Marakla Sportellis Biogemüse: Hier wird der Kartoffelkäfer noch von Hand abgesammelt

© Jörg Gutzeit

Marakla Sportellis Biogemüse: Hier wird der Kartoffelkäfer noch von Hand abgesammelt

rnGemüsemanufaktur Sportelli

Letztes Jahr wagte Marakla Sportelli aus Lünen-Brambauer es und startete auf dem Acker in Waltrop-Oberwiese ihre Gemüsemanufaktur. Sie ackert noch immer - und ihr Biogemüse wird ihr fast aus der Hand gerissen.

Waltrop

, 23.03.2022, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Frühlingssonne wärmt schon ganz gut, und entsprechend schauen auf dem Acker von Marakla Sportelli in Oberwiese auch schon viele grüne Spitzen aus dem Erdreich. Die Gartenbausaison ist in vollem Gange für die 32-Jährige aus Lünen-Brambauer, die die „Gemüsemanufaktur Sportelli“ betreibt. Wobei hier „Manufaktur“ wörtlich gilt: Der Begriff kommt bekanntlich aus dem Lateinischen,„Manus“ heißt Hand und „factura“ machen. 1600 Quadratmeter Fläche hat die junge Frau gepachtet und baut auf einem großen Teil davon Gemüse ohne motorisierte oder automatisierte Unterstützung an. Und alles, was hier wächst und gedeiht, hat Bio-Qualität, und Unkraut wird hier noch gezupft - und nicht mit Chemie vernichtet.

Das Wagnis der Lünerin auf dem Waltroper Acker

Im vergangenen Jahr hatte Marakla Sportelli, die ursprünglich als Rehabilitations-Pädagogin tätig war und sich dann im Fach Gartenbau ausbilden ließ, das Wagnis auf dem Acker gestartet. Das angebaute Gemüse bietet sie nach dem Abo-Kisten-Prinzip an. 15 Kunden hatte sie in der letzten Saison - jede Kiste kostet 15 Euro.

Abo-Kisten - und alles Übrige für die Marktschwärmerei

Was nicht in die Kisten kommt, bietet sie im Rahmen der Marktschwärmerei in Dortmund an – ein Vermarktungsprinzip, bei dem Kunden regionale Lebensmittel online bestellen und dann an einem zentralen Ort abholen. Und ein Bistro in Herne hat auch schon Bedarf angemeldet nach Bio-Gemüse vom Oberwieser Feld. Aber: „Die Nachfrage war im vergangenen Jahr immer größer als das, was ich liefern konnte“, berichtet Marakla Sportelli. Der Wunsch danach, regional erzeugte Produkte zu kaufen, werde bei den Kunden immer stärker.

In einem alten Markt-Anhänger mit Glaswänden machen die Setzlinge für Kohlrabi und Co. ihre ersten Zentimeter.

In einem alten Markt-Anhänger mit Glaswänden machen die Setzlinge für Kohlrabi und Co. ihre ersten Zentimeter. © Jörg Gutzeit

Die junge Gemüsegärtnerin möchte natürlich zum einen Tomaten, Fenchel, Batavia-Salat und Porree, die auf ihrem Acker wachsen, verkaufen. Aber sie möchte auch die dahinter steckende Idee verbreiten. „Wir haben uns so weit von den Lebensmitteln entfernt“, sagt sie. Sprich: Wie viel Mühe es macht, aus einem Samen eine kleine Tomatenpflanze zu ziehen, sie zu pflegen und zu düngen, mit Schädlingen klarzukommen – und im schlimmsten Fall durch Unwetter die Ernte zu verlieren, das macht sich mancher, der im Supermarkt ins Regal greift, nicht mehr klar. Ansatzweise werde das jetzt deutlich, wo Mehl und Öl so knapp seien, sagt die junge Frau. Da werde nämlich klar: Lebensmittel gibt es nicht auf Fingerschnipp. Und die Abhängigkeit vom Weltmarkt ist groß.

Überdies: Mittlerweile sei man daran gewohnt, dass jedes Gemüse, jede Obstsorte zu jeder Jahreszeit verfügbar sei. Aber Erdbeeren oder Tomaten sind nun mal im Januar auf deutschen Feldern nicht reif. Wobei Marakla Sportelli versteht, dass jemand beispielsweise auf den Genuss und das Aroma von Tomaten nicht verzichten möchte. Es gebe aber doch genug Möglichkeiten, sie auch im Winter verfügbar zu machen - als eingekochte Passata zum Beispiel. Und man könne doch auch mal einen Blick in den Saisonkalender werfen - da steht dann im Februar eben nicht importierter Spargel aus Peru auf dem Speiseplan, sondern zum Beispiel Steckrübe, Wirsing oder Porree – Waren, die von hier stammen und gut gelagert werden können.

Pferdemist vom benachbarten Hof sorgt für biologischen Dünger auf Marakla Sportellis Acker.

Pferdemist vom benachbarten Hof sorgt für biologischen Dünger auf Marakla Sportellis Acker. © Jörg Gutzeit

Stichwort Unwetter: Das vergangene Jahr sei „schwierig“ gewesen aus gärtnerischer Sicht, sagt die 32-Jährige. Erst war es lange kalt, dann folgte ein nasser Sommer. Bei den ganz schlimmen Regengüssen seien ihr vier Reihen mit Bohnen und Sellerie richtiggehend „abgesoffen“. „Dafür haben Paprika und Auberginen mich überrascht“, sagt sie. Erfahrungen gesammelt hat Marakla Sportelli auch mit Kartoffelkäfern: Per Hand sammelte sie sie ab. „Aber die sind gar nicht so einfach totzukriegen“, sagt sie und schmunzelt.

Die Pendelhacke ist das Lieblings-Gerät der 32-Jährigen: Es lockert den Boden und kappt Unkraut zugleich.

Die Pendelhacke ist das Lieblings-Gerät der 32-Jährigen: Es lockert den Boden und kappt Unkraut zugleich. © Jörg Gutzeit

In einem ehemaligen Markt-Verkaufswagen mit Glas-Wänden warten schon palettenweise Setzlinge: Fenchel, verschiedene Kohle, bei den Kürbissen soll es in diesem Jahr über den beliebten Hokkaido hinaus noch weitere, bunte Sorten geben. Frühlingszwiebeln und einige Salatpflänzchen sind schon gepflanzt, auch Radieschen, Möhren und Spinat. Gedüngt wird das Feld mit Pferde- oder Hühnermist vom benachbarten Hof Dickhöfer.

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Was war im vergangenen Jahr ihr größter Lern-Effekt? „Dass ich Hilfe annehmen und auch darum bitten kann“, sagt die 32-Jährige. Sonst habe sie immer den Anspruch „Ich schaff das schon allein“, aber das letzte Jahr habe sie gelehrt, dass es in Ordnung sei, sich auch mal helfen zu lassen: „Man muss sich nicht immer so einen Stress machen.“ Das gilt auch für ihre Pflanzen. Natürlich könne man jeden Fitzel Unkraut aus der Erde ziehen, man könnte das Garten-Jahr schon im Januar komplett durchstrukturiert haben - aber man könne auch mal alles seinen Gang gehen lassen.

Feldsalat lugt auch zurzeit aus dem Boden an der Straße „Am Felling“. Er wird allerdings zu Gründünger – und nicht mehr auf dem Teller landen.

Feldsalat lugt auch zurzeit aus dem Boden an der Straße „Am Felling“. Er wird allerdings zu Gründünger – und nicht mehr auf dem Teller landen. © Jörg Gutzeit

Übrigens spürt auch die Gemüsegärtnerin gestiegene Preise: Saatgut sei sehr viel teurer geworden, sagt Marakla Sportelli. An ihre Kunden möchte sie die Preiserhöhung nicht weitergeben, hat deswegen ein Crowdfunding gestartet - auch für diejenigen, die ihre Idee generell gut finden und sie unterstützen möchten. Auf www.gofundme.com gelangt man zu ihrer Aktion. Und ja, sie wisse schon, dass sie ihr Gemüse hochpreisig anbiete. Trotzdem kann sie noch immer nicht komplett „vom Acker“ leben.

Der Traum vom Selbstversorger-Dasein

Nebenher macht sie daher noch drei Nachtbereitschaften pro Woche in einer Mädchen-Wohngruppe des St.-Vincenz-Jugendhilfezentrums am Dortmunder Borsigplatz. Der Traum, komplett vom eigenen Gemüse leben zu können, das Selbstversorger-Prinzip zu verwirklichen, der bleibt: „Vielleicht mit eigenen Hühnern...“

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