei allen Tafeln riesig.“
Kaum noch Lebensmittel für die Bedürftigen
Tatsächlich kommt für die Tafel aktuell vieles zusammen. Das Wichtigste: Es fehlen Lebensmittel für die Bedürftigen. „Die Supermärkte kommissionieren wegen der auch für sie hohen Kosten anders, es bleibt kaum etwas übrig“, sagt sie.
Was die Tafel hat, sind Reinigungsmittel und derzeit vor allem Blumen. „Blumen haben die Kunden früher an der Kasse zusätzlich mitgenommen. Heute verzichten sie darauf“, weiß Trümper, dass die Supermarkt-Käufer die Cents nicht mehr so locker sitzen haben. „Blumen, Reinigungsmittel oder T-Shirts, die wir auch haben, kann man aber leider nicht essen“, spricht Trümper Klartext.

Ein Kühlhaus ist fast leer, eines bereits abgeschaltet: Die Unnaer Tafel schlägt Alarm. © Dirk Becker
Ein weiteres Problem: In der Corona-Zeit sind viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgesprungen. „Viele waren älter, sie hatten Angst, sich zu infizieren“, hat die Tafel-Chefin Verständnis.
Auch Helfer werden dringend gebraucht
Doch nun braucht es eben andere Menschen, die sich einbringen. „Die müssen ja nicht jeden Tag da sein, einzelne Tage helfen uns auch“, sagt sie. Das gilt auch für die Fahrer. In der Pandemie sind zwei Fahrer gestorben, das hat auch die Tafel hart getroffen.
Roland Lutz, Vorstandsmittel der Tafel Unna, weist zudem darauf hin, dass auch nicht mehr so viele Kräfte vom Jobcenter kommen wie einst. Ein-Euro-Jobber, die sogenannten Arbeitsgelegenheiten-Kräfte, gibt es kaum. „Das spüren wir deutlich“, sagt er.
Hohe Benzinpreise verschärfen die Krise
Und noch etwas verschärft die Krise bei der Tafel Unna: Die hohen Spritpreise machen die Fahrten teurer. „Wir müssen aber die Märkte weiter regelmäßig anfahren, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt“, sagt Ulrike Trümper. Deswegen hat sie sich gefreut, als die Spedition Denninghaus aus Bönen der Tafel ermöglichte, einen Monat lang kostenfrei zu tanken.
Trümper und Lutz machen keinen Hehl daraus, dass sich etwas ändern muss: „Wir können den Sozialstaat nicht ersetzen. Die Ansprüche und Bedarfe werden immer größer, die Möglichkeiten aber kleiner“, sagt Lutz.
Diese Schere droht sich weiter zu öffnen. Die Unnaer Tafel, bei der 2500 Menschen einkaufsberechtigt sind, hat schon einen Aufnahmestopp verhängt. „Es geht nicht anders“, so Trümper. Von Schließungen einer der neun Ausgabestellen im Kreisgebiet ist aber noch keine Rede.