Ein bis dahin einzigartiges Experiment wagte die Stadt Lünen vor 25 Jahren. Um die Lünerinnen und Lüner in die Diskussionen um die Zukunft der Stadt einzubeziehen, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dazu gehörte auch eine groß angelegte Umfrage eines renommierten Meinungsforschungsinstitutes.
Vom 10. bis 23. Dezember 1997 befragte das Unternehmen „Forsa“ im Auftrag der Stadt insgesamt 800 Bürgerinnen und Bürger per Telefon zum Image der Lippestadt. Wenige Wochen später – am 5. Februar 1998 – wurden dann die Ergebnisse der Umfrage präsentiert.
Im Schnitt nahmen sich die Lünerinnen und Lüner etwa 35 Minuten Zeit, um ihre Meinung zur Stadt kundzutun. Das größte Problem in der Stadt, das sich aus der Umfrage ergab, war die Verkehrssituation. 15 Prozent der Befragten übten hieran Kritik – gefolgt von der Parkplatznot, die von 9 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden als negativ eingestuft wurde. Aber auch die öffentliche Verkehrsanbindung sowie das Freizeit- und Kulturangebot schnitten vor 25 Jahren mit jeweils 7 Prozent der Negativnennungen bei den Befragten weniger gut ab.
Innenstadt überzeugte
Überzeugen konnte die Stadt hingegen 23 Prozent der befragten Lünerinnen und Lüner mit dem Stadtbild und der Innenstadt. Gemütlichkeit und Überschaubarkeit wurden in 14 Prozent der Fälle als positiv eingestuft. Auch die Einkaufmöglichkeiten sowie die verkehrsgünstige Lage wurden gelobt.
Bei der Frage, wie sie ihre Stadt beschreiben würden, nannten 92 Prozent den Begriff „überschaubar“, gefolgt von „sympathisch“ (89 Prozent), umweltbewusst (86), „gemütlich“ (85) und „sauber“ (84). Bei der Vergabe von Schulnoten konnte die medizinische Versorgung in Lünen bei den 800 Angerufenen punkten. Mit einer Durchschnittsnote von 2,14 belegte sie den Spitzenrang. Umland, Restaurants und das Vereinswesen folgten darauf. Die Verkehrs- und Parkplatzsituation in der Innenstadt fielen auch bei der Benotung durch.
Schaffung von Arbeitsplätzen
Dabei schienen auswärtige Besucher die Parkplatzsuche in Lünen anders zu empfinden, wenn man der Umfrage glaubte. So wurden zusätzlich auch 40 Autofahrende aus Dortmund dazu befragt. Das Ergebnis: 65 Prozent waren der Meinung, dass die Parkmöglichkeiten in Lünen gut sind.
Was die Zukunft ihrer Stadt betrifft, sahen die meisten Lünerinnen und Lüner die Schaffung von Arbeitsplätzen als wichtigste kommunalpolitische Aufgabe. Mit 80 Prozent landete dieses Thema einsam an der Spitze. Kindergärten wurden von mehr als jeder dritten befragten Person als wichtig empfunden.
Im Bereich des Verkehrs nannten die Umfrage-Teilnehmenden mit dem Ausbau der B 236 (36 Prozent), dem Autobahnanschluss Lanstrop (26), der Stärkung des Radverkehrs (27) und einer Forderung der Verkehrsberuhigung (23) häufig Themen, die die Bürgerschaft noch heute beschäftigt.
Verwaltung schnitt gut ab
Auch zur Verwaltung durfte die Meinung gesagt werden. Hier lobten die Befragten in 75 Prozent der Fälle die Hilfsbereitschaft. Kompetenz (73 %) und Freundlichkeit (68 %) wurden zudem positiv hervorgehoben. Allerdings empfand vor 25 Jahren jeder zweite Angerufene, dass die Verwaltung zu bürokratisch sei. Das neu eingerichtete Bürgerbüro brachte vor allem die Hoffnung der Hilfestellung bei den Beteiligten.

So vielfältig die Meinungen der 800 Befragten auch waren, konnte das Meinungsforschungsinstitut Forsa aber einen Trend bei den Teilnehmenden erkennen: Nicht nur je nach Wohnort fielen die Antworten unterschiedlich aus, auch das Alter sorgte für unterschiedliche Einschätzungen. So waren Jugendliche in ihren Urteilen beispielsweise kritischer als die befragten Seniorinnen und Senioren.
Parallelen zu heute
Auch heute setzt die Stadtverwaltung noch auf Umfragen, um die Stimmung bei der Bevölkerung einzufangen. „Da die Stadt Lünen recht regelmäßig Befragungen in unterschiedlichen Konstellationen durchführt – zuletzt 2019, davor unter anderem 2011 und 2014 – ist eine solche Umfrage natürlich auch in Zukunft denkbar“, teilt Stadtsprecher Daniel Claeßen mit. „Konkrete Pläne oder Termine gibt es allerdings noch nicht.“
Bei der aktuellsten Umfrage aus 2019 zeigen sich aber gewisse Parallelen zur Umfrage im Jahr 1997: Auch zwei Jahrzehnte später zeigen sich die Bürgerinnen und Bürger zufrieden mit der Entwicklung der Innenstadt, Kritik gibt es dagegen weiterhin an der Verkehrslage sowie der Parkplatzsituation.
Anregungen oder Kritik können die Lünerinnen und Lüner heute aber auch über die unregelmäßig stattfindenden Befragungen hinaus über verschiedene Wegen an die Stadt richten. „Dazu gehören neben der Sprechstunde des Bürgermeisters und dem Bürgertelefon nicht zuletzt auch die städtischen Kanäle auf Social Media“, merkt Daniel Claeßen an.
Größte Herausforderung
Weil die Situation heute nicht mehr mit der vor 25 Jahren zu vergleichen sei, könne die Stadt keine Herausforderung hervorheben, die sich in der Lüner Stadtentwicklung stellt. Stadtsprecher Claeßen erklärt das so: „Rahmenbedingungen und Anforderungen ändern sich laufend, die Stadtplanerinnen und -planer müssen dies permanent im Blick haben und gegebenenfalls kurzfristig reagieren.“
Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich um Entwicklungen in einzelnen Bereichen wie zum Beispiel Mobilität, Innenstadt, Klima oder Wirtschaft handele, da alle Bereiche grundsätzlich eng miteinander verbunden seien. „Wenn man das Ziel der aktuellen Stadtplanung unter einem Begriff zusammenfassen müsste, wäre das ‚Die resiliente Stadt‘“, so Claeßen – also die Anpassungsfähigkeit der Lippestadt an sich wandelnde Umweltbedingungen.