Das Jahr 2026 wird ein Schicksalsjahr werden für Lünen. Der ohnehin schon stattliche städtische Haushaltsberg wird sich dann auf 450 Millionen Euro türmen. 28 Millionen Euro Mehrausgaben und Mindereinnahmen werden die Stadt 2026 wieder einholen: Positionen, die das Ergebnis des aktuellen Haushaltsplanentwurfs 2023 noch nicht trüben, ab da aber in drei Jahren wirksam werden und es von da an über 50 Jahre hinweg bleiben. Wie ist es dazu gekommen?
NKF zwang zu Transparenz
Der Blick geht zurück in eine Zeit, als noch niemand das Wort Corona kannte und ein neuer Krieg in Europa mit all seinen Folgen undenkbar war: Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends wurde in NRW das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) verbindlich für die Städte und Gemeinden eingeführt. Ein Vorteil des neuen Bilanzierungsmodells, das damals die Kameralistik ablöste: Es sollte helfen, über Abschreibungen den Werteverzehr etwa bei Straßen und bei der Kanalisation im Rechnungswesen darzustellen. Die Verantwortlichen versprachen sich davon mehr Transparenz und Eindeutigkeit. Damit ist es inzwischen vorbei.
Seit der Pandemie ist es Städten und Gemeinden erlaubt, krisenbedingte Mindererträge oder Mehraufwendungen - erst nur bedingt durch Corona, inzwischen auch durch den Ukraine-Krieg - aus dem Haushalt zu isolieren und als sogenannte Bilanzierungshilfe in die Zukunft zu verschieben. Genau genommen in das Jahr 2026. Denn ab diesem Jahr sind diese Beträge dann entweder sofort oder über 50 Jahre abzuschreiben.
Weniger Steuern, höhere Preise
Welche Positionen in Lünen sind davon betroffen? Als größter Betrag fällt im Haushaltsentwurf 2023 der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer ins Gewicht. Mehr als 40,77 Millionen Euro sollte der Betrag ursprünglich betragen, doch in Folge der Krise dürfte dieser Gemeindeanteil jetzt auf nur noch 34,46 Millionen Euro schrumpfen: eine Veränderung um immerhin 6,31 Millionen Euro. Rechnet man alle steuerbasierten Einnahmen zusammen, entstehen der Stadt im Haushaltsentwurf Mindereinnahmen von über 9 Millionen Euro.
Noch dramatischer sieht die Ausgabenseite im Haushaltsentwurf 2023 aus. Um mehr als 4 Millionen sollen die Personalausgaben der Stadt steigen. Von knapp 65,5 Millionen Euro auf mehr als 69,5 Millionen Euro. Von der Inflation getrieben setzt die Kämmerei Mehraufwendungen von 1,5 Millionen Euro für die Energiekosten der Städtischen Gebäude an sowie weitere 4,5 Millionen für allgemeine Preissteigerungen.
Der Zinsaufwand wird sich in etwa verdoppeln und die Stadt mit 4,37 Millionen Euro belasten. Aber eben nicht im Haushaltsjahr 2023. Denn auch hier werden aufgrund des Covid 19- und des Ukraine-Isolierungsgesetzes 2,17 Millionen Euro Zinsaufwand in das Jahr 2026 verschoben. Alles zusammengenommen werden knapp 28,5 Millionen Euro kalkulatorische Mindereinnahmen oder kalkulatorischer Mehraufwand aus dem Haushaltsentwurf 2023 isoliert und in das Jahr 2026 verlagert.
Punktplandung beim Defizit
Preissteigerungen, wo auch immer, müssen Haushaltsentwürfe der Städte und Gemeinden ebenso berücksichtigen wie zu erwartende Steuerausfälle oder Mehrbelastungen durch das Ansteigen des Zinsniveaus. Das war seit Einführung des NKF nie anders. Erst jetzt hat es der Gesetzgeber selbst aber mit der Einführung des Covid 19-/Ukraine-Isolierungsgesetzes möglich gemacht, das eigens zur transparenten Dokumentation geschaffene NKF zu konterkarieren. Der finanzielle Ist-Zustand der Städte und Gemeinden wird nicht mehr verdeutlich, sondern verschleiert.
Wie zufällig spiegeln die Mehrbelastungen und Mindererträge durch Krieg und Corona nahezu punktgenau die Höhe der jeweiligen kommunalen Defizite wider.
Für Lünen sind das 28,5 Millionen Euro.
Sie werden aus dem Haushaltsjahr 2023 in das Jahr 2026 verschoben, 2024 sollen mehr als 32 Millionen Euro folgen und am Ende summieren sich alle Beträge aus den Jahren 2022 bis 2026 auf mehr als 180 Millionen Euro. Wie es nach dem Covid-19-Isolierungsgesetz und den Ukraine-Isolierungsgesetz weiter gehen wird, ist bislang offen. Dass es eine weitere Krise geben wird, erscheint heute schon als sicher: eine kommunale Finanzkrise. Nicht nur für Lünen.
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