Seit vier Monaten ist die Coronapandemie offiziell vorbei, die Schutzmaßnahmen der Bundesregierung sind am 7. April ausgelaufen. Schon vorher fiel in manchen Bereichen die Masken- und Testpflicht. Die 7-Tage-Inzidenz (Infektionen pro 100.000 Einwohner) beträgt im Kreis Unna (Stand 3. August) 2,3.
Trotzdem sind hin und wieder noch Menschen anzutreffen, die aus Selbstschutz eine Maske tragen. Volker Brüning führt in Lünen und Selm insgesamt vier Apotheken und hat viele ältere Leute unter seinen Kunden, die von dem Virus besonders gefährdet waren.
Er sagt: „Wir haben Ende Mai die Glasscheiben im Verkaufsbereich und die Hinweisschilder, eine Maske zu tragen, abgebaut. Wir gehen davon aus, dass alle Kunden und Mitarbeiter das jetzt selbst verantworten können.“ Er habe bis Ende Mai gewartet, um zunächst die Erfahrungswerte aus dem „normalen Einzelhandel“ abzuwarten.
„Kunden sind dankbar dafür“
Speziell die Kunststoffscheiben, die das Infektionsgeschehen im Einzelhandel einschränken sollten, habe sein Team zunehmend als Barriere gegenüber dem Kunden empfunden. Die Kunden seien dankbar für den persönlicheren Kontakt. Einige würden auch nicht mehr so gut hören, sodass die Scheibe die Kommunikation zusätzlich erschwert hat, sagt der Apotheker. Dennoch findet Volker Brüning: „Wer sich schützen will, soll das machen.“ Und das würden auch einzelne Mitarbeiter noch machen , um sich selbst und die älteren Kunden vor einer Infektion zu bewahren.
In den Senioreneinrichtungen der Caritas wird auch noch großer Wert auf Hygiene gelegt, Schutzmaßnahmen gibt es aber auch dort keine mehr. Thomas Middendorf, Sprecher des Caritasverbands Lünen-Selm-Werne, sagt: „Die Basishygiene (Händewaschen und -desinfizieren, Abstand halten, in die Armbeuge husten oder niesen) ist stärker in den Vordergrund gerückt und in den Einrichtungen stehen vermehrt Desinfektionsmöglichkeiten.“ Auf coronatypische Symptome bei Besuchern, Bewohnern sowie Mitarbeitern würde zudem sensibler reagiert. Bei entsprechenden Anzeichen führe man dann Corona-Tests durch.

VKU machte eine Umfrage
Während in der Apotheke die Scheiben entfernt wurden, bleiben sie in den Bussen der VKU aber bestehen, jedoch aus einem anderen Grund. Die Abtrennung diene der Sicherheit der Fahrer, sagt VKU-Sprecherin Sabine Schröder. Im Nahverkehr in NRW ist die Maskenpflicht seit dem 1. Februar dieses Jahres entfallen. Auch in der breiten Bevölkerung ist das Hygienebewusstsein nach den Aussagen der Sprecherin gestiegen. „In Umfragen haben viele Fahrgäste angegeben, dass sie, wenn sie Erkältungssymptome haben, wieder eine Maske aufsetzten würden.“ Inwiefern das tatsächlich umgesetzt wird, könne die Verkehrsgesellschaft aber nicht sagen.
Belastbare Daten zum Infektionsverhalten kann auch Stadtsprecher Daniel Claeßen nicht angeben. In den städtischen Gebäuden gebe es keine Corona-Einschränkungen mehr. Seitens der Stadtverwaltung Lünen sind laut dem Pressesprecher auch keine veränderten Maßnahmen erfolgt. Claeßen sagt aber: „Wir gehen davon aus, dass sich die Menschen nach der Pandemie sensibler verhalten und beispielsweise stärker auf Desinfektion und Hygiene achten.“

„Weitestgehend irrelevant“
In Geschäften abseits des Gesundheitssektors wurde auch ein Weg gefunden, nach dem Wegfall der Schutzmaßnahmen zum normalen Alltag überzugehen. In der Eisdiele Casa Del Gelato auf der Lange Straße etwa werden die Hörnchen mit einer Papierverpackung an den Kunden übergeben.
Was das Eis essen vielleicht etwas erschwert, ist deutlich hygienischer im Verkauf. Mitarbeiter Diego Sandrini verriet im Gespräch, die Papierverpackungen benutze die Eisdiele schon seit sechs Jahren, also unabhängig von der Pandemie. Er findet die Option deshalb sinnvoll, weil Verkäufer und Kunden im Alltag vieles anfassen, Bakterien mit sich tragen und Bargeld austauschen.
Kunden mit Maske bekommt der Eisverkäufer nur noch selten zusehen. Das sei im vergangenen Jahr deutlich mehr gewesen. „Dieses Jahr ist es mit Corona sehr wenig geworden. Ich würde schätzen, ich habe nur fünf Kunden gesehen, die eine Maske trugen.“
Diesen Eindruck bestätigt ebenfalls Maik Kowalski vom Optiker Schnurbusch neben der Lippebrücke. Auch in einem etwas körpernäheren Beruf wie dem des Optikers sei das Virus inzwischen größtenteils irrelevant. „Eine Maske trägt vielleicht noch einer von 100 Kunden, wenn jemand beispielsweise sehr immunschwach ist.“ Geräte, bei denen es eine Kontaktfläche gibt, wie etwa beim Sehtest, wurden auch schon vor der Pandemie ständig desinfiziert, sagt der Optiker.
Einzelfälle im Krankenhaus
Im St. Marien Hospital in Lünen ist der Umgang mit dem Virus naturgemäß noch etwas sensibler. „Patienten, die mit einer unklaren Atemwegsinfektion aufgenommen werden, werden unter anderem auf das Coronavirus getestet“, sagt Krankenhaus-Sprecherin Paula Klein. Wie bei allen anderen Infektionserkrankungen gebe es auch für das Coronavirus spezielle Schutzmaßnahmen gemäß den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Das Infektionsaufkommen in Bezug auf Corona habe laut der Sprecherin auch im Klinikum deutlich abgenommen. In Einzelfällen lasse sich das Coronavirus aber noch als Verursacher von Atemwegsinfektionen der Patienten nachweisen.
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