„Wenn ich gesund wäre, gäbe es kein Halten mehr“, sagt Gabriele May und lächelt. Und man glaubt es ihr sofort. Denn auch so bewegt sie schon viel: Sie hilft Tieren bis weit über die Stadtgrenzen hinaus, indem sie Unterstützung koordiniert, die Chips von Fundtieren ausliest, Pflegestellen vermittelt und Spenden organisiert. Manchmal fährt sie weite Strecken, um verletzte Tiere abzuholen. Ab uns zu nimmt sie auch eines auf. Aktuell hat eine alte Hündin ihren letzten Wohnort bei ihr gefunden.
Gabriele May ist diejenige, die für einen losen Haufen Bekannter, die sich in Horstmarer Vorgärten getroffen haben, um Hula Hoop zu betreiben, einen Raum organisierte und die Treffen über Facebook verbreitete, so dass sogar die WDR-Lokalzeit auf die „Crazy Hoops“ aufmerksam wurde. Sie ist die Person, die Menschen miteinander vernetzt, die Hilfe leistet und Hilfe vermittelt. Sie ist mit dabei, wenn es darum geht, den Kleinbecker Park zu retten.
In ihrer Wohnung, die mit zwei Hunden, zwei Katzen, zwei Pflegehunden und der Gnadenhündin ohnehin schon recht voll ist, lagern abgelaufene Verbandskästen, die sie sammelt und neu packt, um sie zum Beispiel in die Ukraine zu spenden. „Es ist mir einfach ein Bedürfnis zu helfen, um die Welt ein bisschen besser zu machen“, sagt sie.
Und all das macht die 59-Jährige mit einer gewissen Selbstverständlichkeit.
Vielleicht auch, so überlegt sie, um sich von ihren Krankheiten - vor allem Rheuma und Leberzirrhose - nicht unterkriegen zu lassen. „Diese Themen lenken mich ab“, sagt sie. „Ich will vorwärts gehen und immer wieder aufstehen.“
Aufklären und helfen
Ihr neuestes Projekt sind nun Gruppen auf Facebook zu den Themen Kommunalwahl 2025, Europaparlament 2024 und Bundestagswahl 2025. Diese hat sie zusammen mit Sascha Gottwald (49), der für die Freien Wähler gegen Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns angetreten war, installiert. Gottwald, der hauptberuflich als Versicherungsmakler tätig ist, engagiert sich unter anderem bei der Bürgerinitiative Pro Verkehrsfluss. Kennengelernt haben sich die beiden durch Nachbarschaftshilfe und wieder getroffen bei Aktionen im Kleinbecker Park.
„Wir haben die Gruppen gegründet, weil alles, was politisch ist, normalerweise total aus Facebook rausgehalten wird. Wir wollen eine Möglichkeit zur Diskussion geben, die aber intensiv moderiert wird“, erzählt Gottwald. Das sei auch deshalb nötig geworden, weil die Diskussionskultur eine andere geworden sei. „Eigentlich ist sie gar nicht mehr vorhanden“, fügt Gabriele May an. „Es ist sehr schade, dass es keine Achtsamkeit, Empathie und Respekt mehr gibt.“

Am wichtigsten ist den beiden Betreibern, dass die Netiquette auch wirklich gelebt wird: keine Denunzierung, keine Beleidigungen, Gespräche auf einer sachlichen Basis. „Wir hoffen, dass sich dann auch mehr Leute trauen, zu diskutieren. Wir wollen allen den Raum geben, ihre Meinung darzustellen“, so May. Dabei bringe Sascha Gottwald das fachlich-technische Hintergrundwissen mit, Gabriele May das Zwischenmenschliche. Sie ergänzten sich in ihrem Engagement perfekt, sagt Gottwald. Er beschreibt Gabriele May als loyal, zuverlässig, gewissenhaft und authentisch, sich selbst als provokant, vielschichtig, hartnäckig, manipulativ, als Selbstdarsteller und Kopfmenschen.
Ein Bauch-Kopf-Mensch
2005 ist Gabriele May von Oberhausen nach Lünen gezogen - der Liebe und der Natur wegen. Ursprünglich als Bankkauffrau tätig, ist sie seitdem aufgrund ihrer Erkrankungen im Ruhestand. „Ich bin aber immer eine Kämpferin gewesen. Das war am Anfang nicht leicht, mich damit abzufinden“, erzählt sie. „Ich bin gern arbeiten gegangen. Aber ich besinne mich darauf, dass es uns grundsätzlich eigentlich gut geht.“ Bis zu deren Tod 2018 pflegte sie ihre Mutter. Außerdem lebt ein, inzwischen erwachsener, Pflegesohn bei ihr.
Zu Hause ist sie neben ihren Tieren auch viel im Garten beschäftigt. „Irgendeiner muss sich ja um die Dinge kümmern“, antwortet sie auf die Frage, woher sie ihre Motivation zieht. „Ich will aufklären und ich will Gutes tun. Ich bin einfach ein Bauch-Kopf-Mensch.“