Wochenlang hat es geregnet, sodass die zweite Hälfte der Sommerferien buchstäblich ins Wasser gefallen ist. Doch nicht nur Freibadbetreiber und Familien hat diese Wetterlage im Hochsommer bedrückt. Auch Landwirte tragen Sorgenfalten auf der Stirn. Der Lüner Landwirt Carl Schulz-Gahmen hat erst vergangenen Freitag (11. August) seine Triticale gedroschen. Gut drei Wochen später als geplant.
Nachdem die Gerste Anfang Juli bei schönem Wetter geerntet werden konnte, setzte anschließend Dauerregen ein. Weizen, Triticale, Roggen und Hafer standen somit gut drei Wochen reif auf den Feldern und konnten wegen des schlechten Wetters nicht geerntet werden. Schon Anfang August, noch während des Regens, hatten die Landwirte aus der Region um die weitere Getreideernte gebangt. Jetzt ist die Gewissheit da. Carl Schulz-Gahmen sagt über die Erträge: „Die Triticale ist jenseits von gut und böse. Sie hat durch den Regen sehr gelitten und größtenteils schon gekeimt. Diese Ernte hat nicht die Erträge gebracht, die ich mir erhofft habe. Sie ist sehr schlecht.“
Es ist fraglich ob die Genossenschaft, die Schulz-Gahmens Triticale als Futtermittel an andere Bauern weiterverkauft, sie ihm in dieser Qualität überhaupt abnimmt. „Das kommt aber letztlich auf die Marktlage an“, ordnet der Landwirt ein. „Wenn sehr wenig auf dem Markt ist, dann wird wohl auch das angenommen.“ Noch länger zu warten, habe auch deshalb keinen Sinn gemacht, weil es am vergangenen Samstag (12. August) schon wieder geregnet hat. „Wir hüpfen von Regenpause zu Regenpause“, so Schulz-Gahmen. Bei örtlichen Kollegen ist die Lage, wie er gehört hat, vergleichbar.

Viel Chemie bei den Kartoffeln
Bei dem Weizen ist der Lüner Landwirt jedoch recht zuversichtlich. Nach knapp zwei trockenen Tagen ist das Korn schon wieder relativ trocken. „Es hat auf keinen Fall Brotweizenqualität, aber als Futtermittel reicht es. Jetzt müssen wir schnell dreschen“, sagt er. „Bevor der nächste Regen kommt.“
Friedhard Freisendorf hingegen sagt in Bezug auf seinen Weizen: „Die Qualität ist im Keller.“ Da sei in diesem Jahr nichts mehr zu retten. Jetzt konzentriert er sich auf die Kartoffeln. Um Pilze, die bei der feucht-warmen Witterung extrem zunehmen, entgegen zu wirken, zum Beispiel der Kraut- und Knollenfeule, habe er mehr Chemie eingesetzt. „Damit konnten wir noch retten, was zu retten ist“, sagt der Landwirt.
Doch der Aufwand, sie vernünftig aufzubereiten, sei enorm. „Seit 2018 bringt mir die Landwirtschaft kaum noch ein Einkommen“, klagt Freisendorf. Seinen Lebensunterhalt bestreiten er und seine Familie vor allem durch den Hofladen, in dem sie Marmeladen, Hähnchen und Honig verkaufen, sowie durch das angegliederte Hofcafé. Um sich an das veränderte Klima anzupassen, baut er außerdem schon im zweiten Jahr Melonen an.
Kritik an der Politik
Carl Schulz-Gahmen blickt mit großer Gelassenheit auf den verregneten Sommer: „2018 und 2019 sind wir vertrocknet und jetzt fast abgesoffen. Aber wir Landwirte haben uns seit Jahrtausenden an die Natur angepasst. Wenn die Politik uns lässt, können wir Bauern auch in der nächsten Generation noch gute Landwirtschaft betreiben.“
„Das Wetter kann keiner ändern,“ sagt auch Hans-Heinrich Wortmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna) in einer offiziellen Mitteilung. „Aber die Politik darf uns in dieser Situation nicht noch zusätzliche Knüppel zwischen die Beine werfen.“ So sei es nicht vertretbar, dass die Landwirte im kommenden Jahr auf vier Prozent ihrer Fläche nach aktuellen politischen Vorgaben nichts anbauen dürften. „Das Brotgetreide, dass es in diesem Jahr aus unserer Region nicht geben wird, darf doch nicht auch noch im nächsten Jahr reduziert werden“, sagt Wortmann.