Die viel diskutierte Grundsteuerreform sorgte zuletzt sowohl bei Kommunen als auch bei Hauseigentümern für viele Fragezeichen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die bisherige Bemessungsgrundlage für verfassungswidrig erklärt hatte, müssen allein in NRW rund 6,5 Millionen Grundstücke neu bewertet und die Steuer neu festgesetzt werden.
Am Donnerstag (20. Juni) hat die Finanzverwaltung NRW nun „aufkommensneutrale Hebesätze“ für jede einzelne Kommune veröffentlicht. Sie sollen dafür sorgen, dass eine Kommune nach der Reform ab 2025 aus der Grundsteuer insgesamt genauso viel einnehmen würde wie im vergangenen Jahr. Grundsätzlich handelt es sich bei den Zahlen jedoch nicht um verbindliche Vorgaben, sondern vielmehr um Empfehlungen beziehungsweise Referenzwerte.
Dabei wird differenziert zwischen Grundsteuer A (für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) und Grundsteuer B sowie noch einmal zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken.
Würden Lünen, Selm und Werne den Vorschlägen folgen, dann würden die Hebesätze für die Grundsteuer B in allen drei Kommunen steigen. In Lünen liegt der Wert aktuell bei 760 Prozent. Der Vorschlag der Finanzverwaltung im Falle eines einheitlichen Hebesatzes lautet 841 Prozent. In Selm stünde eine leichte Erhöhung von 825 auf 857 Prozent an. In Werne wäre der Sprung deutlich größer – von derzeit 665 auf künftig 877 Prozent. Im Falle eines differenzierten Hebesatzes bei der Grundsteuer B schlägt das Landesamt für Wohngrundstücke in Lünen 702 Prozent vor. In Selm wären es 794 und in Werne 726.
Entscheidung liegt bei Kommunen
Wichtig zu wissen: Letztlich bleibt es den Städten und Gemeinden selbst überlassen, wie hoch die Hebesätze und damit die Grundsteuer vor Ort künftig ausfallen. Sie können außerdem selbst entscheiden, ob sie einen einheitlichen Satz oder unterschiedliche Werte für Wohn- und Gewerbegrundstücke anwenden.
Zudem bedeutet eine Erhöhung des Hebesatzes nicht zwangsläufig, dass ein Hauseigentümer künftig mehr zahlt als bislang. Das hängt mit dem neuen Berechnungsmodell zusammen. Bei der Summe, die Eigentümer im Einzelfall tatsächlich zahlen müssen, spielen neben den Hebesätzen auch die Steuermesszahl und der Grundstückswert eine Rolle.
Dass die Kommunen die Einnahmen durch die Grundsteuer – nicht zuletzt aufgrund der teils dramatischen Haushaltslage – ziemlich genau im Blick haben und das neue Gesetz durchaus kritisch sehen, ist kein Geheimnis. So erklärte etwa Selms Kämmerin Sylvia Engemann in der jüngsten Sitzung des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses, dass sie sich eine andere Umsetzung gewünscht hätte. Durch die Einführung einer „optionalen Festlegung differenzierender Hebesätze (...) trägt die Landesregierung den Konflikt über die Grundsteuer in jede einzelne Stadt, mit allen Rechtsunsicherheiten, die es nur geben kann“, betonte Engemann.
Die Stadt will die Informationen zu den aufkommensneutralen Hebesätzen in den nächsten Wochen bewerten und für die Ratssitzung im September eine umfangreiche Sachstandsvorlage vorbereiten. Ähnlich will man auch in Werne verfahren. Hier folgten auf das prognostizierte Haushalts-Minus im zweistelligen Millionenbereich intensive Debatten um Sparmaßnahmen.
Seitens der Kämmerei hieß es im Haupt- und Finanzausschuss zuletzt, dass die Stadt von den reformbedingten Verschiebungen wohl „massiv betroffen“ sein werde. Die Zahlen des Landesamts standen zu diesem Zeitpunkt freilich noch nicht fest. Eine eventuelle Anpassung der Hebesätze ist Gegenstand der Haushaltsplanberatung 2025.
