Kein Druck, mal sehen, was passiert. Axel Weinand, Geschäftsführer des Klinikums Lünen-Werne, das mit über 2000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber der Region ist, hat seinen Schreibtisch ausgeräumt. Er kehrt dem Büro in dem markanten Klotzbau des Lüner Krankenhauses den Rücken, um Neues zu beginnen. Abseits vom Klinikmodus, vielleicht im sozial-caritativen Bereich. Was genau das sein wird, lässt der 60-Jährige für sich noch offen. Es gebe mehrere Optionen, sagt er. Eines ist aber sicher: Zum 31. März legt er auf eigenen Wunsch offiziell die Geschäftsführung im St. Marien Hospital Lünen im Verbund mit dem St. Christophorus Krankenhaus Werne und in der katholischen St. Paulus Gesellschaft nieder. Schon jetzt ist er nicht mehr präsent. Am Freitag (15. März) kehrt Axel Weinand zu einer internen Abschiedsfeier noch einmal nach Lünen zurück.
Damit endet die Ära des Klinikchefs, der 22 Jahre lang die Entwicklung eines der größten Krankenhäuser im östlichen Ruhrgebiet mit 590 Betten und 16 Fachabteilungen in Lünen geprägt hat. Zu Meilensteinen zählt die Zusammenführung der beiden Kliniken Lünen und Werne 2008, aber auch drei Jahre vorher die Anerkennung als Akademisches Lehrkrankenhaus der Westfälischen Wilhelms Universität Münster. Um- und Anbauten in Millionenhöhe standen an: Von der Sanierung von Patientenzimmern, über den Neubau des OP-Traktes, die neue zentrale Aufnahme samt Eingangsbereich, den Neubau der Apotheke und jüngst das hochmoderne Interventionszentrum, in dem Patienten mit komplexen Herzerkrankungen und Schlaganfällen behandelt werden.
Die Vorgaben der Gesundheitspolitik und die Folgen für die Krankenhausfinanzierung begleiteten seinen Weg: Axel Weinand reihte sich mit Trillerpfeife und Megaphon in etliche Protestaktionen ein, zuletzt in Düsseldorf. Eines war ihm immer wichtig: Dass das Klinikum trotz seiner Größe ein persönliches Haus sei, geprägt von der Sorge um die Patienten und der Wertschätzung für die Mitarbeitenden.
Axel Weinand sagt: „Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt.“ Mit großer Dankbarkeit blicke er auf das gute Zusammenwirken auf Leitungsebene zurück, mit Mitarbeitervertretung, ehemaligem Kuratorium und späterem Aufsichtsrat. Ohne sie sei vieles nicht möglich gewesen. Dann verrät Axel Weinand ein interessantes Detail: Er hätte sich auch vorstellen können, in der Pflege zu arbeiten. Dabei war sein beruflicher Werdegang ein ganz anderer.

Anfangs anderer Berufsweg
Dass Axel Weinand einen Klinikverbund leiten würde, in dem im vergangenen Jahr 28.000 Patientinnen und Patienten stationär sowie 75.000 ambulant behandelt wurden und der einen Umsatz von knapp 199 Millionen Euro erwirtschaftete, das war zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn nicht abzusehen.
Vor seinem Betriebswirtschaftsstudium absolvierte Axel Weinand eine Lehre als Industriekaufmann und war später als Controller in der Automobilbranche tätig. Ein Kollege, der seine Diplom-Arbeit über Krankenhäuser schrieb, habe sein Interesse geweckt. Weinand bewarb sich 1993 am St. Marien Hospital in Gelsenkirchen und hatte drei Tage später den Vertrag in der Tasche: Eine Entscheidung, die sein Leben geprägt hat. „Ich habe es nie bereut“, sagt er. Von da an wurde das Thema Krankenhaus zu seinem Herzensanliegen.
Axel Weinand kam 1998 als stellvertretender Verwaltungsdirektor nach Lünen, wechselte 2000 an ein Krankenhaus nach Attendorn und wurde 2001 nach dem plötzlichen Tod von Verwaltungsdirektor Harald Lamberth dessen Nachfolger am hiesigen St. Marien Hospital. Damals war der Träger noch eine Stiftung, Ordensfrauen prägten das Bild, bis sich die Franziskanerinnen von St. Mauritz-Münster 2009 nach 114 Jahren aus Lünen verabschiedeten. Zu Beginn als Klinikchef im Jahr 2002 hatte Lünen 965 und Werne 428 Beschäftigte.
Prof. Wilhelm hat ihn bestärkt

Mit seinem Ausstieg verwirklicht Axel Weinand einen langgehegten Plan. Mit 60 in eine andere Richtung zu gehen, das habe sich der Geschäftsführer, der seit November 2001 täglich aus seiner Heimat im Bergischen Land nach Lünen pendelte, schon mit 40 überlegt. Als sich Prof. Wolfram Wilhelm, ehemals Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin sowie Ärztlicher Direktor, im Juni 2022 mit 61 Jahren beruflich anders orientierte, habe ihn das bestärkt: „Jetzt oder nie“.
Die Rahmenbedingungen seien optimal, die Nachfolge geregelt: Clemens Galuschka, seit 2019 ebenfalls Geschäftsführer des Klinikums Lünen-Werne und seiner Tochtergesellschaften, werde die Aufgaben als Geschäftsführer weiterführen. Ihn unterstützen dabei die beiden Standortleiter Andreas Mönning in Lünen und Mario Bergmann in Werne.
Jetzt ist Axel Weinand gespannt auf Neues. Die Übergangsphase ohne Klinikmodus sei ein interessanter Zustand. Er werde in Ruhe abwägen und guten Gewissens entscheiden. Er wird wieder mehr Zeit haben, auf sein Mountainbike zu steigen, um mit Tempo die Reifen über Stock und Stein, Wurzeln und Schlammpfade zu lenken. Für dieses Hobby hat der Nordseefan seinen Urlaub auch schon mal in die Berge verlegt.