Viele Hundert Straftaten landen jedes Jahr in Lünen vor Gericht. Oft werden die Täterinnen und Täter dabei zu Geldstrafen verurteilt. Die verteilt das Amtsgericht regelmäßig an gemeinnützige Organisationen. Die Wahl der Geldempfänger hat ein System.
Insgesamt 77.794 Euro sprach das Lüner Amtsgericht – aber auch die Staatsanwaltschaft Dortmund – den Vereinen und Verbänden im vergangenen Jahr zu. Im ersten Halbjahr 2023 waren es bereits über 46.000 Euro. Dieses Geld kommt über mehrere Wege zusammen.
Unterschieden werden muss zwischen Geldstrafen und Geldauflagen. Erstere können bei einer Verurteilung durch das Gericht verhängt werden. Hier sieht das Strafgesetzbuch vor: „Das Gericht kann dem Verurteilten Auflagen erteilen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen.“ Darunter fallen auch Geldzahlungen an gemeinnützige Einrichtungen.
Einstellung gegen Geldzahlung
Die andere Möglichkeit ist die Einstellung des Gerichtsverfahrens gegen eine Geldzahlung. In diesem Fall müssen Staatsanwaltschaft und Beschuldigter allerdings zustimmen. Möglich ist dieses Vorgehen lediglich bei „Vergehen“, die eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr vorsehen. Hierunter können unter anderem Ladendiebstähle, Internetbetrug oder Steuerhinterziehung fallen.
„In den meisten Fällen wird das Verfahren auch eingestellt, weil die Zahlung geleistet wurde“, verrät Amtsgericht-Direktor Dr. Niklas Nowatius – aber das ist eben nicht immer so. In seltenen Fällen lassen die Beschuldigten die Frist zur Zahlung verstreichen, sodass das Gerichtsverfahren gegen sie fortgesetzt wird.
Aber bis zu einer Verhandlung vor Gericht muss es gar nicht erst kommen, denn die Staatsanwaltschaft kann ein Verfahren bereits vor einer Anklage gegen Geldauflage einstellen, um „das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen“ – auch hier mit Zustimmung des Beschuldigten.
Verein leistet Präventionsarbeit
Mit 38.680 Euro erhielt der Hilfsverein Lünen mehr als die Hälfte des im Jahr 2022 insgesamt verteilten Geldes und war damit die beliebteste Organisation bei den Strafverfolgungsbehörden in Lünen. Dort werden junge Straffällige unterstützt, unter anderem mit Verhaltenskursen oder Hilfsangeboten bei Bewährungen. „Der Verein leistet wichtige Präventionsarbeit und liegt mir als Strafrichter besonders am Herzen“, gibt Niklas Nowatius zu, der vor seinem Wechsel nach Lünen an einem Gericht in Essen noch Strafsachen verhandelt hatte.
Aber nicht nur der Hilfsverein konnte sich über eine finanzielle Unterstützung im Jahr 2022 freuen. Den Tierfreunden Lüdinghausen wurden 10.500 Euro zugesprochen, die Verkehrswacht Lünen wurde mit 6.350 Euro bedacht. Um als Geldempfänger überhaupt infrage zu kommen, müssen sich Organisationen in einem zentralen Verzeichnis des Landes registrieren. Aus diesem Verzeichnis können Richterinnen und Richtern einen Begünstigten der Zahlungen auswählen.
Bezug zur Straftat
„Die Geldauflage soll regionalen Bezug haben, das ist immer von Bedeutung“, so Gerichtsdirektor Niklas Nowatius. Auch der Bezug zur Straftat ist bei der Entscheidung auf der Suche nach einem Geldempfänger von Relevanz. So biete es sich an, dass bei Verkehrsdelikten beispielsweise eine Organisation finanziell unterstützt wird, die im Bereich Unfallprävention tätig ist. Bei Gewalttaten wären Einrichtungen denkbar, die sich um die Opfer solcher Delikte kümmern.
Mit Zuwendungen über 6350 Euro gehört die Verkehrswacht Lünen zu den Top 3 der Begünstigten, die Gerichtskasse Hamm erhielt 3900 Euro im Jahr 2022. „Die Staatskasse ist die gemeinnützigste Einrichtung von allen“, ist Niklas Nowatius überzeugt. Schließlich komme für die Kosten vieler Gerichtsverfahren die Allgemeinheit auf, die durch solche Zahlungen zumindest etwas entlastet wird.
Die Gerichtskasse gehörte im ersten Halbjahr 2023 sogar zum Top-Empfänger mit Einnahmen über 20.500 Euro. Mit über 11.000 Euro wurde aber auch der Hilfsverein wieder mit der einen oder anderen Geldzahlung bedacht.