Lüner Gesamtschule verbietet Hotpants und Jogginghosen „Symbol gegenseitigen Respekts“

KKG verschärft Kleiderordnung: „Kleidung ist Symbol gegenseitigen Respekts“
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Jogginghose, kurze Tops oder Sandalen sind seit der vergangenen Woche in der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule (KKG) nicht mehr erlaubt. Wie die Schule auf ihrer Website am 20. März angibt, gelte ab sofort eine strengere Kleiderordnung. Bislang waren die Kleidervorschriften in der Schulordnung eher allgemein gehalten. Eine Grafik der Schule geht nun ins Detail. Wieso die Regeln notwendig sind, erklärt der Schulleiter der KKG, Reinhold Bauhus.

Die detaillierte Kleiderordnung der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Lünen. Gültig ab 20. März 2023.
Die detaillierte Kleiderordnung der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Lünen. Gültig ab 20. März 2023. © Käthe-Kollwitz-Gesamtschule

„Kleidung ist ein Symbol, das gegenseitigen Respekt ausdrückt“, begründet Bauhus die strikten Regeln. Regeln, an die sich nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch das Lehrpersonal halten soll, spezifiziert er. „Angemessene Vorgaben haben auch eine Signalwirkung.“

Was genau in der Gesamtschule als nicht mehr angemessen empfunden wird, lässt sich nun in einer Grafik ablesen:

  • Kopfbedeckungen
  • Bauchfreie Tops
  • Jogginghosen
  • Kleidung mit gewaltverherrlichendem Aufdruck
  • Hot-Pants
  • offene Schuhe
  • Nieten und spitzer Schmuck

Kleidungsstücke, über die im Schulkontext schon häufig intensiv diskutiert wurde. Der Grund: Schülerinnen und Schüler haben grundsätzlich das Recht, ihre Persönlichkeit frei zu entfalten. Und das dürfen sie auch über ihre Kleidung. Dieses Recht darf eine Schule nur in einem Fall beschneiden.

Stören Beine den Schulfrieden?

Wird der Schulfrieden durch Verhalten oder durch Kleidung gestört, darf das Lehrpersonal einschreiten und Vorschriften erlassen. Der Schulfrieden wird – vereinfacht gesagt – dann gestört, wenn das Lernen gefährdet ist. Laut Schulleiter Bauhus ist das bereits der Fall, wenn man unangemessen gekleidet in der Schule erscheint. Er findet die Kleiderordnung der Schule beispielhaft und freut sich darüber, dass sie seiner Beobachtung nach in der Schülerschaft sehr gut angenommen wird.

„In den letzten zehn Jahren gab es nur sehr wenige Fälle, wo wir mal wirklich jemanden nach Hause schicken mussten“, sagt er. Das liege auch daran, dass die Schule bei Verstößen zuerst immer das Gespräch mit der jeweiligen Person suche – ganz gleich ob Jugendliche oder Lehrkräfte. Häufige oder gar harte Sanktionen gebe es an der KKG so nicht.

Juristisch nicht tragbar

Gerade die Sanktionen sind laut Experten juristisch problematisch. „Die Schulkonferenz kann in Fragen der Kleiderordnung eine Empfehlung aussprechen, mehr aber auch nicht“, sagt Professor Hinnerk Wissmann, Hochschullehrer von der Uni Münster, der Deutschen Presse-Agentur am 25. März. „Es gibt keine Grundlage für ein individuelles Verbot. Die Rechtslage ist ziemlich eindeutig.“

Wegen eines Verstoßes gegen die Kleiderordnung nach Hause geschickt zu werden, sei nicht erlaubt. Das verstoße, so der Jurist, gegen das Recht auf Bildung. Ein Ausschluss vom Unterricht sei nur bei einer Pflichtverletzung möglich. Das bloße Tragen eines „unzulässigen“ Kleidungsstücks zählt nicht dazu. Schickt die Schule doch mal eine Schülerin oder einen Schüler nach Hause, muss es einen zusätzlichen, triftigen Grund geben.

Der Sexismus-Vorwurf

Vor allem das Verbot von Hot-Pants und freizügiger Kleidung bei Mädchen führte in der Vergangenheit schon oft zu Sexismus-Vorwürfen. Dass sich Jungs und Männer bei nackter Haut nicht zurückhalten können, werde durch Kleidervorschriften zum Problem der Mädchen gemacht, wirft beispielsweise Ninia LaGrande 2017 der Gesellschaft im Spiegel vor.

Bei der KKG würden aber alle Jugendlichen in der Kleiderordnung gleich behandelt, sagt Schulleiter Bauhus. Kurze Tops bei Mädchen werden genauso ungern gesehen wie Militärkleidung oder Muskelshirts bei Jungs.

Rechtliche Sicherheit – wie zum Beispiel durch einen Präzedenzfall – gibt es weder für Schule noch für Jugendliche. Das bedeutet: Die Durchsetzung einer Kleiderordnung bleibt eine Einzelfallentscheidung, die möglichst im Gespräch mit allen Beteiligten getroffen wird.