Schulleiter Heinrich Kröger wurde am Donnerstag (1. Juli) im Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in den Ruhestand verabschiedet.

© Irina Höfken

Heinrich Kröger verabschiedet sich: „Eltern sehen die Schule kritischer“

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Zum Abschluss gab es ein herausforderndes Schuljahr: Heinrich Kröger (63), Schulleiter des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in Lünen, hat sich am Donnerstag (1.7.) in den Ruhestand verabschiedet.

Lünen

, 02.07.2021, 11:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Offiziell ist er noch bis zum 31. Juli im Amt. Verabschiedet hat er sich jedoch bereits am Donnerstag (1. Juli) von „seiner“ Schule: Heinrich Kröger geht in den Ruhestand. Einen Tag vor der Zeugnisausgabe wurde er offiziell verabschiedet. 1985 begann der gebürtig aus einer Bauernschaft im Oldenburger Land stammende Pädagoge seine Laufbahn als Referendar mit den Fächer Mathe und Sport. Nach Tätigkeiten in Olpe und Dortmund wurde er 2011 Leiter der Ursulinenrealschule in Werl, ehe er 2015 an das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Lünen wechselte.

„Schulleiter in der Stadt zu sein, wo man lebt, hat was“, sagt er rückblickend auf die Entscheidung, die er nach eigenen Angaben nie bereut hat. „Das hat etwas mit Gestalten zu tun, mit der Stadt, mit den Menschen, die hier leben - dass man da einen kleinen Teil zu beitragen konnte, freut mich.“ Sorgen, dass man abends beim Bier im Brauhaus Drei Linden schief angeguckt wird, hatte Kröger nie: „Die Leute können sehr gut unterscheiden, ob ich privat unterwegs bin oder nicht.“

Fehlende Präsenz ist hinderlich

Und dieses Leben in der Stadt, in der auch seine Schule steht, sei im Nachhinein sehr wichtig gewesen: „Während meiner Zeit als Schulleiter in Werl habe ich das immer als Nachteil empfunden, weil Schulpolitik halt manchmal auch auf dem Marktplatz gemacht wird. Die fehlende Präsenz vor Ort außerhalb der Schulzeiten ist da hinderlich.“

Natürlich lief auch vor Ort nicht immer alles glatt. So habe die Zusammenarbeit mit Behörden den Schulalltag durchaus das ein oder andere Mal beeinträchtigt. „Aber ich habe Glück gehabt, dass ich immer auf Menschen gestoßen bin, die der Schule positiv gegenüber eingestellt waren. Das hängt natürlich auch mit der Frage zusammen, wie ich selber mit den Menschen umgehe.“ Dabei haben ihm auch die Erfahrungen anderer Schulleiter geholfen. „Ich hatte nie das Gefühl, dass da einer saß, der seinen Job als reiner Verwalter interpretiert hat.“

Wo genau ist ein Schulleiter angesiedelt zwischen Schülern, Eltern und Kollegium? Eine Frage, die sich Heinrich Kröger auch gestellt hat. Als Mathematiker lag die Antwort nahe: „Das ist ein gleichseitiges Dreieck, und man selbst ist der Schwerpunkt darin.“ Je nachdem, in welche Richtung das Dreieck kippt, müsse der Schulleiter ausgleichend wirken. „Dabei muss allen klar sein, dass er nicht auf einer Seite stehen kann, sondern stets in der Mitte ist.“

„Früher hatten wir Duckmäuserei“

Die Balance zu halten, kann eine große Herausforderung sein - erst recht, wenn der Respekt von Schülerinnen und Schülern - und auch von Eltern - gegenüber dem Lehrpersonal sinkt. Kröger würde jedoch nicht so weit gehen und sagen, dass früher alles besser war. „Früher war es anders. Wir hatten Positives, aber auch Negatives, wie zum Beispiel Duckmäuserei und Anpassung.“ Der scheidende Schulleiter ist der Ansicht, dass seitdem die Anforderungen an die Lehrer höher geworden sind, aber dass eben auch andere Erziehungsgrundsätze gelten. „Eltern sehen die Schule kritischer und akzeptieren nicht mehr alles, was dort passiert. Das finde ich aber gut so. Weil sich ohne kritische Nachfragen auch nichts ändern würde.“

Ausgerechnet in seinem letzten Jahr erlebte Heinrich Kröger vielleicht die größte Enttäuschung seiner Karriere. „Mich hat die Behandlung von uns Lehrern während der Corona-Zeit durch das Schulministerium unfassbar geärgert.“ Während die Eltern verständlicherweise gefragt hätten, wie es in der Pandemie denn nun weitergehen soll, habe Düsseldorf zunächst geschwiegen. „Und anschließend wurde die Presse vor den Schulen informiert.“ Dass man freitagabends aus den Medien erfahren hat, wie es am kommenden Montag weitergehen würde, hat aus Krögers Sicht auch etwas mit mangelnder Wertschätzung seitens der oberen Behörden zu tun. „Da habe ich dann manchmal auch da gesessen und gedacht: Macht euren Kram doch alleine.“

Beitrag zur Integration geleistet

Aber natürlich blieb der Schulleiter am Ball. Denn es gab in seiner Zeit auch sehr viele schöne Momente, an die Kröger gerne zurückdenkt. „Der schönste Moment war vielleicht der, als eine türkische Mutter auf dem Abiball zu mir kam, mich umarmte und mit einen Kuss gab.“ Ihr Kind hätte als erste in der Familie überhaupt das Abitur geschafft, und dafür sei sie ihm - und allen Lehrerinnen und Lehrern - sehr dankbar. „Und so etwas macht einen natürlich stolz. Weil es an der Stelle so viel bedeutet: Da hat jemand vielleicht mit Widrigkeiten zu kämpfen gehabt und am Ende den bestmöglichen Schulabschluss geschafft - was ja auch ein Beitrag zur Integration ist.“ Generell treibe es ihn genau wie viele andere Kolleginnen und Kollegen an, wenn man die Schülerinnen und Schüler als Kinder sieht und sie zum Abschluss begleitet, dabei auch gemeinsam gegen Schwierigkeiten kämpft. „Da kann man sich abends auch al zurücklehnen und sagen: Das habe ich gut gemacht.“

Ein Wohnmobil wird sich Heinrich Kröger im Ruhestand nicht kaufen. Vielmehr freut er sich auf die neue Freiheit: „Einfach mal die Dinge tun, auf die man Lust hat - ohne vorher zu wissen, wie der Tag eigentlich ablaufen soll.“ Er geht nicht davon aus, dass er in Zukunft Langeweile haben wird. „Ich möchte mich auf jeden Fall im Umweltbereich in Lünen engagieren.“ Ansonsten gilt für ihn künftig: „Zufrieden und mit sich und der Welt im Reinen zu sein.“

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