Das Archivfoto zeigt die zerstörte Frontscheibe der Regionalbahn. © dpa

Berufungsverhandlung

Gullydeckel-Prozess aufgehoben: Lüner Lokführer tot aufgefunden

Das Berufungsverfahren gegen einen Lüner Lokführer im Gullydeckel-Prozess vor dem Landgericht Siegen ist Dienstag (4. Januar) überraschend aufgehoben worden. Der Angeklagte ist tot.

Lünen

, 04.01.2022 / Lesedauer: 3 min

Ein Gullydeckel war im April 2019 in einen Zug gekracht, das Entsetzen war bundesweit groß. Man vermutete einen Anschlag, doch dann wurde klar: Der Lokführer aus Lünen war selbst verantwortlich.

Der damals 49-Jährige wurde 2020 verurteilt und legte Rechtsmittel ein. Zum Berufungsprozess kam es Dienstag (4. Januar) jedoch nicht, weil der Angeklagte am Tag zuvor in seiner Heimatsstadt Lünen verstorben ist. Das teilte das Landgericht Siegen Dienstag mit, als die Berufungsverhandlung eigentlich beginnen sollte.

Kein Hinweis auf Fremdverschulden

Bei der Staatsanwaltschaft in Dortmund wurde unterdessen ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dortmund am Dienstag auf Anfrage unserer Redaktion sagte, sei der Angeklagte Montagnachmittag (3. Januar) in einer Kleingartenanlage tot aufgefunden worden. Am Tag zuvor, also am Sonntag sei er von seiner Ehefrau bei der Polizei als vermisst gemeldet worden, sagte der Sprecher weiter.

Weitere Angaben zum Fundort der Leiche oder den genauen Todesumständen machte die Staatsanwaltschaft keine. Außer, dass es keine Hinweise auf ein Fremdverschulden gebe.

Gullydeckel krachen in Frontscheibe

Im April 2019 waren bei Siegen nahe der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Hessen zwei schwere Gullydeckel in die Frontscheibe einer Regionalbahn gekracht. Der Lokführer in dem frühmorgens noch unbesetzten Zug blieb bei dem Vorfall unverletzt - es war der erste Zug des Tages. Er war unterwegs vom nächtlichen Abstellplatz in Erndtebrück zum Startbahnhof Bad Berleburg.

Laut Staatsanwaltschaft hatte der Zugführer das Ganze „aus nicht bekannter Motivlage“ inszeniert, er war am 24. April festgenommen worden, nachdem Ermittler seine Wohnung in Lünen durchsucht hatten. Einen Tag später wurde er wieder freigelassen - es bestanden keine Haftgründe.

Der Mann sei Täter, nicht Opfer, hieß es zu diesem Zeitpunkt. Der Lüner hatte den Tatvorwurf zurückgewiesen.

Zu Haftstrafe verurteilt

Das Amtsgericht in Bad Berleburg verurteilte den Mann im Oktober 2020 wegen Vortäuschens einer Straftat und wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monate ohne Bewährung.

Das Strafmaß entsprach der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte Freispruch verlangt.

In dem weit über NRW hinaus Aufsehen erregenden Fall waren zunächst eine Amoklage und ein Mordanschlag nicht ausgeschlossen worden.

Dann fiel der Verdacht auf den Zugführer selbst. An den Seilen, an denen die Kanaldeckel befestigt waren, hatten Ermittler seine DNA-Spuren gefunden. Bei der Wohnungsdurchsuchung tauchten außerdem verdächtige Schneidwerkzeuge und Handschuhe auf.

DNA-Spuren

Das Urteil stützte sich vor allem auf die DNA-Spuren sowie auf Gutachten zu Faserspuren, die dem 50-Jährigen zugeordnet wurden. Ermittler entdeckten die DNA des Mannes an den Gullydeckeln, an Seilen und an Seilknoten, von denen Teile nach dem Vorfall noch hoch oben am Brückengeländer hingen, wie der Gerichtssprecher schilderte.

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