In der Welt des Blues, des Kinos, der Kunst und der Literatur war sie zu Hause. Lore Boas, die im Alter von 98 Jahren gestorben ist, bleibt vielen als hochgebildete und energiegeladene Frau in Erinnerung. Am Freitag, 20. Dezember, haben sich Jazzfreunde, darunter auch die gräfliche Familie von Kanitz, während einer würdevollen Trauerfeier im Theater Schloss Cappenberg in Selm von ihr verabschiedet.
Nicht Jazz, sondern klassische Musik prägte das Gedenken an Lore Boas. Die Mitbegründerin des Jazzclubs Lünen war stets auch begeisterte Besucherin des Musikfestivals Schloss Cappenberg. Mirijam Contzen (Violine), international gefeierte Solistin und Festivalleiterin, spielte in Erinnerung an Lore Boas gemeinsam mit dem Pianisten Tobias Bedrohl, der ebenfalls die Musiktage von Anbeginn an begleitete, Werke von Dvořák, Brahms und Bach.
Mit dem Anfangsvers des afroamerikanischen Spirituals „Swing low“, den Lore Boas kannte und in den Tiefen ihrer Schallplattensammlung hatte, erinnerte Reinhard Lorenz, Stiftungsvorstand des Lippmann+Rau Musikarchivs Eisenach, an die „außergewöhnliche Frau“. Von dem sanften Wagen, der kommt, um mich heimzutragen, ist dort die Rede. Jetzt stehe er für Lore Boas bereit.

Unbändige Lebenslust
Sie sei unbändig in ihrer Lebenslust gewesen und habe sich in der Welt der Musik und Literatur bestens ausgekannt, stets an der Seite ihres Mannes, des großartigen Jazzpianisten Günter Boas. Seine Sammlung und viele seiner Lebenszeugnisse finden sich seit seinem Tod im Musikarchiv in Eisenach. Auch der Nachlass von Lore Boas wird dort erhalten bleiben.
Eisenach habe Lore Boas geliebt und dort viele Geburtstage gefeiert, „inmitten eines bunten Völkchens“, wie sie gesagt habe. Ihr Witz und ihr Charme blieben den Dabeigewesenen unvergesslich. Lorenz würdigte Lore Boas als interessante Erzählerin, mit der er ganze Nächte hindurch diskutiert habe. Ihre für das Archiv verfassten Lebenserinnerungen „Mein Weg durch das 20. Jahrhundert“ seien ein einzigartiges Dokument deutscher und europäischer Kulturgeschichte. Menschen wie Lore Boas sind „das Salz der Erde“, so Lorenz. Ihr Weggang sei zutiefst schmerzlich. Sie werde fehlen als „Rückgrat eines toleranten Humanismus, der zu verschwinden droht“.
Saxophonklänge am Grab

Die Gedenkfeier gestaltete auch Pater Dominik, Pfarrverwalter der Stiftskirche Cappenberg, mit, bevor die Trauergemeinde zum Cappenberger Friedhof zog. An der Seite ihres Mannes Günter wurde die Urne von Lore Boas beigesetzt, begleitet von den Jazz-Saxophonklängen des Musikers Bernhard Well aus Selm.