So wie nahezu überall auf der Welt hinterließ der Ukraine-Krieg auch in Lünen dieses Jahr deutliche Spuren. Von dem brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar zeigten sich die Lünerinnen und Lüner sichtlich geschockt, rückten aber angesichts der menschenverachtenden Tat auch enger zusammen.
Neben kurzfristig angesetzten öffentlichen Kundgebungen auf dem Marktplatz in der Lüner Innenstadt organisierten Stadt und private Organisationen sowie einzelne Personen über Wochen Hilfskonvois mit den unterschiedlichsten Artikeln in die Ukraine.
Von dort machten sich gleichzeitig Frauen und Kinder auf den Weg, um dem Kriegsgeschehen zu entkommen. Ein Teil der Geflüchteten fand den Weg nach Lünen, wo sie ohne Wenn und Aber mehrheitlich herzlich aufgenommen und versorgt wurden und auch noch werden.
Kritik am Container-Dorf
Kritik vonseiten der Politik und zum Teil auch aus der Bevölkerung musste die Verwaltungsspitze hingegen für das von ihr eigens für Geflüchtete eingerichtete Container-Dorf auf einem Teil des Parkplatzes am Freibad Cappenberger See einstecken.
Die Verwaltung sah sich unter anderem dem Vorwurf ausgesetzt, die Geflüchteten dort öffentlich zur Schau zu stellen. Dem setzte die Verwaltung entgegen, dass es kurzfristig keinen besseren Standort für die Unterbringung der Menschen aus der Ukraine gegeben habe.
Ungeachtet der Diskussionen über das Für und Wider des Standortes zogen die ersten Geflüchteten Anfang Juli vorübergehend in das Container-Dorf ein, bevor sie - wie das in der Folgezeit auch gehandhabt wurde - in einer anderen Unterkunft Platz fanden.
Mitte November lebten 1135 Geflüchtete aus unterschiedlichen Herkunftsländern in Lünen, davon stammten 972 aus der Ukraine.

Vakuum an Verwaltungsspitze
Mitunter sah es dieses Jahr so aus, als sei die Verwaltungsspitze gar nicht mehr oder aber nur noch begrenzt handlungsfähig. Grund dafür war, dass neben dem krankheitsbedingt vorzeitig im August in den Ruhestand verabschiedeten Schul- und Kulturdezernenten Horst Müller-Baß auch noch Lünens Erste Beigeordnete und Kämmerin Bettina Brennenstuhl Anfang Oktober auf dem Vorstandssessel der Dortmunder Hafen AG Platz nahm. Damit blieben von dem einst vierköpfigen Verwaltungsvorstand nur noch Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns und der Technische Beigeordnete Arnold Reeker übrig.
Dieses vermeintliche Machtvakuum ist zumindest auf dem Papier seit Ende Oktober Geschichte. Denn mit der Wahl von André Jethon zum neuen Kämmerer und von Axel Tschersich zum neuen Ersten Beigeordneten wurde zusätzlich Dr. Christian Klicki, bislang persönlicher Referent des Bürgermeisters und Leiter der Stabsstelle Wirtschaft ebenfalls zum Beigeordneten der Stadt Lünen gewählt. Wobei die Einrichtung der von der SPD- und CDU-Fraktion auf den Weg gebrachten und letztlich im Stadtrat auch durchgesetzten vierten Beigeordnetenstelle „zum Wohle der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger“ nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Teilen der Öffentlichkeit angesichts der damit verbundenen Kosten von jährlich 165.000 Euro nicht nachvollziehbar war und ist.

Katastrophale Haushaltslage
Dass solche Kostenüberlegungen nicht von ungefähr kommen, zeigt ein Blick auf den Anfang des Monats vorgestellten Haushaltsentwurf 2023. Danach drückt Lünen ein Schuldenberg von 380 Millionen Euro, der in den kommenden Jahren auf 450 Millionen Euro steigen wird.
Dahinter steckt der Wegfall der corona- und mittlerweile auch ukrainebedingten Bilanzierungshilfe der Landes Nordrhein-Westfalen vom Jahr 2026 an, sodass Lünen spätestens dann tiefrote Zahlen in der Bilanz ausweist. Vor diesem Hintergrund hatte Lünens ehemalige Kämmerin Bettina Brennenstuhl vor ihrem Weggang immer wieder betont, dass das Gebot der Stunde nur Sparen heißen kann.
Davon betroffen sind nicht zuletzt die bereits seit Monaten laufenden Planungen der Verwaltung anlässlich der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2027. Schon jetzt ist klar, dass sich nur ein Teil der angedachten Projekte wegen der prekären Haushaltssituation und unsicheren Fördergeldsituation am Ende verwirklichen lässt.

Bürgerentscheid gescheitert
Eine mehr oder weniger bittere Pille musste die Lüner „Bürgerinitiative (BI) gegen die Müllkippe Dortmund-Nord-Ost e.V.“ und ihre weit verzweigten Anhänger jüngst schlucken: Der von der BI initiierte Bürgerentscheid zum Planungsstopp für die von der Dortmunder Harpen AG favorisierten und vom Stadtrat mehrheitlich abgesegneten Gewerbegebiete Klöters Feld und Derner Straße ist bei der Abstimmung am dritten Adventswochenende (11. Dezember) gescheitert.
Dabei hatten 83,26 Prozent für ein Ende der Planungen zum Gewerbegebiet Derner Straße und 83,23 Prozent für einen Planungsstopp für das Gewerbegebiet Klötersfeld gestimmt. Dass die Planungen trotzdem weitergehen, liegt schlicht und einfach daran, dass die Wahlbeteiligung zu niedrig war.
Die Zustimmung hätte bei mindestens 15 Prozent aller 65.483 Wahlberechtigten Lünerinnen und Lüner liegen müssen, tatsächlich erreichte sie aber nur 13,1 Prozent. Damit hatten sich nach weit verbreiteter Meinung am Ende - dieses Jahres - diejenigen durchgesetzt, die der Abstimmung ferngeblieben waren.
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