Hausdurchsuchungen der Polizei bringen die Fraktion der Bündnisgrünen im Kreis an den Rand des Zusammenbruchs. Timon Lütschen, einer der Verdächtigen in den Ermittlungen zur Abrechnungsaffäre, ist als Reaktion darauf aus der Fraktion ausgetreten. Marion Küpper steht fraktionsintern unter Druck, seinem Beispiel zu folgen. Die bislang vierköpfige Abspaltung der grünen Bewegung würde dann ihrerseits den Fraktionsstatus verlieren.
Lütschen und Küpper stehen unter Verdacht, vom Kreis Unna Ausgleich für Verdienstausfälle bezogen zu haben, die es in der entsprechenden Höhe vielleicht gar nicht gegeben hat. Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt mit dem Verdacht des Betruges – und greift nun zu Mitteln, die eine gewisse Schockwirkung bei den Betroffenen hatten.
Am 25. Oktober rückte die Polizei zu Hausdurchsuchungen aus. Im Auftrag der Staatsanwaltschaft besuchten sie das Fraktionsbüro von Bündnis90/Die Grünen, aber auch die Wohnräume von Lütschen in Kamen und Küpper in Selm. Im Kreishaus haben die Beamten dem Vernehmen nach Aktenordner und den Computer der Fraktion beschlagnahmt. Ziel der Aktion: Prüfen, ob die Angaben der Verdächtigen über ihr Verdienst beziehungsweise ihre Ausfälle zutreffend sind.
Lütschen will „Schaden von Fraktion abwenden“
Welchen Erkenntnisgewinn die drei Hausdurchsuchungen für den Gang der Ermittlungen geliefert haben, ist noch unklar. Doch bereits jetzt hat die Aktion politische Auswirkungen. Lütschen hat den Austritt aus seiner Fraktion erklärt und will sein Mandat im Kreistag ruhen lassen, bis der Sachverhalt aufgeklärt ist. Er begründet diesen Schritt ausdrücklich mit der Durchsuchung der Fraktionsräume.
„Dass deswegen auch unser Büro durchsucht worden ist, ist mir äußerst unangenehm. Mein Austritt soll nun dazu beitragen, Schaden abzuwenden von der Fraktion“, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung.
Dabei ist nicht mehr wirklich sicher, dass die Fraktion der Bündnisgrünen überhaupt eine Zukunft hat. Ihr Vorsitzender Dr. Gerrit Heil soll auch Marion Küpper dazu aufgefordert haben, die Fraktion zu verlassen. Küpper erklärte gegenüber unserer Redaktion, dass sie dies nicht tun werde.
Fraktionschef klopft bei den „anderen Grünen“ an
Ob durch Austritt oder Ausschluss: Ohne Lütschen und Küpper hätten die Bündnisgrünen nur noch zwei Köpfe, nämlich Dr. Gerrit Heil und seine Frau Daniela. Für die Bildung einer Fraktion reicht dies nicht aus. Zwar wären Fraktionsaustritte anders als eine Rückgabe des Kreistagsmandates jederzeit umkehrbar, doch auch Dr. Heil selbst scheint inzwischen Alternativen zu suchen. Er hat bei der zurzeit zehn Mitglieder starken Fraktion „Grüne im Kreistag“ angeklopft.

Dass die Abrechnungsaffäre im Kreistag eine Wiedervereinigung der Grünen bewirken könnte, ist allerdings längst nicht sicher. Herbert Goldmann, Vorsitzender der Fraktion „Grüne im Kreistag“, gibt sich in dieser Hinsicht reserviert. Er bestätigt zwar ein Gespräch mit Dr. Gerrit Heil, sieht aber wenig Sinn in solch einem Schritt und einige Voraussetzungen dafür längst nicht erfüllt.
„Es sind bemerkenswerte Dinge, die da zurzeit passieren“, meint Goldmann. „Da sollte man jetzt nicht den 27. Schritt vor dem ersten machen, sondern naheliegendere Dinge angehen, vor allem Aufklärung leisten. Viele Fragen sind ja noch offen. Und wie ein Zusammenschluss diese Probleme lösen sollte, dafür fehlt mir ehrlich gesagt die Fantasie.“ Die Reaktionen, die sich bei den Bündnisgrünen nun andeuten, gehen Goldmann überdies nicht weit genug. „Da ist bereits ein massiver Schaden entstanden für die Politik im Ganzen. Konsequent wäre es da, auch das Mandat zurückzugeben, damit ein Kandidat von den Grünen nachrücken kann.“