Die Zahl der Insolvenzen unter Gastronomiebetrieben ist deutschlandweit seit 2024 um 27 Prozent gestiegen, so eine Meldung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Anfang März. „Tausende Betriebe vor dem Aus“, titelte die Zeitschrift „Markt und Mittelstand“ am 11. März. Unter Caterern seien es sogar 67 Prozent.
Gründe dafür sind die seit Januar 2024 wieder auf 19 Prozent angehobene Mehrwertsteuer sowie die steigenden Personal-, Energie- und Lebensmittelkosten bei gleichzeitig zurückhaltender oder gar ausbleibender Kundschaft. Das Fazit: drastisch sinkende Umsätze. „Die deutsche Gastronomie befindet sich in einem Überlebenskampf“, heißt es in dem Unternehmermagazin.
Wir haben nach Lünen geschaut: Wie geht es der Branche vor Ort? Zeichnen sich hier dieselben Probleme ab wie im gesamten Bundesgebiet?
„Bei uns gibt es auf jeden Fall einen Einbruch bei den Gästen, die zum Essen zu uns kommen“, sagt Michael Schlottke, Inhaber des Zum Hubertus an der Moltkestraße. „Und bei denen, die da sind, ist die Bereitwilligkeit gesunken, Trinkgeld zu geben. Deswegen ist es schwierig, Mitarbeiter zu finden.“ Im Januar 2021 hatte Schlottke das Hubertus übernommen. Dafür, wie sich das Restaurant seitdem entwickelt hat, findet er klare Worte: „Es ist eine wirklich schwierige Zeit, die zermürbt. Da war das erste Corona-Jahr noch besser, als ich meinen Imbisswagen betrieben habe. Wenn man nicht eine gehörige Portion Enthusiasmus hat, ist es besser, aufzuhören.“
Sein Enthusiasmus sei zwar noch da, aber er bröckele zusehends. Aktuell denkt er über Wege nach, wie er Personal sparen kann. Ein Selbstzapfautomat im Biergarten könnte eine Möglichkeit sein.
„Ich bin erst 55 Jahre alt“, sagt der Gastronom, „aber ich glaube nicht, dass ich das so bis zum Ende durchhalte. Ich will zwar nicht nur jammern, aber es ist wirklich eine Scheiß-Zeit gerade.“

3.860 Betriebe zählte die Industrie- und Handelskammer (IHK) zum 1.1.2025 in Lünen. Ein Jahr zuvor waren es noch 14 IHK-zugehörige Betriebe weniger. Die Zahlen sind also gestiegen. Im Gastgewerbe ist die Entwicklung anders: Waren es Anfang 2024 202 Betriebe, sind es ein Jahr später 8 weniger. Mit dem Steakhouse El Gaucho wird im Laufe des Jahres ein weiterer dazukommen. In ein bis zwei Jahren sei die Hälfte der Gastronomen weg, prognostiziert der Autor des „Markt und Mittelstand“-Artikels.
Auch Serdar Gül, seit acht Jahren Betreiber von San Marino Pizzeria & Eiscafé an der Waltroper Straße 1 in Brambauer, befürchtet das. „Wir halten uns gerade noch so“, sagt er. „Wir haben keine Lust mehr und die Gäste auch nicht. Die Gäste kommen viel seltener. Die, die vorher ein Mal pro Woche da waren, kommen jetzt vielleicht noch ein Mal pro Monat. So müssen wir wirklich kämpfen.“ Dadurch, dass auch er keine Mitarbeiter finde oder sie nicht bezahlen könne, arbeiten er und seine Familie noch mehr als bisher. „Die Stunden machen uns kaputt“, erzählt der Gastronom.
Weniger Umsatz bei höheren Lebensmittelpreisen: Genau das bestätigt auch er. „Letztes Jahr haben wir die Preise schon erhöht und eigentlich müssten wir es dieses Jahr wieder machen, aber dann bleiben die Gäste wahrscheinlich ganz weg. Es ist miserabel. Dieses Jahr halten wir vielleicht noch durch, aber wenn es so bleibt, dann kann ich spätestens nächstes Jahr nicht mehr und muss meine Selbstständigkeit aufgeben.“
„Es ist eine sehr harte Zeit“, bestätigt auch der Betreiber eines Restaurants, der nicht öffentlich genannt werden möchte. „Gott sei Dank geht es mir nicht schlecht, aber die Gastronomie ist eine echte Luxusbranche geworden. Jeder ist von diesen Schwierigkeiten betroffen und aktuell wird aussortiert.“
„Schon bessere Zeiten erlebt“
Und aus einem italienischen Restaurant heißt es: „Wir heben uns nicht von der Masse ab. Man hat schon bessere Zeiten erlebt.“ Es gebe zwar keine Gedanken zu schließen, aber hier zeigen sich massive Mitarbeiter-Probleme: Wegen fehlendem Personal hat man bereits die Öffnungszeiten reduziert; den Mittagstisch gestrichen. Außerdem wurden die Preise „angepasst“. „Wir können die Löhne der Mitarbeiter nicht mehr bezahlen“, gibt der Ansprechpartner, der ebenfalls seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, Auskunft. Er selbst ist Sohn des Betreibers und springt im Betrieb ein, wann immer es ihm die Zeit neben seinem eigenen Vollzeit-Job erlaubt. „Wir überleben, das ist das richtige Wort.“
Verena Hilgert, Inhaberin der Tasty Partyservice & Catering Hilgert GbR, gibt sich hingegen weniger alarmierend, als die Statistik es vermuten lässt. „Eigentlich geht es uns ganz gut“, sagt sie. Natürlich bemerkt auch sie gestiegene Lebensmittelpreise und Energiekosten. Damit könne sie aber umgehen: „Wir achten darauf, nur einzukaufen, was auch wirklich verbraucht wird, auf eine bessere Lagerung und darauf, weniger Abfälle zu produzieren. Schlimmer ist, dass wir kein Personal finden. Das ist nach Corona nie wieder gut geworden. Aber wir springen eben selbst ein. Und so lange das gut geht, machen wir weiter“, sagt sie.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 31. März 2025.